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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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dem Gebäude kommen.
    »Das ist der Enkel der Wirtin«, erklärte Seregil Alec im Flüsterton. »Bislang ist er noch jeden Abend in die Schenke an der Ecke gegangen.«
    Als wollte der Bursche Seregils Behauptung untermauern, brach er in Richtung der Schenke auf und hielt unterwegs inne, um mit dem einen oder anderen Nachbarn zu plaudern.
    Seregil erhob und streckte sich, ohne den jungen Mann aus den Augen zu lassen. »Sieht mir sehr nach einem Schwätzer aus. Ich setze mich auf ein Gläschen rein und versuche, mit ihm ins Gespräch zu kommen.«
     
    Es war eine klare, windstille, jedoch bitterkalte Nacht. Rastlos wanderte Alec von einer Tür zur nächsten, während er das Haus und den langsam darüber aufgehenden Halbmond beobachtete. Als Seregil kichernd und angenehm nach Bier riechend zurückkehrte, hatte der Mond bereits den Kamin erreicht.
    »Du siehst recht zufrieden mit dir aus«, murmelte Alec und trat von einem kalten Bein aufs andere.
    »Bin ich auch.« Seregil warf den Umhang zurück und reichte Alec einen Holzkrug voll des besten Lagerbiers des Hund und Glocke. »Gehen wir nach Hause. Höchst unwahrscheinlich, daß Rythel in den nächsten paar Nächten etwas unternimmt.«
    Dankbar trank Alec einen Schluck von dem wäßrigen Bier, während sie zurück zu dem Hof gingen, wo sie die Pferde abgestellt hatten.
    »Also hast du tatsächlich etwas aus dem Enkel der Alten herausbekommen?«
    »Unser Schmied scheint allseits gleichermaßen unbeliebt zu sein, ausgenommen bei seiner Wirtin, die ihre Mieter ausschließlich danach beurteilt, wie pünktlich sie bezahlen. Ihr Enkel, der junge Parin, ist ihm im Haus ein paarmal über den Weg gelaufen. Anscheinend sind harte Worte gefallen, als Parin eines Tages unerwartet das Zimmer des Schmieds betrat. ›Dabei‹« – grinsend ahmte Seregils Parins etwas schleppenden, jammernden Tonfall nach – »›hat er doch nur an ein paar Zeichnungen rumgefummelt. Nicht, daß er irgendwelche Gäste gehabt hätt’ oder so. Bloß Zeichnungen, um der Hölle Willen! Er is’ schon ’n komischer Kauz, und ’n Geizhals, obwohl er immer so groß und überheblich tut.‹
    Ein scharfsinniger Menschenkenner, unser Parin«, meinte Seregil kichernd. »Über die Art der Zeichnungen konnte er mir zwar nichts sagen, dafür hat er mir erzählt, daß Rythel an Arbeitstagen nachts nie außer Haus geht. Am Wochenende aber macht er regelmäßig einen drauf.«
    Alecs Jagdinstinkte regten sich. »Morgen nacht.«
    »Genau. Laut Parin kommt er piekfein gekleidet aus dem Zimmer, schickt Parin nach nebenan, um ein Pferd für ihn zu mieten, gibt ihm ein knickeriges Trinkgeld, reitet davon und läßt sich erst im Morgengrauen oder überhaupt erst am nächsten Abend wieder blicken.«
    »Das erklärt, wieso er sich in der Lichterstraße herumgetrieben hat.«
    »Und ich möchte wetten, daß er auf dem Weg dorthin noch ein paarmal Halt macht. Ich glaube, es ist an der Zeit, daß Lord Seregil in Erscheinung tritt.«
    Alec warf ihm einen scharfen Blick zu. »Nur er? Und was ist mit mir?«
    Seregil schlang dem Jungen einen Arm um die Schultern und zerzauste ihm spielerisch das Haar. »Tja, es gibt wohl kaum eine bessere Gelegenheit für einen kleinen Einbruch, als wenn Meister Rythel die ganze Nacht durchzockt und herumhurt.«
     
    Am nächsten Abend brach Rythel wie erwartet von der Segelmacherstraße aus auf. Das rege Treiben auf den Straßen gestaltete es einfach für Seregil, ihm in die Stadtmitte zu folgen. Ein schwerer Umhang verhüllte das feine Oberkleid und die prunkvolle Hose, die er für die Rolle angelegt hatte, die er in jener Nacht zu spielen gedachte.
    Der Schmied ritt langsam vor sich hin, genoß offenbar die Abendluft und hielt vor dem Heron, einem stilvollen Spielhaus am östlichen Rand des Händlerviertels.
    Was für eine glückliche Wendung. Grinsend beobachtete Seregil aus sicherer Entfernung, wie Rythel in dem Haus verschwand. Lord Seregil war im Heron noch wohlbekannt aus jener Zeit, als er sich in solchen Spielhöhlen den Lebensunterhalt verdiente. Und in Spielhäusern ließen sich Freundschaften recht mühelos schließen.
    Er überließ Cynril einem Stallburschen und ging hinein. Der greise Türsteher verbeugte sich und nahm ihm den Umhang ab.
    »Guten Abend, Herr«, begrüßte ihn der alte Mann. »Es ist einige Zeit her, seit Ihr uns zum letzten Mal beehrt habt. Erwartet Ihr noch jemanden?«
    »Nein. Jemand hat eine Verabredung mit mir abgesagt, deshalb sehe ich mich nach einem

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