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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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erklomm er hastig eine wackelige Außentreppe, die in eine leerstehende Dachkammer führte. Abgesehen von ein paar Käfern und ein wenig Mäusekot erwiesen sich die Ersatzkleider und die Messer, die er vor Monaten unter den verzogenen Dielen versteckt hatte, als unangetastet. Leise pfiff er vor sich hin, während er die Gewänder ausbeutelte, sich umzog und sich danach am Dachfenster niederließ, um zu warten, bis seine Verfolger die Geduld verloren. Es war nur ein Bettler, der ihnen durch die Lappen gegangen war. Sie würden nicht viel Zeit darauf verschwenden, ihn zu jagen.
     
    Hungrig, naß bis auf die Knochen und mit brennenden Fußsohlen erreichte Alec am späten Nachmittag endlich den Waldrand. Durch die Bäume vor sich erblickte er ein welliges, ausgedehntes Tal.
    Unweit der Straße befand sich eine kleine Blockhütte samt einem niedrigen Kuhstall und einem Ziegenpferch. Zu erschöpft, um sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wie er aussehen mußte, steuerte er darauf zu und hoffte, er würde sich einen Happen zu essen und eine Wegbeschreibung erbetteln können.
    Als er sich dem Ort näherte, stürmte eine riesige Promenadenmischung aus dem Stall und hielt bellend auf ihn zu.
    »Soora thasáli«, sagte Alec rasch und machte mit der linken Hand das Beschwörungszeichen, das Seregil ihm beigebracht hatte. Es zeigte Wirkung, wenn auch nur teilweise: Der Hund verharrte ein paar Fuß entfernt, blieb jedoch auf der Hut und knurrte, sooft sich Alec bewegte.
    »Wer ist da?« rief ein Mann, der mit einer Axt in den Händen aus dem Stall trat.
    »Sir Alec von Ivywell«, antwortete Alec und streckte die Arme mit den Handflächen nach oben aus. »Mir ist oben auf dem Waldpfad ein Mißgeschick widerfahren. Banditen haben mein Pferd gestohlen. Könnt Ihr …«
    »Ach ja?« Der Mann trat näher und kniff die Augen zusammen, um den Jungen besser zu erkennen.
    Es war Alec zwar gelungen, das meiste Blut abzuwaschen, doch die zerrissenen Kleider und das Schwert wirkten wenig vertrauenerweckend.
    »Im Augenblick sind jede Menge Banditen unterwegs«, fuhr der alte Mann unvermindert mißtrauisch fort. »Erst gestern haben sie zwei meiner Milchziegen geklaut. Könnte ja sein, daß du einer von ihnen bist und zurückkommst, um mich noch mal zu berauben. Tugger!«
    Der Hund duckte sich und fletschte die Zähne.
    »Nein, bitte! Soora thasáli.« Alec wich einen Schritt zurück und verwendete abermals das Zeichen. »So hört doch, ich will nur nach …«
    »Halt mal, was machst du denn mit meinem Hund?« wollte der Mann wissen. »Tugger, faß!«
    »Nein – soora thasáli – wenn Ihr mir nur zuhören würdet …«
    »Verdammt noch mal, Tugger, faß!«
    »Soora th … Scheiße!« Alec nahm die Beine in die Hand, während Tugger nach dem Umhangsaum schnappte, der hinter dem Jungen herwehte.
    Der Hund jagte ihn, bis sie sich längst außer Sichtweite der Blockhütte befanden, dann verharrte er mitten auf dem Pfad und knurrte, sooft Alec einen Blick zurück wagte.
    Völlig außer Atem und fuchsteufelswild rannte Alec weiter, bis er sicher war, daß der Hund die Verfolgung aufgegeben hatte, dann sank er nach Luft ringend auf einen Felsbrocken. Anscheinend wirkte Seregils Hundezauber am besten, wenn der Herr des Köters nicht in der Nähe war, um Gegenbefehle zu erteilen.
    Weniger als eine halbe Meile weiter gelangte er an die Hauptstraße und stieß kurz danach auf eine Reihe schwerer Ochsengespanne, die unterwegs zu Warniks Anwesen waren. Als Alec dem Anführer der Fuhrleute und dessen Frau sein Gold zeigte, erklärten sie sich bereit, ihn mit sich reisen zu lassen.
    Alec kletterte auf den Karren und streckte sich dankbar zwischen den Ballen und Körben aus.
    »Der Schöpfer sei gnädig! Du hattest wohl eine beschwerliche Reise, was, Junge?« erkundigte sich die Frau, die sich umgedreht hatte, um ihn zu betrachten.
    »Ich hatte ein wenig Ärger auf dem Weg über den Hügelpfad«, erklärte Alec.
    »Der Hügelpfad«, schnaubte der Fuhrmann verächtlich. »Warum, in aller Welt, hast du denn diese Route gewählt, wenn es doch auf der Hochstraße schneller geht?«
    »Schneller?« platzte Alec ungläubig hervor. »Ich dachte, der Hügelpfad wäre eine Abkürzung.«
    »Welcher Dämlack hat dir denn das eingeredet? Ich verdiene mir den Lebensunterhalt damit, diese Straßen zu befahren, also glaube ich doch, mich einigermaßen auszukennen. Mit einem Karren braucht man von diesem Tal zum nächsten kaum zwei Stunden, noch weniger mit einem guten

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