Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit
ein rechteckiges Stück schweren Filzes über dem Gitter, dann sah er sich in der kleinen Eingangskammer um. Vor ihnen führten Steinstufen durch einen Bogengang nach unten und verschwanden dahinter außer Sicht. Der leichte Moder, der bereits die Luft erfüllte, ließ keine Zweifel daran aufkommen, daß sie sich am richtigen Ort befanden.
»Da nimm, die sollten wir jetzt besser anlegen.« Damit holte Seregil zwei essiggetränkte Gesichtslappen aus einem Lederbeutel und reichte Alec einen. Sie ließen die hinderlichen Umhänge zurück, zündeten mit einem Feuerstein die Fackeln an und bahnten sich den Weg nach unten, wobei Seregil die Führung übernahm.
»Warum haben sie die Tunnel so groß gebaut?« flüsterte Alec; der Bogengang erwies sich als fast zehn Fuß hoch.
»Aus Sicherheitsgründen. Die giftigen Gase, die hier unten entstehen, steigen auf. Durch diese Bauweise soll gewährleistet werden, daß sie sich über Kopf sammeln und unten gute Luft bleibt. Behalte trotzdem die Fackeln im Auge; sobald sie blau brennen oder zu flackern beginnen, ist die Luft schlecht.«
Die Treppe führte in einen darunter verlaufenden Tunnel. Beiderseits eines mittigen Kanals, in dem ein steter, übelriechender, bis zum Rand reichender Strom rann, erstreckten sich schmale Gehwege.
Sie wandten sich nach rechts und folgten dem Tunnel mehrere hundert Fuß. Die jüngsten Regenfälle hatten den Strom anschwellen lassen, so daß er nunmehr ganze Abschnitte des etwas höheren Gehwegs überflutet hatte, wodurch Seregil und Alec gezwungen waren, wadentief durch das faulig modernde, eiskalte Wasser zu waten.
Plötzlich vernahmen sie aus der Dunkelheit vor ihnen ein hohes Knurren und Quietschen. Vorsichtig schlich Seregil mit hoch erhobener Fackel weiter, bis sie an ein Eisengitter gelangten, das sich über die gesamte Breite des Tunnels erstreckte.
Die unteren Enden der Senkrechtstreben ragten in den Kanal hinab. Der Körper eines kleinen Hundes hatte sich darin verfangen und wurde vom steten Strom des Flusses dagegengedrückt. Dutzende fetter, knurrender Ratten wieselten über den Kadaver und nagten daran oder aneinander. Weitere Ratten paddelten den Kanal herab auf den Festschmaus zu oder hockten auf den Querstreben des Gitters. Den menschlichen Eindringlingen schenkten sie wenig Beachtung, während sie fraßen; ihre perlengleichen, schwarzen Äuglein funkelten im Schein der Fackeln.
»Das hier ist ein Gitter mit Schloß«, erklärte Seregil flüsternd und vertrieb die Ratten unmittelbar neben ihm mit der brennenden Fackel. »Es ist zwar versperrt, aber das schaffen wir schon. Wem soll die Ehre gebühren?«
»Mach nur«, tuschelte Alec, der ganz und gar keine Lust verspürte, sich an einem so schmalen Ort an seinem Freund vorbeizuzwängen.
Nachdem Seregil das Schloß geknackt hatte, schwang er einen kleinen Teil des Gitters auf lautstark sich beschwerenden Angeln auf und trat hindurch, dicht gefolgt von Alec.
Dahinter erwarteten sie noch mehr Ratten, überall Ratten. Das Gurgeln des strömenden Wassers und die Geräusche der Ratten hallten durch die Stille, als sie an einer Art Kreuzung innehielten, wo ein anderer Kanal in jenen mündete, dem sie nachgingen. Sie sprangen die vier Fuß auf die andere Seite und schlichen weiter zu einem zweiten Gitter mit Angeln. Dahinter begann der Weg merklich abzufallen.
Danach kreuzten keine weiteren Tunnel den ihren, und schließlich gelangten sie an ein fix montiertes Gitter. Die Eisenbeschläge wirkten neu und sahen genauso aus wie jene, die Alec von der Baustelle kannte. Die breiten Flansche an den vier Ecken des Gitters ruhten auf Steinknien, die aus den Tunnelwänden ragten. Befestigt waren sie durch dicke Eisenbolzen, die in Löchern steckten, die in den Stein gebohrt worden waren.
»Da sind wir«, flüsterte Seregil und legte sein Bündel beiseite. »Zünd deine Fackel an meiner an und überprüf die Seite da drüben.«
»Wonach genau suchen wir eigentlich?«
»Keine Ahnung, also such gründlich. Es könnte ein Makel am Eisen oder am Stein sein.«
Alec sprang über den Kanal und begann, die Eisenbeschläge unter die Lupe zu nehmen, wobei er zunächst nach etwas so Offensichtlichem wie durchgesägten Stäben Ausschau hielt. Doch die Stäbe wirkten durch und durch solide. Die Sockel der Bolzen waren mit heiß eingehämmerten Nieten versiegelt und die unteren Flansche, die das Gewicht des Gitters trugen, saßen starr in den Steinknien.
»Versuchen wir mal, es zu bewegen«, schlug
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