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Schattenjagd

Schattenjagd

Titel: Schattenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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Hänger baumelten. Ihr kurzes glattes Haar war gescheckt und fedrig. Wie bei den meisten Wer-Schamanen waren ihre Arme nackt, bis auf Spangen, die ihren fein definierten Bizeps umschlossen. Die Tätowierung auf ihrer linken Schulter bewegte sich unter der Haut – die gezeichneten Umrisse waren ebenso lebendig, wie die goldenen Drähte in Decke und Boden noch vor Kurzem gewesen waren.
    Übelkeit stieg in mir auf. Anscheinend war ich mir doch noch nicht sicher, ob ich es überlebt hatte. Saul war warm, solide und real, aber alles andere verschwamm mir wie ein Traum vor den Augen. Die Welt schien hinter einem milchigen Schleier zu verschwinden. Aber ich durfte mich dieser Schockstarre nicht hingeben. Jetzt ohnmächtig zu werden wäre zu gefährlich. Mit letzter Kraft klammerte ich mich an mein Bewusstsein. Ich musste erst Gewissheit haben.
    Zwei der Sorrow waren noch am Leben. Eine davon war Inez Germaine, deren dunkelrote Mähne zerzaust und voller Blut war. Sie kaute auf einem Lederknebel herum, während Theron die letzten Handgriffe an ihren Fußfesseln tätigte. Er knurrte sie an und fletschte die Zähne. Währenddessen war der andere Geparden-Schamane – ein Männchen, dessen scheckiges Haar zu zwei Büscheln hochgesteckt war – mit der zweiten Sorrow beschäftigt. Behutsam hielt er ihr Gesicht in beiden Händen.
    „Geh in Frieden“, hauchte er und machte einen schnellen Ruck. Das Knacken erfüllte den ganzen Raum.
    Und wieder wurde mir schlecht. Noch mehr Tod. Himmel …
    Theron griff nach Inez’ Kopf.
    „Warte“, mischte sich Perry ein. „Gib ihr eine Kanone, Saul.“
    „Hast du jetzt völlig den Verstand …“
    „Doch nicht Inez“, schnitt ich Saul, der automatisch aufbegehrte, krächzend das Wort ab. Mein Kopf schwankte von einer Seite zur anderen, doch ich raffte meine angeschlagenen Kräfte zusammen. Hörte Bewegung, geschmeidige Katzenpfoten, die über den Boden tapsten. Ganz egal, wie groß dieser Ort auch war, sie würden jeden Winkel durchsuchen. Seid vorsichtig! Hier könnten überall kleine Fallen lauern, immerhin ist es ein Sorrows-Haus. Direkt unter der Müllhalde von Santa Luz. Perfekt, einfach perfekt. Kein Wunder, dass es überall so dermaßen stank. Wie haben Saul und die anderen mich hier nur gefunden? „Er meint, du sollst mir eine Pistole geben, und der Meinung bin ich auch.“ Ein neuerlicher Hustenanfall unterbrach mich, dieses tiefe Rasseln gefiel mir nicht unbedingt.
    Nicht mehr lange, und das wird richtig wehtun. Aber noch stand ich unter Schock, war völlig neben mir und sah wie von außen zu, wie diese halbnackte Frau mit den eingefallenen Wangen, den geprellten Knöcheln und dem langen schwarzen Haar, dem das gewohnte Silber fehlte, neben Saul stand und schwankte. Er stützte mich, griff dann an seine Seite und zog seine SIG Sauer aus dem Holster.
    „Wird die reichen?“, fragte er, und Tränen stiegen mir in die Augen, die ich mir verdrückte. Oh, Saul. Dem Himmel sei Dank, dass es dich gibt. Würde ich jetzt anfangen zu weinen, dann könnte ich mir das Lachen nicht verkneifen, und wenn ich zu lachen anfing, würde ich bald kreischen – und würde ich erst einmal kreischen und schreien, könnte ich so lange nicht mehr aufhören, bis ich entweder besinnungslos werden oder mich selbst bewusstlos schlagen würde. Also nickte ich nur und griff nach der Waffe. Schloss die Finger um die schwere Kanone.
    Die Narbe pochte, und kalte Luft küsste meine schutzlose Haut. Meine Knie waren ganz weich – die Kraft, die mir Perry geborgt hatte, reichte nicht, um den tiefen Brunnen der Erschöpfung aufzufüllen. Das Gewicht der Pistole in der Hand, schob ich mich aus Sauls Umarmung und machte mich auf wackligen Beinen – wie ein neugeborenes Fohlen – auf zu der Gestalt im schwarzen Samt mit den strubbeligen, verklebten weinroten Haaren.
    Ihr schwarzer Blick traf meinen. Sie rieb die Handgelenke gegeneinander, versuchte die Fesseln, die der Wer geknotet hatte, zu lösen. Na, viel Glück! – Wenn ein Wer einen Knoten bindet, dann hält er, und zwar eisern.
    Zumindest meistens.
    Ich bebte. Ein Schauer nach dem anderen jagte durch mich hindurch, jeder eine fiebrig-warme Welle falscher Kraft, ausgesandt von dem prickelnden, wulstigen Mal über meinem Puls. Ich blickte auf Inez herab, die abgerissenen Kettenstücke, die noch immer an meinen Füßen saßen, bewegten sich leise scheppernd über den Boden.
    Dann hob ich die Pistole. Zielte. Genau zwischen diese beschissenen schwarzen

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