Schattengott
eine schlagfertige Antwort. Er
war in der Defensive.
«Was ist hinter dieser Tür passiert? Einfach nur Sex oder mehr? Und
was bedeutet dieses Zeichen?», wiederholte Sabina.
«Im Keller sind die härteren Dinge passiert. Peitschennummern. S/M -Geschichten
mit alten Folterinstrumenten. Solche Sachen.»
«Was heisst solche Sachen? Kann es passieren, dass da aus Spass
Ernst wird und dass es am Ende drei tote Frauen gibt?»
«So ein Schwachsinn», sagte Malfazi.
«War es ein Darkroom voller Schwuler?», fragte Sabina.
«Nein, verdammt.»
«Warum durften dann keine Frauen hinter die Tür?»
«Weil das immer so ist. Bis auf die Frauen, die eingekauft sind,
haben zu dem Bereich nur Männer Zutritt.»
«Und das Symbol?»
«Was für ein Symbol?»
«Das auf der Tür.»
«Das ist das Symbol der Community. Hat mich nie näher interessiert.
Sieht das wirklich aus wie das Zeug auf Carschenna?»
«Es geht in die Richtung.»
«Dann ist es Zufall. Da geht es nicht um Mord. Und auch nicht um
Gewalt im eigentlichen Sinn. Als ob du so was nicht kennst.»
«Woher weisst du denn, was ich kenne?», sagte Sabina.
«Ach, vergiss es.»
«Bist du öfter auf solchen Veranstaltungen?», fragte Sabina.
«Ja, aber das ist verdammt noch mal meine Privatsache.»
«Nur aus Interesse: Kostet das Geld?»
«Ja.»
«Viel?»
«Das lass mal meine Sorge sein.»
Sabina beliess es dabei. Was Malfazi gesagt hatte, wie er sich
verhalten hatte, hatte sie intuitiv überzeugt.
«Ich hoffe, du verstehst, dass wir diese Unterredung zu dritt
geführt haben», sagte sie.
Malfazi presste die Lippen zusammen. Sein Nicken war kaum
wahrzunehmen. Dann schoss wieder das Blut in seine Halsschlagader.
«Eine Frage hab ich schon noch», sagte er. «Wie bist du eigentlich
in diese Gesellschaft gekommen? Das geht normalerweise nur über Einladungen
nach Überweisung auf ein Nummernkonto.»
«Ich bin zu einer Tür rein, die offen war», sagte Sabina und
präsentierte ein breites Lächeln.
Malfazis Blut floss nur langsam zurück.
«Es wäre mir lieb, wenn ihr euer Wissen für euch behaltet», sagte er
nach einer Weile und sah beide eindringlich an. Er war der Verlierer in diesem
Moment. Die Kollegen wussten etwas über ihn, was zwar nicht strafrechtlich
relevant war, in den Augen der biederen Bündner Gesellschaft aber moralisch
mehr als zweifelhaft. Er konnte nur auf die Loyalität seiner Kollegen
vertrauen. Sabina und Heini gaben ihr Einverständnis. Als Malfazi sich erhob,
fasste er sich unter Schmerzen an die Brust.
«Was ist?», fragte Sabina.
«Ach, eine Verspannung im Brustbereich», sagte er und stöhnte.
Sabina schaute auf seine Füsse. Mindestens Grösse fünfundvierzig,
dachte sie.
«Ich fasse zusammen: Wir haben ein Auto, mit dem die Leichen
transportiert worden sein könnten, aber wir haben keine Spuren darin gefunden»,
wiederholte Malfazi, nachdem Beeli ihm die Fakten zu dem schwarzen Defender
referiert hatte.
«Ja. Das Reifenprofil entspricht den Eindrücken, die wir bei
Carschenna gefunden haben», bestätigte der Leiter der Spurensicherung, «aber im
Auto ist keine Spur von einer Opfer- DNA zu entdecken.»
«Möglicherweise eine Plane zum Schutz?», sagte Sabina.
«Oder es war ein anderer Wagen, der die gleichen Reifen hat», sagte
Beeli.
«Reicht das für eine Hausdurchsuchung?», fragte Sabina.
«Nein», sagte Beeli, «an den Reifen waren keine Erdspuren, die denen
vom Tatort entsprechen. Es ist eben nur das passende Profil. Deswegen eine
Durchsuchung? Das bekommen wir nicht durch.»
«Schick bitte trotzdem ein Foto des Wagens an Freisler», sagte
Sabina. «Der soll die Zeugen aus Isola fragen, ob das der Wagen in der Nähe der
Cardinello-Schlucht gewesen sein könnte.»
Die Tür war auch diesmal offen. Rosenacker begrüsste die
Polizisten freundlich und hörte sich an, was sie vorzutragen hatten. Sabina
hoffte insgeheim, dass er wieder eine Schale mit Keksen bereitstellen würde.
Und tatsächlich wies er den Koch nach kurzer Nachfrage an, Kaffee und Kekse zu
bringen.
«Ganz ehrlich», kommentierte Rosenacker den Verdacht, dass es sich
beim möglichen Transportfahrzeug der Leichen um sein Auto handeln könne, «wer
wäre denn so blöd, mit einem derart auffälligen Auto ein solches Verbrechen zu
begehen und es dann öffentlich vor seinem Haus zu parkieren? Sie glauben doch
nicht ernsthaft, dass ich etwas mit diesen Morden zu tun habe.»
«Haben Sie ein Alibi für die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag
letzte Woche?»,
Weitere Kostenlose Bücher