Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
Vom Netzwerk:
Seregil.
    »Nein, er war noch nicht reif für ein solches Wissen.« Nysander legte Seregil die Hand auf die Schulter. »Ich war nicht zuletzt deshalb so bekümmert, dich als Lehrling zu verlieren, weil ich erkannt hatte, daß du ein würdiger Nachfolger geworden wärst. Von dem Tag an, als ich dich bei mir aufnahm, fühlte ich in meinem Innersten, daß du der Last der Bürde gewachsen sein würdest. Als sich herausstellte, daß du die Zauberei nicht erlernen konntest, war ich am Boden zerstört. Jetzt aber sehe ich, daß ich mich nicht geirrt habe, was deinen Wert angeht, sondern lediglich in bezug auf die Rolle, die dir das Schicksal vorherbestimmt hat. Was du gelernt hast, nachdem du mich verlassen hattest, das Leben, das du seither geführt hast – all das hat dich darauf vorbereitet, der Ungesehene zu sein.«
    Seregil setzte eine finstere Miene auf. »Du meinst, die Götter haben nur deshalb einen Dieb und Spion aus mir gemacht, damit ich Mardus die Scheibe stehlen konnte? Mein ganzes Leben soll nur aus dieser einen Aufgabe bestehen? Ich weigere mich, das zu glauben!«
    »Nein, nicht ganz«, widersprach Nysander. »Erinnerst du dich, daß ich dir erzählt habe, es gäbe immer irgendwo einen Führer und all die anderen Gestalten der Prophezeiung? Vielleicht wäre dein Leben auch ohne den Helm völlig gleich verlaufen, aber indem du wurdest, was du jetzt bist, wurdest du gleichzeitig zum Führer. Im Lauf der Jahre habe ich unzählige Male Vermutungen darüber angestellt, aber es wirklich zu glauben habe ich erst begonnen, nachdem du mir die Scheibe gebracht hattest. Als es dir gelang, den Plenimaranern auch noch die Krone vor der Nase wegzuschnappen, habe ich gebetet, es möge sich bloß um eine glückliche Fügung handeln; ich habe gebetet, ich möge in der Lage sein, die Teile vor Mardus zu beschützen und die Wiederherstellung des Helmes zu verhindern, indem ich auf der Hut sein würde.«
    »Dann wußtest du also bereits über Mardus Bescheid?«
    »Nur, daß er ein unehelicher Verwandter des alten Hochkönigs war, ein Adeliger mit außergewöhnlichen Fähigkeiten und unvorstellbarem Ehrgeiz, zudem einer von Plenimars hervorragendsten Spionen. Jetzt hege ich den Verdacht, daß er sich zum Vatharna machen will.«
    »Klingt, als wäre er der rechte Mann dafür«, meinte Micum mit düsterer Miene. »Aber du hast uns immer noch nicht verraten, woher diese Prophezeiung überhaupt stammt oder was sie besagt.«
    »Nur die Hüter haben sie je gehört, und nur für sie war sie bestimmt«, erwiderte Nysander ernst. »Als der zweite Hüter noch ein junger Mann war, hatte er eine Traumvision, die seither als größter Quell unserer Hoffnung von einem Hüter zum nächsten weitergegeben wird. ›Der Traum Hyradins lautet folgendermaßen: Und so kam der Wundersame, der Verzehrer des Todes, um die Welt bis auf die Knochen zu häuten. Gewandet in menschliche Hülle kam er, mit einem gar gräßlichen Helm großer Dunkelheit auf dem Haupte, und niemand denn eine Gruppe geheiligter Zahl vermochte, ihm Einhalt zu gebieten.
    Der erste wird sein der Hüter, ein Lichtschein in der Finsternis. Dann der Schaft und die Vorhut, die da werden versagen und doch nicht versagen, so der Führer, der Ungesehene, voranschreitet.‹ In derselben Prophezeiung kommt auch die Säule des Himmels vor, die darin als Tempel bezeichnet wird.«
    »Das hilft uns etwa so sehr weiter wie dein Traum von den Felsen«, brummte Micum.
    Seregil hingegen spürte, wie ihn eine übelkeitserregende Kälte durchströmte, als er sich an die Visionen erinnerte, die er selbst erfahren hatte, als er mit jenen Teilen in Berührung kam – die Bilder des Todes, die Chöre der Pein. »Dann dient also alles, was Mardus getan hat, seit Alec und ich ihm droben in Wolde über den Weg gelaufen sind – die Scheibe, Rythel und die Sache mit der Kloake, der Überfall auf euch –, all das dient ausschließlich dazu, die Teile wieder zusammenzubringen?«
    »Natürlich, und zwar zur rechten Zeit am rechten Ort. Die rechte Zeit ist während der Sonnenfinsternis in fünf Tagen von heute an.«
    »Das haben wir uns schon gedacht, nachdem wir uns mit deinem Astrologenfreund unterhalten hatten«, erklärte Seregil.
    »Gut gemacht. Da wir drei jetzt wieder vereint sind, müssen wir den Tempel finden und abwarten, wohin uns die Götter von dort aus führen. Diesmal muß der Helm vollständig zerstört werden, und um das zu erreichen, müssen wir zulassen, daß er wieder zusammengebaut wird

Weitere Kostenlose Bücher