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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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immer«, flüsterte Seregil, und die Lider fielen zu.
    Als Alec sicher war, daß Seregil nun schlief, fiel er in sein eigenes Bett, nur um erneut durch leise Stimmen geweckt zu werden. Er zog die Decke vom Gesicht und sah Valerius und Nysander, die sich über Seregil beugten. Sonnenlicht fiel auf den Teppich.
    »Guten Tag«, grüßte ihn Nysander. Er trug nun nicht mehr das bestickte Gewand des gestrigen Tages, sondern eine schlichte, schmucklose Robe, die an den Ärmeln schon recht abgetragen war.
    »Ich sollte längst auf sein«, Alec gähnte. »Wie geht es Seregil? Er kam gestern nacht für einige Minuten zu sich.«
    »Das ist gut«, erwiderte Valerius, als er einen frischen Verband aufgetragen hatte. Er deckte Seregil zu und überraschte Alec mit einem fast freundlichen Lächeln. »Wie geht es heute deinen Kratzern?«
    »Sie schmerzen ein wenig.«
    Valerius nahm den Jungen beim Kinn und drehte den Kopf in die eine und andere Richtung. »Halte sie sauber. Es ist nichts Ernstes. Nysander erzählte mir, daß du Seregil hierher brachtest. Du mußt ebenso stur sein wie er.«
    Er hatte noch immer Alecs Kinn gepackt und hielt die andere Hand ausgestreckt mit der Handfläche nach unten. Alec bekam eine Gänsehaut, als ihn ein angenehmes Frösteln durchfuhr.
    »Das sollte all deine Beschwerden lindern.« Er zeigte auf Seregil und fügte schroff hinzu: »Ich erwarte, daß du auf ihn achtgibst. Er muß im Bett bleiben, bis ich ihm erlaube, aufzustehen, hast du verstanden?«
    Das verwegene gefährliche Glitzern war wieder im Blick des Drysiers zu sehen, und Alec gab mit einem Nicken zu verstehen, daß er verstanden hatte.
    »Du mußt den Jungen nicht einschüchtern«, schalt Nysander, als Valerius aufbrach. »Du weißt selbst, daß er zuverlässig ist, und außerdem ist er ein guter Dalnaer.«
    »Schon, aber er hat es nicht mit einem guten Dalnaer zu tun, wenn Seregil meint, es ginge ihm wieder gut. Viel Glück, Junge und den Segen des Schöpfers.«
    »Und Euch!« rief Alec ihm hastig hinterher.
    »Du mußt fast verhungert sein. Mir knurrt jedenfalls der Magen«, sagte Nysander. »Komm mit mir, ich habe uns ein Mahl bereiten lassen.«
    Alec warf einen besorgten Blick auf Seregil.
    »Komm schon, du mußt essen, um stark zu bleiben, wenn du ihm von Nutzen sein willst«, sagte Nysander und nahm ihn beim Arm. »Wir gehen nur über den Korridor, und wenn wir beide Türen offen lassen, kann nichts geschehen. Nach dem Essen nehmen wir unseren Wein und unterhalten uns hier.«
    Wethis deckte den Tisch an einem runden Tisch, der in der Mitte des Raumes stand. Er nickte Alec freundlich zu, als sie eintraten.
    Alec stellte erstaunt fest, daß dieser Raum keineswegs so unordentlich war wie Nysanders Arbeitsräume oben im Turm.
    Dieser kleine Raum war einfach, aber komfortabel eingerichtet; hinter dem runden Tisch standen zwei einladende Sessel neben einem Kamin. Regale an den Wänden trugen säuberlich angeordnet Schriftrollen, Bücher, und dazwischen fanden sich geheimnisvoll anmutende Objekte.
    Das beeindruckendste im Raume war jedoch zweifellos ein schmales bemaltes Band, das komplett um die sonst schlichte Wand verlief. Es war kaum zwei Spannen breit, aber Alec entdeckte bei genauerem Hinsehen phantastisch anmutende Vögel und andere Tiere wundervoll detailgetreu dargestellt. Hier schwebte ein winziger Drache auf ausgebreiteten schuppigen Schwingen über einer Burg und schleuderte seinen feurigen Atem hinab; dort schleppten Zentauren auf einem Gelage Maiden auf ihren sehnigen Armen fort. Ein Meeresungeheuer tauchte empor aus gemalten Wogen, sein gewaltiger Rachen zermahnte ein Schiff.
    Neben der ersten Ecke trug ein Fabelwesen, das den Leib einer Löwin hatte und Brüste und Gesicht einer Frau, die schlaffe Gestalt eines jungen Mannes auf den klauenbewehrten Pranken. Zwischen diesen Szenen waren Symbole in die Wand eingesetzt, die im Licht silbrig glänzten.
    Plötzlich vernahm er ein amüsiertes Schmunzeln hinter sich.
    »Meine kleinen Malereien gefallen dir, wie ich sehe«, sagte der Magier.
    Alec wurde bewußt, daß er sich in der Betrachtung der Gemälde verloren und seinen Gastgeber ganz vergessen hatte. Er wandte sich um und sah, daß Nysander am Tisch Platz genommen hatte. Wethis war nicht mehr da.
    »Vergebt mir, ich wollte nicht unhöflich sein«, stammelte er, als er hastig Platz nahm.
    »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Die meisten, die es zum erstenmal sehen, können sich kaum losreißen davon. Das ist auch einer

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