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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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sah sie, wie zwei gekrümmte Gestalten inmitten der Trümmer Form annahmen, wie Ringer, dachte sie zunächst.
    Doch nein, entschied sie, sie wanden sich wie Männer, die unter größten Mühen kriechend die letzten paar Meter einer langen und schwierigen Reise zurücklegten.
    Das eine waren die dunklen Umrisse des halb mit Asche bedeckten Flammenwebers.
    Neben ihm sah man eine größere Gestalt, die eines
    dunkelhaarigen Mannes mit einer zottigen Mähne aus
    lockigem Haar. Allerdings verstrahlte er ein reines blaues Licht, als wäre er aus Kristall. Flammen spielten züngelnd über seine Haut.
    Der schwerfällige Kerl erhob sich wankend auf die Beine und breitete glitzernde, leuchtende Flügel aus. Blitze schienen über seine Stirn zu zucken und glühten voller Grimm in seinen Augen.
    Überall in den Reihen von Raj Ahtens Truppen stießen kampferprobte Soldaten überraschte Schreie aus, während Kampfhunde vor Entsetzen knurrend zurückwichen.
    »Bei den Mächten«, rief Gaborn, »er hat einen Glorreichen beschworen!«
    Doch was für einen Glorreichen? überlegte Iome. Denn in alten Zeiten hieß es, bei der Schlacht am Vaderleepaß habe der Erdkönig Erden Geborn einst mit einem Glorreichen zu seiner Rechten und einem weiteren zu seiner Linken gekämpft. Es hieß, als Gegner seien sie unbezwingbar. Sie hatte sie für Freunde der Menschheit gehalten.
    Dieser junge Kerl jedoch hatte einen zerstörerischen Blick in den Augen, als er seine Flügel um die Schultern legte und sich das Licht, das er verströmte, in einen Abgrund tiefster Finsternis verwandelte.
    »Laßt Euch nicht täuschen«, sagte Binnesman. »Er ist nicht wie die Glorreichen, die in den alten Legenden verehrt werden. Er ist ein Glorreicher der Finsternis. Dieses Geschöpf kommt, um einen Erdkönig zu töten, nicht um einen zu unterstützen.«
    »Und wann?« fragte Gaborn. »Wann wird er kommen?«
    Binnesman trat zu einem Schreibtisch und nahm einen dicken Wälzer zur Hand, ein illustriertes Manuskript, das die verschiedensten Kreaturen darstellte. Er blätterte in seinem Bestiarium bis zu den Seiten, die sich mit Geschöpfen aus der Unterwelt befaßten. Über Glorreiche der Finsternis gab es nur karge Aufzeichnungen, und selbst eine grobe Zeichnung fehlte. Offensichtlich hielten die Weisen es für ein reines Geschöpf der Legenden.
    »Es handelt sich um ein Geschöpf der Luft und der
    Finsternis«, erläuterte Binnesman. »Es wird zu Euch geflogen kommen und mit seinem Angriff höchstwahrscheinlich
    warten, bis es Nacht ist. Aber morgen nacht ist es soweit, oder in der Nacht darauf. Es wird kommen.«
    »Was soll ich tun?« fragte Gaborn.
    Binnesman antwortete nicht, sondern las stirnrunzelnd den Eintrag über Glorreiche der Finsternis. Iome sah, daß er keine Antwort wußte.
    Der Zauberer murmelte: »Dieser Raj Ahten ist ein Narr, in diesem Augenblick ein solches Ungeheuer freizusetzen.«
    Binnesman kniete neben seinen Kristallen, verschob eins um die Breite eines Haares und veränderte seinen Blickwinkel, so daß er Raj Ahtens Armee besser in Augenschein nehmen konnte.
    Eine ganze Weile starrte er darauf, dann fragte er Gaborn:
    »Raj Ahten selbst kann ich nirgendwo erkennen. Wo könnte er stecken?«
    Gaborn betrachtete das Bild ebenfalls. »Dort ist es dunkel.
    Vielleicht befindet er sich im Schatten, irgendwo in der Nähe der Nachhut.«
    »Nein«, erwiderte Binnesman. »Er ist sicher in der
    vordersten Reihe, um seinen neuen Botschafter zu begrüßen.
    Er ist verschwunden. Er hat sich aus irgendeinem Grund von seiner Hauptarmee getrennt.«
    »Aber warum?« fragte Gaborn. »Könnt Ihr ihn finden?«
    Binnesman schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn. »Das bezweifle ich. Eine Armee oder ein Vulkan sind leicht auszumachen. Aber ein einzelner Mann, der durch die Nacht reitet? Das kann Tage dauern, außerdem bin ich erschöpft.«
    Binnesman kehrte den Sehersteinen den Rücken zu, und das Bild verblaßte gänzlich, wenn auch die leuchtenden Kristalle im Raum noch ein wenig Licht spendeten. Bei dieser Beleuchtung wirkte er gebeugt und geschunden. Noch eine Woche zuvor war sein Gewand so grün gewesen wie Blätter im Hochsommer. Doch dann hatte er versucht, einen Wylde herbeizurufen, ein Geschöpf der Erde, das seine Kräfte stärken sollte. Unglücklicherweise war der Wylde verlorengegangen, und jetzt war Binnesman matt und geschwächt.
    Sein Blick wirkte starr und mürrisch. »Ich habe mir die Vulkane genau angesehen«, meinte er, »und versucht, den

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