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Schattenjagd

Schattenjagd

Titel: Schattenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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Anwort.
    Perrys Miene veränderte sich nicht, aber dennoch fuhr ich wie unter einem Hieb zusammen. „Ach, jetzt hör schon auf.“ Er klang genervt. „Der Kerl wird dir noch früh genug langweilig werden. Kannst du aufstehen?“
    Nichts auf der Welt kann mich davon abhalten, es wenigstens zu versuchen. „Tanzen … fällt aus“, bekam ich mit belegter, halb erstickter Stimme hin, die sich so gar nicht nach meiner eigenen anhörte. „Fürs Erste.“
    Er lachte doch tatsächlich, ein gruseliges, fröhliches kleines Gackern. „Tapfer bis zum Letzten. Na komm, ich helfe dir hoch.“
    Das Knurren der Werwesen war verstummt, übrig waren nur Stöhnen und das leise Grollen von immer noch aufgebrachten Gestaltwandlern. Offensichtlich war die Schlacht gewonnen. Perry legte mir einen Arm um die Schultern und stützte mich, hob mich mit Leichtigkeit hoch. Für ein Mädchen bin ich ziemlich groß und muskulös, aber er ging mit mir um, als bestünde ich aus Stroh.
    Oder aus gesponnenem Glas.
    „Einen Moment.“ Damit legte er die Finger um das Metall der rechten Handschelle, packte zu und zog. Er zerriss das Eisen wie Pappe und befreite meinen Arm. Dann schloss sich sein warmer Griff um mein Handgelenk, und die Narbe fing an zu pulsieren. Ich ließ den Kopf auf seine Schulter sinken. „So, das hätten wir. Ist doch gleich besser, nicht?“ Der teure, hochwertige Stoff seines Anzugs, auf dem meine Wange ruhte, war angenehm. Und ich spürte, wie die Muskeln darunter sich bewegten, während er mir über den Kopf streichelte. Wärme durchflutete mich, wie Wein ergoss sich neue Stärke in mein geschundenes Fleisch. Es war eine ungesunde Kraft, wie von Aufputschmitteln, die sich in meinem Kreislauf ausbreitete -aber ich nahm sie dankend an.
    Perry stieß ein Seufzen aus. „Entspann dich einfach.“
    Ein herrliches, wundervolles Gefühl von Sicherheit überkam mich. „Saul“, murmelte ich.
    „Der Katze geht es bestens, mein Kleines. Keine Sorge. Wir haben die kleine Unannehmlichkeit abgewendet. Ich meine, es ist angebracht, die Bedingungen für deine Besuche bei mir neu zu verhandeln, findest du nicht auch? Jetzt komm. Lauf. Du kannst laufen.“
    „K-Ketten …“ Ich wollte ihm sagen, dass er auch die anderen abnehmen sollte.
    „Warum behältst du sie nicht als Mahnung“, gab er unerbittlich zurück. „Du hättest auf mich hören sollen, Kiss. Du hast dir eine Menge Schulden eingehandelt.“
    „Ist ja … beschissen romantisch.“ Ein bisschen Humor konnte nicht schaden. In meinem Kopf ging alles drunter und drüber, während mein Hirn zwischen unwirklichen chaldäischen Obszönitäten, die in unsere Welt eindringen wollten, und normalem, gesundem Alltagsgeschehen hin und her hüpfte.
    Vielleicht war das normal für eine Jägerin.
    „Man hat mich noch nie bezichtigt, romantisch zu sein.“ Perry grub seine Finger tief in meinen Arm, während er mich stützte – ein bisschen mehr Druck und es würde blaue Flecken geben.
    Überall im Raum verstreut lagen blutende menschliche Hüllen in Samtroben. Die fließenden Golddrähte der Neun Siegel und der drei Kreise standen still, waren verblasst und nutzlos. Ein schwarzer Pfad zog sich hindurch – dort, wo Perry sich durch die Kreise und das Pentagramm einen Weg ins Zentrum gebahnt und Inez’ sorgfältig vorbereitetes Werk einfach zerstört hatte.
    All die Arbeit, all diese Leben, was für eine Verschwendung. Völlig erschöpft ließ ich mich von Perry mitziehen, eiserne Ringe und abgerissene Ketten schleiften lieblich klimpernd über den Fels.
    In den Schatten standen Werwesen, ein ganzer Trupp. Unter ihnen sah ich vier Löwinnen vom Norte-Luz-Rudel, zwei Geparden – beides Schamanen von der Anferi-Konföderation -und dann war da noch Saul mit zwei weiteren Werpumas. Seltsamerweise war auch Theron aus dem Micky’s dabei, dessen dunkle Augen im Zwielicht der Kerzen orangefarben glühten. Einige der Kerzen waren umgestoßen, und gerade war jemand dabei, die Kohlenfeuer zu löschen. Selbstverständlich machte der Geruch die Werwesen nervös. Auch einen Werfalken mit aufgeplusterten fedrigen Haaren sah ich, der die Ecken und Ausläufer des Gewölbes in Augenschein nahm und die Hände auf der Suche nach Geheimtüren über die Wände gleiten ließ.
    Wo sind sie alle hergekommen? Ich wollte nicht, dass sie mit reingezogen werden, die Sorrow sind gefährlich für Werwesen.
    Saul trat auf uns zu, und die Luft um ihn knisterte regelrecht vor Wut. Er hielt nicht einmal inne, um

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