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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Kapitän Rhal ist ein recht gutaussehender Schurke, meinst du nicht auch?«
    Alec schüttelte den Kopf und war sich keineswegs sicher, ob Seregil es ernst meinte oder nicht. »Gehst du mit all der Schminke im Gesicht schlafen?«
    »Ich halte es für eine gute Idee. Wenn dieser Mann entschlossen genug ist, am ersten Tag eine verheiratete Frau in seine Kabine einzuladen, dann kommt er womöglich auch auf die Idee, mitten in der Nacht hierherzukommen. Deshalb werde ich das tragen.«
    Er deutete auf das Nachtgewand aus feinem Leinen, das auf dem Bett lag.
    »Der Schlüssel dazu, erfolgreich in Verkleidung zu reisen, ist, die Verkleidung stets beizubehalten, egal, was geschieht. Mach mir die Verschnürung auf.« Er erhob sich und hielt das Haar hoch, während Alec das Kleid hinten öffnete. »Die Übung wird dir vielleicht noch zugute kommen eines Tages.«
    Alec stellte etwas verlegen fest, wie vollständig Seregils Verkleidung war. Er hatte im Verlauf des Tages beobachtet, wie Seregil für Kapitän und Mannschaft die Lady Gwethelyn spielte, und manchmal wäre er beinahe selbst überzeugt gewesen, eine Lady vor sich zu haben.
    Die Illusion verblaßte jedoch, als das Kleid zu Boden glitt und Seregil seinen falschen Busen losband. Er habe ihn selbst entworfen, erklärte er stolz – es war ein eng anliegendes Hemd aus Leinen, und die maßvollen Brüste bestanden aus kuppelförmig genähten Taschen, die mit weichen Wollbällen gepolstert waren.
    »Besser als so manche echte«, bemerkte er grinsend. »Das werde ich jetzt wohl nicht brauchen.« Er legte das Gewand sorgfältig in den Koffer. »Als Verteidiger meiner Ehre ist es deine Aufgabe, den Kapitän daran zu hindern, ihr Verschwinden aufzudecken, sollte er hier auftauchen.«
    »Du wärst sicherer, wenn Micum hier wäre.«
    »Micum haßt es, mit mir zu arbeiten, wenn ich mich als Frau verkleide. Er sagt, ich sähe dann zu gut aus, und das mache ihn nervös.«
    »Das kann ich verstehen«, erwiderte Alec mit selbstbewußtem Lächeln. Die ›Lady Gwethelyn‹ machte auch ihm etwas zu schaffen. Seregils überzeugende Vorstellung verursachte ihm ein Unbehagen, das er nicht in Worte fassen konnte.
    »Du wirst deine Sache gut machen. Abgesehen davon ist es einer Dame auch gestattet, ein wenig zu ihrer eigenen Verteidigung beizutragen.« Lächelnd zog Seregil einen kleinen Dolch aus dem Ärmel des zusammengelegten Kleides und legte ihn unter sein Kissen. »Ich hörte, daß man von plenimaranischen Frauen erwartet, dies gegen sich selbst zu richten, wenn ein Fremder in ihr Schlafgemach eindringt, es soll dazu dienen, die Ehre ihres Gatten zu verteidigen. Ich nenne das, der Beleidigung noch eine Verletzung hinzuzufügen.«
    »Warst du schon in Plenimar?« fragte Alec. Die Zeit schien für eine Geschichte geeignet.
    »Nur entlang der Grenzen und in den Hoheitsgebieten, im Land selbst nicht.« Seregil zog sich das Nachtgewand über und flocht das Haar über eine Schulter. »Fremde fallen dort auf. Wenn man keinen guten Grund hat, dorthin zu gehen, sollte man lieber fernbleiben. Ich hörte, daß Spione dort ein äußerst kurzes Leben fristen. Ich habe in Rhíminee mehr als genug zu tun.«
    »Micum sagt …«, setzte Alec an, wurde aber durch ein lautes Klopfen an der Tür unterbrochen.
    »Wer ist da?« rief Seregil in Gwethelyns Stimme und hüllte sich in einen Umhang, dabei bedeutete er Alec, sich in die Dienernische zu begeben, und den Vorhang vorzuschieben.
    »Kapitän Rhal, Mylady«, kam die dumpfe Antwort. »Ich dachte, eine Tasse Tee würde Euch das Einschlafen erleichtern.«
    Alec spähte aus dem Vorhang, und Seregil verdrehte die Augen. »Oh, wie aufmerksam.«
    Alec trat vor, als Rhal hereinkam. Er empfing den dampfenden Krug mit einer Verbeugung, die dem Kapitän wirkungsvoll jeden weiteren Schritt in den Raum verwehrte.
    »Ich wollte soeben die Kerze löschen«, sagte Seregil gähnend. »Ich werde eine Tasse trinken und danach gewiß sogleich einschlafen. Gute Nacht.«
    Rhal verbeugte sich steif, zuvor jedoch warf er Alec einen wenig huldvollen Blick zu.
    Alec schloß die Tür, und als er sich umwandte, sah er wie Seregil sich in lautlosem Lachen schüttelte.
    »Bei den Vieren, Alec, du solltest dich in acht nehmen«, flüsterte Seregil. »Mein neuer Verehrer ist eifersüchtig auf dich! Und so, wie du ihn an der Türe empfingst …« Er hielt inne und rieb sich die Augen. »Ah, ich werde ruhig schlafen heute nacht, da ich meine Ehre so wohl behütet weiß. Ich meine aber,

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