Schattenjagd
suchen. Überleg mal und sag mir, wem du alles davon erzählt hast. Alle.“
Das tat er dann auch, und die Liste war enttäuschend lang und vage. Zum Schluss meinte er: „Dieser Typ, der immer auf dem Plaskeny Square rumhängt, mit den blauen Haaren und den Ringen in der Nase. Großer Junge. Ihm hab ich auch davon erzählt. Das sind dann alle.“
Das ist alles? Oh Mann, das wird echt immer besser.
„Sag ihr, was du mir berichtet hast“, fiel Saul ein. „Was diese Frau gesagt hat.“
„Stimmt, klar doch! Hätt ich fast vergessen.“ Seine Trauermiene hellte sich auf. „Klang wie Französisch.“
Häh? „Französisch?“
„Hab auf der Schule mal vier Jahre lang Französisch gehabt. Glaub, das war, was sie gesprochen hat. Irgendwas von … na ja, scheiße, ich bin total eingerostet. Aber ich schwöre, es war Französisch.“
„Französisch also“, nickte ich, während mein Kopf noch immer auf Sauls Schulter ruhte. Auf einmal war ich unglaublich müde. Das ist typisch, wenn man dem sicheren Tod so haarscharf von der Schippe gesprungen ist. Wenn das Adrenalin und der Appetit auf Sex erst mal nachlassen, bleibt nichts mehr außer totaler Erschöpfung, als wäre jeder Muskel aus Blei. „Okay.“
Herrlich. Eine Tussi, die Französisch spricht und eine modische Frisur trägt, mehrfacher Mord, wobei der nächste nur eine Frage der Zeit ist, und ein Vieh, das so tough ist, dass es sogar Perry Angst einjagt. Und dann wäre da natürlich noch der Umstand, dass Perry vermutlich mehr weiß, als er zugibt. Einen Moment lang schloss ich die Augen und lauschte dem Geklimper von Glas, das von der Bar drang, dem Klappern von Besteck, dem Stimmengewirr aus dem nahen Restaurant und den Geräuschen von Wasser und brutzelnden Pfannen aus der Küche. Eine der Kellnerinnen stimmte in ein Lied von Bonnie Raitt ein, das aus den Lautsprechern an der Bar drang: Give thern something to talk about, a little mystery to figure out.
So ein Zufall. Wieder bekam ich ein bisschen Hilfe.
Saul neben mir fühlte sich warm und solide an, fest hielt er mich im Arm und ließ nicht los, bis ich die Augen wieder öffnete und mich zur Seite lehnte.
Alles, was ich jetzt noch wollte, war heimgehen und schlafen.
13
Saul brach zusammen, und seine Hüftknochen gruben sich in die weiche Innenseite meiner Schenkel, während er einen kurzen Moment lang locker auf mir lag. Das Tattoo weit oben auf meinem rechten Oberschenkel bewegte sich und kitzelte mich wie mit Flügeln unter der Haut. Ich küsste Sauls Kinn, bis ich seinen Mund wiederfand. Er schmeckte nach Nacht, Kälte, Wildheit und dem Scotch, von dem ich vier Schluck genommen hatte, bevor Saul seine Arme um meine Taille geschlungen und mich ins Bett gezerrt hatte.
Noch immer war mein Haar feucht, die Talismane darin sangen leise und mein Becken drückte sich nach oben, während sich abermals das tosende Feuer eines Orgasmus in mich ergoss. Der dritte war immer der beste. Ich keuchte in Sauls Mund und hörte, wie er vor Befriedigung ein dumpfes Grollen anstimmte, ein Schnurren, das jede Zelle und jeden Knochen erbeben ließ und auch den letzten Anflug von Angst verscheuchte. Schweiß, der sich mit Duschwasser vermischte, Sauls Geruch nach Ivory-Seife und tierischem Moschus ergaben ein angenehmes Gebräu.
„Schhhh“, flüsterte er gegen meinen Mund. „Ganz ruhig, Kätzchen. Alles ist gut.“
Ich beruhigte mich und atmete noch mehr Luft ein, die mit seinem Atem gewürzt war. Auf die Ellbogen gestützt küsste er mich auf die Wange, dann auf die Stirn und wieder auf den Mund.
Wie üblich wollte er mich nicht loslassen, liebkoste mein Kinn und meinen Hals und nagte zärtlich mit den Zähnen an mir, während weitere Nachbeben mich erschaudern ließen. Es hatte Monate voller geduldiger Versuche gebraucht, bis ich zulassen konnte, dass er mich irgendwo entlang der Bikinizone berührte – und sogar noch länger, bis ich sein Gewicht auf mir ertragen konnte, während ich so unbeschreiblich verletzlich unter ihm lag. Inzwischen probierten wir immer mehr aus, experimentierten, und endlich hatte ich das Gefühl, einige der Dämonen aus meiner Zeit als Heranwachsende zertrampelt zu haben.
Doch dem Tod derart nahezukommen erweckte neue und ganz eigene Dämonen. Ich erschlaffte, schloss die Augen und ließ ihn an meinem Hals knabbern. Für Werwesen war das eine der empfindlichsten Stellen, vor allem für Wer-Katzen. Es war ein Zeichen von Vertrauen und eine Art, das eigene Revier zu
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