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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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wenn du weniger überreizt bist. Vargûl Ashnazai, wärst du so freundlich, Alec mit ein paar Entspannungsmeditationen zu helfen?«
    »Selbstverständlich, Herr.«
    Alec versuchte, zurückzuzucken, aber die Wachen hielten ihn fest, als der andere Mann ihm kalte, trockene Finger auf die Wange und den Kiefer preßte. Einen Augenblick fühlte Alec sich überwältigt von einem durchdringenden, fauligen Gestank, dann umhüllte ihn eine entsetzliche Dunkelheit und schleuderte ihn zurück in einen eitrigen Morast der Qualen, aus dem es kein Entrinnen gab und in dem unaufhörlich das höhnische Echo Seregils längst vergessener Warnung widerhallte – Wenn du zurückbleibst, bist du auf dich allein gestellt, auf dich allein, auf dich allein -
     
    Alec erwachte in einer düsteren, winzigen Kabine. Immer noch keuchend von den Schrecken der Trance, in die ihn der Totenbeschwörer versetzt hatte, richtete er sich auf der schmalen Pritsche auf und versuchte, seine Umgebung zu ergründen. Zwar brannte keine Laterne, doch das schwache Licht, das durch ein Gitter in der Kabinentür schimmerte, reichte aus, um den Fuß einer weiteren Pritsche an der gegenüberliegenden Wand zu erhellen. Über das Rauschen des Wassers, das gegen den Rumpf schlug, vernahm er ein entferntes, ersticktes Geräusch, das sich anhörte, als weinte jemand bitterlich. Von irgendwoher stieg ihm der Duft einer kräftigen Fleischbrühe in die Nase, und er stellte fest, daß er trotz der Nachwehen der Magie des Totenbeschwörers Hunger verspürte. Er schüttelte die dünne Decke ab, kletterte aus der Pritsche – und erstarrte. Nun, da sich seine Augen an die Düsternis gewöhnt hatten, erkannte er, daß die andere Pritsche nicht leer war. Eine Gestalt lag ausgestreckt unter einer Decke, das Gesicht in den Schatten verborgen. Unbehaglich räusperte sich Alec, dann trat er vor, um die Gestalt an der Schulter zu berühren.
    »Hallo. Bist du …«
    Eine Hand schoß unter der Decke hervor und umklammerte seinen Arm mit ehernem, eiskaltem Griff. Alec taumelte zurück, doch der Mann hielt ihn fest und rappelte sich wankend auf die Beine, als Alec sich loszureißen versuchte.
    »Beim strahlenden Licht«, keuchte Alec. »Thero!«
    Der junge Zauberer präsentierte sich ebenso nackt wie Alec. An seinem Kopf war eine Art Zaumzeug angebracht worden. Ein Eisenband, das sich um die untere Gesichtshälfte wand, drückte ihm einen ehernen Knebel in den Mund, während sich ein weiteres Band zwischen den Augen über den Schädel erstreckte und dahinter mit dem ersten verschmolz. In dem senkrechten Band befand sich eine Ausnehmung für die Nase, und eine Kette unter dem Kinn sicherte das Ganze. Als Thero versuchte, um den Knebel herum zu sprechen, war seine Stimme kaum verständlich. Speichel troff ihm von den Mundwinkeln und sammelte sich in dem lichten Bart. Aus dem Blick seiner Augen schloß Alec, daß er entweder wahnsinnig oder zu Tode verängstigt war.
    »Ah’ek?« brachte Thero hervor. Während er mit einer Hand nach wie vor Alecs Arm umklammerte, hob er die andere und berührte das Gesicht des Jungen. Breite Eisenschellen, auf denen seltsame Symbole prangten, umschlossen seine Handgelenke.
    »Was tust du denn hier?« flüsterte Alec ungläubig.
    Sichtlich verzweifelt, schluchzte Thero eine Weile heftig vor sich hin. Dann ließ er Alec los und begann sich mit den Fäusten so wild auf den Schädel zu schlagen, daß Alec ihn zurückhalten mußte.
    »Nein, Thero. Hör auf damit. Hör auf!« Unsanft schüttelte Alec ihn an den Schultern. Theros blasse, knochige Brust hob und senkte sich bebend, während er krampfhaft mit dem Kopf zuckte und sich freizuwinden versuchte.
    »Du mußt dich beruhigen und mit mir reden«, zischte Alec, der sich selbst zwischen Wut und Entsetzen hin und her gerissen fühlte. »Wir stecken in einem furchtbaren Schlamassel und brauchen einander, um da wieder rauszukommen. Und jetzt laß mich probieren, ob ich dir diesen verdammten Apparat abnehmen kann.«
    Doch der Zaum war unter dem Kinn fest verschlossen, und er hatte kein Werkzeug, um ihn zu öffnen. Er durchsuchte die Kabine in der kläglichen Hoffnung, irgend etwas zu finden – einen Nagel vielleicht, oder einen Holzsplitter –, das er als behelfsmäßigen Stocher verwenden konnte. Alles, was er fand, war eine Schüssel voll Kraftbrühe an der Tür. Obwohl er hungrig war, ließ er sie unberührt, für den Fall, daß sie vergiftet war. Vielleicht ist das mit Thero geschehen, dachte er, während

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