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Schattengold

Schattengold

Titel: Schattengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Buehrig
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wie hieß er doch gleich? – Raik sollte hier und heute Cello spielen, das hatte er recherchiert.
    Und dann stand noch irgendetwas auf dem Programmzettel, das ihn an das Wort ›Madagaskar‹ erinnerte.
    Sehr verdächtig.
    Wenn wirklich stimmt, was die Verbrecherkrolle vermutet, dachte er, nämlich dass ein Zusammenhang zwischen den Toten und den Schmuckdiebstählen besteht, dann kann das nichts anderes bedeuten, als dass wir es hier mit einem internationalen Verbrechersyndikat zu tun haben! Endlich mal eine Aufgabe, die meiner würdig ist.
    Bei ihrer Suche nach einem geeigneten Stück für Ainas Vorsingen war Frau Ampoinimera ein Werk von Maurice Ravel in die Hände gefallen: ›Chansons madécasses‹. Die Besetzung war ideal: Aina Gesang, Radamo Flöte, Raik Violoncello und sie Klavier.
    Gut vorbereitet betraten sie die Bühne. Aina trug ein schlichtes, schwarzes Kleid mit halblangen Ärmeln, das ihre Figur vorteilhaft betonte und im Farbton zu ihrem silbern glänzenden, schwarzen Haar passte. Ihr einziger Schmuck bestand aus einer dünnen Goldkette und einem Goldring, der das Haar zu einem Pferdeschwanz zusammenhielt. Das Bindi auf ihrer Stirn glühte rubinrot und vertiefte den ohnehin exotisch wirkenden Gesichtsausdruck.
    Als Radamo erschien, stutzte Raiks Mutter: »Irgendwie kommt der mir bekannt vor. Woher kenne ich ihn nur?«
    Ihr fiel es nicht ein. Sie vergaß, darüber nachzudenken, weil sie sich nur noch auf ihren Sohn konzentrierte.
    Draußen dunkelte es bereits, und Aina konnte vom Stadtpark nicht mehr viel erkennen. Außerdem blendete sie der Scheinwerfer. Die Gesichter der Zuhörer verschwammen in einem undurchdringlichen Nebel.
    Die Musik begann mit einem sanften Zwiegesang zwischen Raik und ihr.

     
    »Nahandove, o schöne Nahandove.
    Schon ruft der Vogel der Nacht,
    Der Vollmond glänzt über meinem Haupt.
    Der Morgentau benetzt mein Haar.
    Naht die Stunde, was kann noch dich hindern?
    Nahandove, o schöne Nahandove.

     
    Fertig ist das Lager aus Blättern.
    Ich habe es mit Blumen und wohlriechenden
    Kräutern bestreut.
    Würdig ist es deiner Reize,
    Nahandove, o schöne Nahandove.«

     
    Im Saal horchte man auf. Ainas Stimme und Raiks Cellointonation ergänzten sich perfekt. Jeder, abgesehen von Hopfinger, spürte, dass hier zwei junge Menschen mit sich und ihrer Musik eins waren.
    Mehr noch, das Duett spiegelte ihre Seelen wider, als ob sie sich über das Medium Musik ihre gegenseitige Liebe bekunden wollten.
    Leise, aber aufgeregt perlend, setzte das Klavier ein. Irgendwie störte es die einsame Zweisamkeit der beiden. Wie ein unerbittlich anlaufendes Perpetuum mobile heizte es die Stimmung auf.
    Hell und nervös fordernd strahlten die hohen Flötentöne. Es klang, als würden die beiden hinzugetretenen Instrumente zum Pflücken verbotener Früchte anstacheln.
    »Fady – achtet das Tabu!«, ging es Rana durch den Kopf.

     
    »Sie kommt.
    Ich habe das schwere Atmen erkannt, das der rasche
    Gang gebiert.
    Ich höre das Rauschen des Kleides, das sie einhüllt.
    Sie ist es! Nahandove, schöne Nahandove.«

     
    Mit einem seufzenden Ritardando kehrte das intime Duett der Liebenden zurück. Das Klavier setzte nur fahle Farbtupfer, als wollte es lediglich seine Anwesenheit demonstrieren.
    »Keine Angst, Aina!«, flüsterte Raik vor sich hin.

     
    »Schöpfe Atem, meine junge Freundin.
    Ruhe dich aus auf meinem Knie.
    Wie lebhaft wallt dein Busen,
    Sanft gedrückt von meiner Hand.
    Du lächelst, Nahandove, o schöne Nahandove.«

     
    Wieder trieb das Klavier die Emotionen hoch. Die Klänge des Perpetuum mobile verhärteten sich, als wollten sie eine gefahrbringende Intrige heraufbeschwören.

    Klang da Missgunst mit? Oder vielleicht Eifersucht? – Was sollte Rana Ampoinimera zu derartig offensichtlichen Gefühlsausbrüchen veranlassen? War es Neid auf die musikalische Leistung der jungen Sängerin oder hegte sie ihr gegenüber eine Zuneigung, die nicht die erhoffte Erwiderung fand?

    Eine oktavierende Flötenmelodie zerriss den Frieden. Ainas Stimme hatte Schwierigkeiten, sich durchzusetzen. Auch spürte sie in den Tönen der Querfl öte plötzlich eine merkwürdige, unnatürliche Starrheit. So etwas war sie von Radamo bislang nicht gewohnt.
    Ombiasy – magisch leuchtende Masken!

     
    »Deine Küsse dringen durch meine Seele,
    dein Kosen entflammt all meine Sinne;
    Halt ein oder ich sterbe. Stirbt man denn vor Wollust?
    O schöne Nahandove.«

     
    Das harte Perpetuum mobile ging über in ein

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