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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Hänselei hatte seine Verwirrung nur noch gesteigert.
    Als Alec die Decke zurückschlug und aufstand, roch er den Duft der Zauberin auf seiner Haut. Er hüllte sich in einen Morgenmantel, rief nach dem Zimmermädchen und trug der jungen Frau auf, ein Bad vorzubereiten und dafür Sorge zu tragen, daß die Bettwäsche gewechselt würde. Das Bad half beträchtlich, und er begab sich in etwas besserer Stimmung hinunter zum Frühstück. Kummer bereitete ihm nur noch die Frage, ob Seregil seine Großtat womöglich Micum und Kari geschildert hatte. Aber niemand schien etwas davon zu wissen, als er sich am Eßtisch zu der fröhlichen Gruppe gesellte, wenngleich Seregil fragend die Augenbrauen hochzog, als er Alecs feuchtes Haar bemerkte.
    Illia war zu aufgeregt darüber, einen Tag in der Stadt verbringen zu dürfen, um die anderen in aller Ruhe ihren Morgentee schlürfen zu lassen. Sobald das Mahl beendet war, brachen sie alle zum Tempelvorhof auf. Kari und die Mädchen fuhren in einer gemütlichen, offenen Kutsche, während die Männer auf Pferden einherritten.
    Im Gegensatz zu der Nüchternheit, mit der die Trauernacht begangen wurde, feierte man den Sakortag wild und ausgelassen. Hörner schmetterten, Bier floß in Strömen, den ganzen Tag über loderten Freudenfeuer.
    Als Alec sich umsah, während sie vor sich hinritten, bekam er den Eindruck, daß an praktisch jeder Straßenecke die eine oder andere Vorführung stattfand – Tierbändiger, Possenreißer, Schauspieler auf Bühnenkarren, Feuerschlucker und dergleichen mehr. Krämer mit Bauchläden, Falschspieler, Dirnen und Taschendiebe mischten sich unter die feiernde Menge und versuchten, ihren Geschäften nachzugehen.
    »Alles ist so laut und aufregend!« rief Elsbet aus, die neben ihm ritt.
    »Daran gewöhnst du dich«, erwiderte Alec.
    Das Mädchen grinste. »Oh, darauf freue ich mich schon.«
    Das Hauptereignis des Tages stellte die jährliche Vereidigung neuer Truppen um die Mittagszeit dar. Sakor galt als Schutzpatron der Soldaten, deshalb betrachtete man die Eingliederung neuer Truppen in die Armee gleichermaßen als militärischen und religiösen Anlaß.
    Die Sitzreihen waren aus dem Tempelvorhof entfernt worden, um Platz zu schaffen für die Ränge frischgebackener Soldaten, die vor dem Sakor-Tempel Aufstellung genommen hatten.
    Es war ein wolkenloser, bitterkalter Tag, und sogar Alec war froh über den dicken, pelzbesetzten Umhang, den er über dem samtenen Kittel trug. Seregil tratschte mit anderen Adeligen über Belanglosigkeiten und stellte dem einen oder anderen Alec vor, je nach Lust und Laune.
    »Ich habe noch nie so viele neue Rekruten gesehen. Du?« fragte Kari, an Seregil gewandt. Mit einer Hand schützte sie die Augen vor der Sonne, während sie zusammen auf den Stufen der Treppe des Illior-Tempels ausharrten.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Noch nie.«
    »Wo ist Beka?« wollte Illia wissen, die rastlos auf den Schultern ihres Vaters zappelte.
    »Dort drüben bei den grün gekleideten Soldaten.« Micum deutete auf die Reiterei der Königin. Er mußte recht laut sprechen, um sich Gehör zu verschaffen.
    Als Alec Kari betrachtete, hatte er den Eindruck, daß sie ziemlich traurig und nachdenklich wirkte. Als hätte sie seinen Blick gespürt, schaute sie zu ihm herüber und streckte die Hand nach der seinen aus.
    Nachdem auch die letzten Ränge einmarschiert waren, ähnelten die dicht gedrängten Reihen der Regimente farbenfrohen Kacheln in einem riesigen Mosaik. Die Reiterei der Königin glich dabei einem grünen und weißen Block unmittelbar vor dem Sakor-Tempel.
    »Schau, da ist die Königin«, sagte Micum. »Jetzt geht’s los.«
    Idrilain, die ungeachtet der langen Wache gleichermaßen andächtig und stolz wirkte, nahm ihren Platz zwischen den Säulen des Sakor-Tempels ein. Sie trug wallende Staatsgewänder und ein Smaragddiadem. Gërilains Schwert hielt sie aufrecht wie ein Zepter an die Schulter gelehnt. Der goldene Schirm funkelte hinter ihr, während sie reglos vor den Truppen stand und ihr Atem in der kalten Luft zu zarten Wölkchen gefror. Das Bild, das sich den Anwesenden bot, war durchaus beabsichtigt; es würde keine Zweifel geben, wem der Eid geschworen wurde. Den Priestern gestand man ihre Geheimniskrämerei in der Dunkelheit zu, doch hier, im prallen Tageslicht, präsentierte sich die Verkörperung der wahren Macht Skalas.
    Idrilain stellte das Schwert mit der Spitze nach unten vor sich auf den Boden, umfaßte das Heft mit beiden

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