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Schattengott

Schattengott

Titel: Schattengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uli Paulus
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fragte Malfazi.
    Rosenacker überlegte.
    «Ich war hier, gegen dreiundzwanzig Uhr bin ich ins Bett. Wie jeden
Tag.»
    «Kann das jemand bezeugen?»
    «Schwierig», sagte Rosenacker. «Bis etwa einundzwanzig Uhr sitzen
wir meistens beim Essen zusammen, danach gehe ich in meinen Privatbereich.»
    «Also haben Sie kein wasserdichtes Alibi.»
    «Junger Mann», erwiderte Rosenacker, der Malfazi gegenüber nicht
halb so freundlich war wie gegenüber Sabina, «ich beschäftige mich mit anderen
Dingen als damit, junge Frauen umzubringen. Bitte untersuchen Sie das ganze
Schloss.»
    «Wie sieht es mit Ihren Gästen aus?», fragte Malfazi, wobei er das
Wort «Gäste» etwas verächtlich aussprach.
    «Unterhalten Sie sich mit ihnen. Machen Sie sich Ihr eigenes Bild.
Ich bitte sie her und lasse Sie derweil allein.»
    «Gerne», sagte Malfazi und probierte einen Keks. Er kaute. Dann
lächelte er. Erstmals, seit er am Morgen den Dienst angetreten hatte.
    «Herr Rosenacker, nur zur Vervollständigung meiner Statistik: Welche
Schuhgrösse haben Sie?», fragte Sabina.
    «Einundvierzig, warum?»
    «Wir haben Spuren gefunden bei den Felsen.»
    Matthew Sanderson war der Erste, der kam. Malfazi stellte sich
knapp vor und begann dann mit der Befragung.
    «Herr Sanderson, wir haben Grund zu der Annahme, dass jemand mit
Herrn Rosenackers Fahrzeug in der Nähe des Fundorts der Leichen war. Waren Sie
mit dem Wagen in letzter Zeit bei den Felsen?»
    «Das habe ich Frau Lindemann schon gesagt. Ich habe immer auf Hohen
Rätien geparkt und bin dann gewandert», sagte der Australier.
    «Wo waren Sie in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag?»
    «Hier, ich gehe abends eigentlich nie weg.»
    «Gibt es dafür Zeugen?»
    «Herrn Rosenacker, Rúna und Jean.»
    «Rúna? Jean?»
    «Rúna Hauksdóttir und Jean Redolfi, zwei Gäste», erklärte Sabina.
    «Und diese Personen können bezeugen, dass Sie den ganzen Abend und
die Nacht über hier waren?»
    «Nein, natürlich nicht. Nur bis etwa einundzwanzig Uhr», sagte
Sanderson.
    Das deckte sich mit der Aussage von Rosenacker.
    «Gut, Herr Sanderson, dann sagen Sie bitte Herrn Redolfi, dass wir
auf ihn warten.»
    «Yes, Sir», sagte Sanderson, dem es
offensichtlich missfiel, wie ein Krimineller behandelt zu werden.
    «Danke», sagte Sabina. «Ach, eins noch …»
    «Ja?»
    «Welche Schuhgrösse haben Sie?»
    «Neun Komma fünf», sagte er, «Sie sagen hier dreiundvierzig,
glaube ich.» Er nahm sich ein paar Kekse mit und wünschte den Polizisten viel
Erfolg bei der Ermittlung.
    «Und?», meinte Sabina mit fragendem Blick, als Sanderson den Raum
verlassen hatte. Malfazi schüttelte den Kopf. «Der ist vermutlich wegen den
Felsen hier und nicht, um jemanden darauf zu opfern. Schauen wir mal, was die
anderen Herrschaften sagen.»
    Jean Redolfi war ein sehniger Mann von etwa fünfundvierzig Jahren.
Dunkle, fast schwarze Augen; zerfurchtes, hageres Gesicht, die wenigen Haare
kurz rasiert. Er wirkte vergeistigt, fast weltabgewandt. Sein Deutsch, das er
langsam sprach, hatte einen leichten Akzent. Er beachtete die Kekse nicht, die
auf dem Tisch standen.
    «Herr Redolfi, waren Sie in letzter Zeit bei den Felsen von
Carschenna?», fragte Malfazi.
    «Ich bin einmal oben gewesen. Es ist sehr inspirierend dort.»
    «Wie sind Sie denn hochgekommen?»
    «Ich habe das Auto vom Schloss genommen und bin bis nach Hohen
Rätien gefahren. Herr Rosenacker hat eine Sondergenehmigung für die
Schotterstrasse.»
    «Kann denn jeder Gast einfach den Wagen nehmen?»
    «Ja, der Schlüssel hängt in der Teeküche, man trägt sich in eine
Liste ein. Das ist sehr vorteilhaft.»
    Redolfi wählte jedes seiner Worte bewusst. Die Ernsthaftigkeit, die
von ihm ausging, zog alle Aufmerksamkeit auf sich.
    «Ich geh runter und hol die Liste aus der Teeküche», sagte Sabina.
Mit einer Handbewegung bedeutete sie Malfazi, die Befragung ohne sie
fortzuführen.
    Im Erdgeschoss kam sie erst ins Esszimmer, dann ins Musikzimmer. In
beiden atmete sie den Duft von Geschichte, ein Aroma, das von vielen
Jahrhunderten erzählte. Von heissen, lichten Sommertagen und von dunklen,
kalten Wintern. Das alte Klavier mit den Kerzenleuchtern stand vor ihr wie eine
romantische Vision. Die Gambe, die an der Wand lehnte, schien dem Hier und
Jetzt vor langer Zeit entschlafen zu sein. Als sie die dritte Türklinke
drückte, lag sie endlich richtig. Der Koch schälte gerade Karotten und schaute
überrascht zu ihr.
    «Ich suche die Teeküche», sagte Sabina.
    «Gleich

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