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Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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Sanitätern stehen, die den Mann auf der Treppe umgaben, an ihm herumhantierten und ihm eine Infusion anhängten.
    «Ach du Scheiße», hörte sie jemanden entgeistert sagen.
    «Haben Sie denn auch die Polizei verständigt?», fragte der Arzt. Der Verletzte wurde gerade auf der Bahre fortgetragen, und Mahdere versuchte, nicht so genau hinzusehen. Da war plötzlich noch mehr Blut. Woher kam bloß das ganze Blut?
    «Ich weiß nicht», antwortete sie. «Ich hatte die Notrufnummer gewählt.»
    Draußen waren neuerlich Sirenen zu hören. «Ach, gut, da kommt die Polizei», sagte der Arzt und verschwand als Letzter der Prozession nach draußen.
    Endlich allein. Mahdere Grafton atmete tief durch, vermied den Blick auf die besudelte Treppe und betrat das riesige Arbeitszimmer ihres Mannes (er nannte es
«study»
), von wo sie in der plötzlichen Stille laut den Regen prasseln hörte. Da musste doch ein offenes Fenster sein.
    Es war die Terrassentür, die offen stand. Nicht weit davon entfernt, am Schreibtisch, hing vornübergebeugt mit dem Kopf auf der Tischplatte eine Person im Bürosessel. Nur stimmte mit dem Kopf etwas nicht. Die Hälfte fehlte. Bei dem, was übrig war, klaffte neben lockigen braunen Haaren blutrote und graubraune Hirnmasse.
    Mahdere Grafton wankte so schnell wieder aus dem Zimmer, wie sie gekommen war. Eigentlich wollte sie schreien, aber es kam kein Ton, ihr war speiübel. Gott sei Dank schaffte sie es bis raus auf die Straße, und da kamen ihr schon erstens zwei uniformierte Polizisten und zweitens ihr Mann entgegen. Sie stützte sich mit beiden Armen auf die Motorhaube eines geparkten Autos und versuchte, ihren Magen unter Kontrolle zu bringen. «Frau Tamm», sagte sie ohne nähere Erläuterung, als die anderen sie fragend umringten. «Im Arbeitszimmer», brachte sie dann noch raus, bevor ihr schwarz vor Augen wurde und sie zusammensackte.
    ***
    Als ihre Sinne wiederkehrten, befand sie sich in den Armen ihres Mannes, der sie trug wie ein Baby, leider wieder ins Haus hinein, wo sie partout nicht hinwollte. Zum Glück war ihr wenigstens nicht mehr schlecht. Einer der Polizisten trat ihnen in den Weg, mit erhobenen Händen, die «stopp» sagten.
    «Tut mir leid, aber Sie müssen erst mal woanders hingehen, die Frau da drin ist tot, und wir müssen hier absperren, Tatortsicherung, Sie verstehen.»
    «Junger Mann», röhrte Grafton, «wissen Sie überhaupt, wer ich bin? Mein Name ist Lord Professor Dr. Grafton, Viscount of Blaby, und Sie werden mir nicht verbieten, die Küche meines eigenen Hauses zu betreten und meiner Frau einen Tee zu machen.» Mit der Überzeugungskraft seiner hundert Kilo Körpergewicht bei eins neunzig Körpergröße schob sich Grafton mit seiner Frau im Arm an dem schmächtigen Polizisten vorbei. «Mist, jetzt isser drin», hörte Mahdere Grafton durch die Tür, als ihr Mann sie sanft auf einem Küchenstuhl absetzte. Der andere, ebenfalls junge Polizist kommentierte: «Sag mal, wie ist’n das eigentlich in so einem Fall? Ist jetzt automatisch das ganze Haus Tatort oder bloß das Zimmer, wo die Tat auch stattgefunden hat, und die Zugänge?»
    «Frag mich nicht. Aber durch den Zugang ist er ja eben gekommen.»
    ***
    «Herr Winter, ich habe schlechte Nachrichten für Sie», verkündete Fock durchs Telefon. «Da ist gerade eine höchst delikate Geschichte reingekommen. Höchst delikat. Eine Tote und ein Schwerverletzter in einer Professorenvilla im Westend. Die meisten Kollegen haben ja derzeit mit der Dippemess-Geschichte zu tun … Jedenfalls, bei den vielen Extraaufgaben haben wir nur wenige Mitarbeiter, die wir voll in diese neue Sache einbinden können. Ich lese Ihnen mal vor, wer derzeit keine Aufgaben bei der Dippemess-SoKo hat: Das sind Sie, Kollege Glocke und Kollege Ziering, und von der MK   2 Jürgen Musso und die neue türkische Dame. Mein Auftrag an Sie ist, aus diesen Kollegen eine SoKo für den Professorenfall zu bilden. Mit anderen Worten, Sie müssen jetzt in den sauren Apfel beißen und mit dieser Aksoy zusammenarbeiten.»
    «Alles klar, Chef. Und noch mal, mit der Kollegin Aksoy hab ich kein Problem.» Jedenfalls nicht auf die Weise, die Fock im Sinn hatte.
    Nur hatte dank Focks unmöglicher Indiskretion Aksoy neuerdings ein Problem mit Winter. Sie mied ihn nach wie vor. Und von der warmen, intimen Atmosphäre, die er in den Monaten zuvor jedes Mal empfunden hatte, wenn sie sich begegneten, war keine Spur mehr. Immerhin hielt Winter Aksoy für zu professionell, als

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