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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Bliefert
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schon mal behaupten, dein schwerreiches Adoptivtöchterlein habe dich am 28. Juli um…« – er warf einen Blick auf seine Armbanduhr – »… kurz nach Mitternacht putzmunter angerufen: Hallo, Papa, mach dir keine Sorgen, ich bin mit meinem Lover durchgebrannt und werd mich bis auf Weiteres nicht mehr melden!« Er zuckte erneut die Achseln. »So, wie die Kleine drauf ist, kann sie im Zweifelsfall stundenlang behaupten, das wär gelogen. Ihr glaubt doch eh keiner mehr; dafür hast du ja bereits gesorgt.«
    Â»Und wenn sie sich tatsächlich nicht mehr meldet? Was wird dann mit dem Haus und allem?« Gräthers Gesichtsfarbe wechselte zu einem ungesunden Tiefrot, während er sich weiter ereiferte. »Schließlich kann sie ab nächsten Monat über alles selbst verfügen! Sogar ohne noch mal aufzutauchen! Von sonst woher! Mensch, Klaus, wenn sie die Villa als Tagungsort oder als Museum oder für sonst einen bescheuerten Zweck an irgend ’nen gemeinnützigen Verein verschenkt, dann kann ich einpacken! Dann kann ich nach der Aktienpleite letztes Jahr den Laden dicht machen!«
    Behrens schlug seinem Freund beruhigend auf die Schulter.
    Â»Reg dich ab, Junge! Vorerst kann dich kein Gesetz der Welt aus der Villa rausschmeißen oder dir die Vermögensverwaltung streitig machen. Wo kein Kläger, da kein Richter! Solange die Kleine nicht wieder auftaucht, kann dir absolut nichts passieren!«
    Â»Das heißt, ich kann nur hoffen, dass sie…«
    Â»Ja. Im besten Fall knallt sie mit ihrem Lover vor den nächsten Alleebaum.«
    Â»Und im schlechtesten?«
    Â»Musst du dir halt was einfallen lassen.«
    Nach einigen vergeblichen Versuchen hatten Anatol und Malin es geschafft, die Zwischentür zum hinteren Teil des Hauses mithilfe einer aus der Küche stibitzten Kuchengabel zu öffnen.
    Die Tür führte in einen Raum mit einer großzügigen Terrasse und einem separaten Eingang; offenbar wurde er als eine Art Warte- oder Vorzimmer genutzt: Zwei hochmoderne Ledersofas flankierten einen Glastisch mit sorgfältig angeordneten Immobilien- und Lifestyle-Magazinen. »Helmut ist Vermögensberater, weißt du? Wenn er nicht unterwegs ist, arbeitet er zu Hause.«
    Auch hier bedeckten dicke Teppiche den Boden. Neben dem Kamin stand eine antike Kommode mit einer riesigen, eiförmigen Deckelvase aus Porzellan.
    Malin zuckte die Achseln. »Kontraste beleben das Erscheinungsbild, behauptet Helmuts Innenarchitektin. Mein Geschmack ist es jedenfalls nicht.« Sie tippte auf das Bild, das – umgeben von vergoldeten Schnörkeln – in der Mitte der Vase aufgemalt war. » Landschaft mit Schäfer und Schäferin. Frankreich, achtzehntes Jahrhundert. Grauenvoll, oder?«
    Anatol öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch ein plötzliches Geräusch ließ ihn mitten in der Bewegung erstarren.
    Tapp-tapp-tapp!, klang es in rascher Abfolge ein paar Mal hintereinander. Dann war es wieder still.
    Â»Was war das?« Malin klopfte das Herz bis zum Hals.
    Â»Hat sich angehört wie …« Anatol lauschte erneut, bevor er weitersprach, »… wie der Flügelschlag von irgend ’nem Vogel. Taube oder so.«
    Das klang nicht sonderlich überzeugend. Als sich jedoch nach einer kleinen Ewigkeit immer noch nichts im Haus zu regen schien, legte Malin den Finger an die Lippen und deutete auf die gegenüberliegende Tür. »Scheint tatsächlich ’n Vogel gewesen zu sein. Also komm«, flüsterte sie, »so kurz vorm Ziel aufzugeben, wäre ja Wahnsinn.«
    Der Safe stammte aus der gleichen Entstehungszeit wie die Villa: ein gewaltiges, mittels mehrerer Lackschichten auf Holzoptik getrimmtes Metall-Ungetüm der Firma Pfeuffer & Co., perfekt restauriert und weitaus beeindruckender als jeder moderne, mit Zahlenkombi versehene Wandtresor.
    Malin begann, im Schein der Taschenlampe die Schreibtischschubladen zu durchsuchen. »Helmut hat keine Ahnung, dass ich weiß, wo er den Schlüssel versteckt. Er benutzt den alten Geldschrank nur für Papiere und private Unterlagen. Bis jetzt gab es also keinen Grund für allzu große Sicherheitsvorkehrungen.«
    Â»Psst!«
    Da war es wieder! Und diesmal waren es eindeutig Schritte! Geistesgegenwärtig machte Anatol die Taschenlampe aus.
    Die beiden lauschten mit angehaltenem Atem.
    Tapp-tapp-tapp… Holzdielen knarrten.
    Das Geräusch war Malin

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