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Schattenherz - Fesseln der Dunkelheit

Schattenherz - Fesseln der Dunkelheit

Titel: Schattenherz - Fesseln der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Winter
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denken. Und ich tue es nicht. Zum Glück ist es so schummrig im Raum, dass er nicht sehen kann, wie ich erröte.
    „ Lass uns erst aufessen“, schlägt er vor und schiebt mir ein weiteres Stück Melone zu. Irritiert sehe ich ihn an. „Sag mir nicht, dass du schon wieder satt bist. Ich hatte mal ein Meerschweinchen, das mehr gegessen hat.“
    Seine Gedanken sind jedenfalls woanders. Ich glaube ihm nicht, dass sein Meerschweinchen mehr essen konnte.
    „Klingt nach einem mutierten Haustier“, murmle ich und esse einen Bissen.
    „ Nicht doch, auf Acramantus lasse ich nichts kommen.“
    Ich verschlucke mich fast. „Acramantus? Hört sich eher nach einem Schwarzmagier an. Wir reden aber schon von einem Nagetier, oder?“
    Er grinst mich schelmisch an. „Er war nicht irgendein Nager. Er war mein Nager.“
    „ Bloß gut, dass er nicht verstand, wie man ihn nannte“, murmle ich.
    Konstantin hebt ironisch eine Braue. „Sicher hätte er lieber Krümel oder Pausbacke geheißen.“
    „Also wer von uns beiden hat jetzt Probleme mit Namen?“, meine ich flapsig, bevor ich darüber nachdenken kann, dass man Witze über Vampire nicht unbedingt bei Vampiren macht. Als seine Augen sich weiten, füge ich sofort ein „Tut mir leid“ an.
    „ Ist das eine dieser unnötigen Entschuldigungen?“, fragt er und schiebt sein Tablett auf die Seite.
    „ Auf keinen Fall.“ Hektisch zeige ich zum Tablett, denn ich kann ihn unmöglich in seinem Bett küssen. „Ich würde noch mehr Schinken nehmen.“
    „ Ich haue dich richtig aus den Latschen, wenn ich dich küsse, wie?“, tuschelt er. Er reicht mir etwas vom Teller. „Mag Schinken lieber. Das ist ein herber Schlag.“ Er spricht wie zu sich selbst.
    „ Ich wollte nicht…“, setze ich an.
    „ Wenn du dich jetzt entschuldigst“, warnt er und hebt einen Finger, „liegst du schneller in diesem Bett“, er bohrt den Finger demonstrativ in die Matratze, „als du fertig sprechen kannst. Du brauchst nicht um Verzeihung bitten, wenn wir Scherze machen. Ich bin froh, dass du es tust und mich nicht so verkrampft behandelst, wie deine Tante. Ich will, dass du offen bist.“
    Ja, es haut mich aus den Latschen, wenn wir uns küssen, denke ich.
    Ich bringe es nicht über mich, diesen Satz zu sagen. Wir essen fertig und es schmeckt köstlich. Schließlich sagt er: „Lass das Tablett ruhig stehen. Ich ziehe mir schnell etwas über.“
    Ich starre ihn kurz an, als mir klar wird, was er sagt und fliehe förmlich aus seinem Schlafbereich. Soll das heißen, er war die ganze Zeit nackt unter dem Bettzeug?! Und trotzdem hätte er mich für eine weitere Entschuldigung in sein Bett gezerrt?
    Ich bin ziemlich durcheinander und versuche einzuordnen, wie ich das gefunden hätte. Tatsächlich weiß ich es einfach nicht. Einerseits bin ich erleichtert, andererseits enttäuscht.
    „Die Treppe ist gleich hier“, sagt er und steht plötzlich hinter mir.
    Ich drehe mich um und er ist bekleidet. Freizeithosen und ein Kaschmirpullover. Deutlich legerer als gestern mit seinem formellen Anzug. Er führt mich um eine Nische herum, hinter der sich die Treppe auftut. Elegant wendelt sie sich nach oben, puristische Metallstufen ohne Gold oder teuren Stein.
    Der Ausblick aus den Fenstern, die immer wieder in den Wänden auftauchen, ist atemberaubend schön. Der See liegt tief unter uns, der Park wirkt plötzlich übersichtlich, Bäume und Felder erstrecken sich vom Grundstück fort hinein in die Schwärze des aufgezogenen Abends. In der Ferne ragt die Stadt als Lichtermeer auf. Aus einer anderen Sicht liegen die Hügel als schattige Gebilde vor mir und ein kleiner Fluss schlängelt sich silbrig durchs Gelände, gesäumt von den schwarzen Konturen der Büsche und Bäume. Es ist spektakulär. Hundert Mal schöner als bei meiner Tante.
    Als wir den Turm erklommen haben, befinden wir uns in einem märchenhaften Raum, der viel bescheidener anmutet, als der Prunk unterer Etagen. Doch das runde Zimmer, das die ganze Turmfläche einnimmt und kaum aus Wänden, sondern gefühlt nur aus Glas besteht, ist so idyllisch mit seinem Holzboden und den gespannten Balken an der Decke, dass es mich viel mehr einlädt, als all der Marmor.
    Es vermittelt ein Gefühl von Freiheit. Im Raum stehen kaum Möbel, nur ein breites Sofa mit Beistelltisch und einem gemütlichen Fell am Boden. Nichts in dem Zimmer lenkt von der Aussicht ab. Hier könnte ich stundenlang verweilen, Melodien summen, tanzen, lesen und einfach nur hinaus

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