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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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deine Standhaftigkeit verdient eine Belohnung. Schenke uns den Tee ein, und dann werde ich eine Geschichte erzählen!«
    Als sie es sich mit ihren Tassen zu beiden Enden der Koje gemütlich gemacht hatten, nahm Seregil einen tiefen Schluck und sagte dann einladend: »So, was würdest du gerne erfahren?«
    Alec dachte einen Augenblick nach, er hatte so viele Fragen und wußte nicht, wo er anfangen sollte. »Die Kriegerköniginnen von Skala«, erwiderte er schließlich.
    »Eine gute Wahl. Die Geschichte der Königinnen ist die Essenz Skalas. Erinnerst du dich, daß ich erzählte, die erste dieser Königinnen bestieg während des ersten großen Krieges gegen Plenimar den Thron?«
    Alec nickte. »Königin Gera …«
    »Ghërilain die Erste. Sie wird auch die Orakel-Königin genannt wegen der Umstände ihrer Krönung. Zu Beginn des Krieges wurde Skala von ihrem Vater, Thelátimos, von Ero aus regiert. Er war ein guter Regent, aber Plenimar war auf dem Höhepunkt seiner Macht, und es sah aus, als würden Skala und Mycena im zehnten Jahr fallen. Plenimar hatte Mycena vor Jahren überrannt, bis hin zum Folcwine, und kontrollierte das Land der Bauern und die Hoheitsgebiete im Norden. Durch ihre Überlegenheit auf See und die großen Mittel war es im Vorteil.«
    »Und sie hatten die Schwarzkünstler«, warf Alec ein. »Und die Armeen der wandernden Toten, sagtest du.«
    »Ich sehe schon, daß dir manche Dinge im Gedächtnis haften bleiben. Wenn ich mich recht entsinne, sagte ich, daß es Legenden und Gerüchte über solche Dinge gab. Die Plenimaraner sind bekannt für ihre Brutalität und Gründlichkeit sowohl in der Schlacht als auch danach. Es ist ein kurzer Schritt von dort bis hin zu Monstrositäten, meinst du nicht auch?«
    Er bemerkte, daß Alec ein wenig beschämt wirkte und fügte freundlich hinzu. »Es ist wichtig, scharfe Ohren und ein gutes Gedächtnis zu haben, und du verfügst über beides. In unserem Geschäft muß man jede Geschichte genau betrachten und die Spreu vom Weizen trennen.
    Aber nun wieder zu meiner Geschichte. Die Dinge standen schlecht im zehnten Winter des Krieges. Verzweifelt konsultierte Thelátimos das Orakel von Afran. Das bedeutete eine lange und gefährliche Reise nach Afran, das in den Hügeln Zentralskalas liegt. Aber er kam dort zur Wintersonnwende an und fragte, was er tun solle. Der königliche Schreiber hielt die Antwort des Orakels Wort für Wort fest. Später ließ Thelátimos diese Worte auf eine goldene Tafel schreiben, die noch am heutigen Tage im Thronsaal in Rhíminee zu sehen ist. Dort steht geschrieben: ›Solange eine Tochter aus Thelátimos’ Geschlecht Skala regiert und verteidigt, wird Skala nie unterdrückt werden.‹
    Diese Worte änderten den Verlauf der Geschichte. Das Orakel von Afra war bekannt für seine Genauigkeit und für die Weisheit seiner Prophezeiungen, daher beschloß Thelátimos trotz seiner anfänglichen Überraschung, dieser Weisung zu folgen. Der göttliche Bund wurde proklamiert, und seine vier Söhne verzichteten zugunsten ihrer Schwester Ghërilain auf den Thron. Das Mädchen war damals nicht älter als du und das jüngste Kind des Königs.
    Es kam zu großen Meinungsverschiedenheiten unter den Generälen, ob das Orakel verlangt habe, daß ein unerfahrenes Mädchen nun tatsächlich die Armee führen solle. Thelátimos beabsichtigte, den Worten der Prophezeiung zu folgen. Er machte seine Tochter zur Königin und unterwies die Befehlshaber, sie auf den Krieg vorzubereiten. Die Geschichte berichtet, daß diese jedoch andere Vorstellungen hatten. Sie gaben ihr eine kurze Ausbildung, steckten sie in eine prächtige Rüstung und umgaben sie mit einer ansehnlichen Leibwache, die sie ans hintere Ende der Armee setzten. Während der nächsten Schlacht jedoch schon feuerte die junge Königin ihre Garde an, führte sie an die Spitze der Armee und tötete eigenhändig den Hochkönig Krysethan den Zweiten. Obwohl der Krieg danach noch zwei Jahre andauerte, verschafften ihre Taten an jenem Tag Skala und ihren Verbündeten genug Zeit bis zum Eintreffen der Aurënfaie. Von diesem Tag an bezweifelte niemand mehr Ghërilains göttliches Recht auf den Thron.«
    »Und seither gibt es Königinnen?« fragte Alec. »Hat nie jemand den Orakelspruch angezweifelt?«
    »Einige taten es. Ghërilains Sohn, Pelis, vergiftete heimlich seine Schwester, als er in der Erbfolge übergangen wurde. Dann bestieg er den Thron, indem er die Worte des Orakels auf seine Weise deutete:

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