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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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zeig einer Soldatin, was Spaß bedeutet, ja?«
     
    »Ihr seid ein großzügiger Gastgeber«, bemerkte Kommandant Perris erheitert. »Habt Ihr etwas dagegen, wenn ich mich unters Volk mische? Ich sehe da ein, zwei bekannte Gesichter.«
    »Nur zu«, meinte Seregil lächelnd.
    Myrhini folgte Seregil an den Tisch und ließ sich einen Becher Wein reichen. »Ein bißchen Ausgelassenheit ist genau, was sie jetzt brauchen«, sagte sie, während sie den wuselnden Haufen mit unverhohlener Zuneigung beobachtete. »Von jetzt an bis zum Frühling gibt es für sie nur noch kalte Lager und lange Ritte.«
    »Und danach?« erkundigte sich Seregil.
    Myrhini musterte ihn über den Becherrand hinweg, dann seufzte sie. »Und danach wird es noch schlimmer. Aller Wahrscheinlichkeit nach viel schlimmer.«
    »Ist dieser Haufen dafür bereit?«
    »So bereit, wie grüne Neulinge sein können. Einige von ihnen zählen zu den Besten, darunter auch Beka. Ich hoffe nur, sie bleiben lange genug am Leben, um gestählt zu werden. Und das geschieht nur durch Kampferfahrung.«
     
    Gegen Mitternacht war Alec betrunkener als je zuvor in seinem Leben und kannte sämtliche Reiter und Kurtisanen nicht nur beim Namen, sondern hatte auch mit den meisten getanzt. Gerade hatte er torkelnd einen Reel mit einer blauäugigen, beschwipsten, verliebten Reiterin namens Ariani beendet, als ihn Unteroffizier Kallas und sein Zwillingsbruder Aulos packten und auf einen der Tische hievten.
    »Der Leutnant behauptet, du wärst ein Glückskind«, grölte Kallas, zog seinen Wappenrock aus und reichte ihn Alec hinauf. »Deshalb machen wir dich zu unserem Maskottchen, Alec, mein junger Freund.«
    Alec streifte die Uniform über und vollführte eine übertriebene Verbeugung vor der versammelten Runde. »Ich bin geehrt!«
    »Du bist betrunken!« schrie jemand zurück.
    Alec ließ sich den Zuruf durch den Kopf gehen, dann nickte er bedächtig. »Das auch, aber wie uns schon der Schöpfer lehrte, verbirgt sich in den Tiefen des Bechers die Hintertür zur Erleuchtung – na, so ähnlich jedenfalls.« Er ergriff eine halbvolle Weinflasche und schwenkte sie über ihre Köpfe hinweg. »Und je betrunkener ich werde, desto tapferer und bewundernswerter erscheint ihr mir!«
    »Ein Prophet des Weins!« rief Kallas aus und breitete in einer Geste gespielter Ehrfurcht die Arme aus. »Gib mir deinen Segen, o bartloser Weiser!«
    Gefällig schüttete Alec ein paar Tropfen Wein auf das emporgewandte Antlitz des Mannes. »Langes Leben und ein hohles Bein, mein Sohn.«
    Lachend und jubelnd scharte sich der Rest der Reiter um ihn, um seinen Segen in Empfang zu nehmen. Alec fiel auf, daß bereits ziemlich viele Soldaten fehlten, ebenso die meisten Kurtisanen.
    Nacheinander bedachte er die Bittsteller großzügig mit Weinspritzern, bis die letzte, Beka, an die Reihe kam. Ihr sommersprossiges Gesicht war gerötet vom Wein und vom Tanzen; ihre wilde, rote Mähne war aus dem Zopf ausgebrochen und wallte in unordentlichen Büscheln rings um den Kopf. Sie war genauso betrunken und glücklich wie die anderen.
    Als sie jedoch erwartungsvoll zu ihm heraufgrinste, spürte Alec, wie eine kurze, ernüchternde Kälte sein Herz umschlang. Seine Freundin, die für ihn fast wie eine Schwester war, zog in den Krieg.
    »Komm schon, Maskottchen, du wirst doch wohl noch ein bißchen Glück für mich übrig haben, oder?« fragte sie.
    Alec ergriff eine neue Flasche und leerte sie über ihrem Kopf aus. »Langes Leben und Glück in den Schatten und im Licht.«
    Beka prustete und lachte, während die Soldaten rings um sie jubelten.
    »Gut gemacht, Maskottchen!« rief Kallas. »Ein so feuchter Segen macht sie wahrscheinlich unsterblich!«
    »Das hoffe ich«, flüsterte Alec und schaute zu ihr hinab. »Das hoffe ich wirklich.«

 
13
Watermead
     
     
    »Meister Micum, da kommen Reiter den Hügel herauf«, brüllte ihm ein Bediensteter über die verschneite Weide hinweg zu.
    Micum, der auf der Heuraufe stand, hielt die Hand über die Augen, um sie gegen die Spätnachmittagssonne zu schützen, und ließ den Blick prüfend über die Gegend rings um den gefrorenen Fluß schweifen. Zwei berittene Männer bahnten sich den Weg von der etwa eine Meile hügelabwärts gelegenen Brücke herauf.
    Seit er vergangenen Herbst aus den Nordländern zurückgekommen war, begegnete er unangekündigten Besuchern mit Argwohn. Ungeachtet aller gegenteiligen Beteuerungen Nysanders hatte er ein schlechtes Gefühl in bezug auf Mardus und dessen

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