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Schattenjahre (German Edition)

Schattenjahre (German Edition)

Titel: Schattenjahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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verstießen, woran sie glaubte. Ein listiges Täuschungsmanöver war nicht ihre Sache.
    „Nun, wenn das so ist … Soll ich heute Abend zu dir kommen? Oder wäre dir ein anonymes Rendezvous angenehmer?“
    Wieso zerrten die Worte „anonymes Rendezvous“ an ihren Nerven? Es gab keinen Grund, warum Daniel absichtlich versuchen sollte, sie unsicher zu machen, indem er das Vokabular von Liebespaaren benutzte.
    „Warum sollten wir uns nicht in Haus Cottingdean unterhalten?“, erwiderte sie kühl. Sie hatte gewiss nichts zu verbergen, während er … Miss Ministerium war sehr besitzergreifend. Sage zögerte. Sollte sie vielleicht erwähnen, die andere Frau dürfe nichts von dem Treffen wissen? Nein, das wäre zu gefährlich. Sie durfte ihn nicht verärgern, sonst würde er sich womöglich weigern, sie zu sehen.
    „Deine Einladung ist sehr großzügig“, meinte er. „Und ich verstehe natürlich, dass du daheimbleiben willst, falls sich die Klinik meldet.“
    Wütend starrte sie auf den Hörer, aus dem diese sanften, friedfertigen Worte drangen. Welch ein Heuchler! Wie gern hätte sie ihm gesagt, was sie von ihm und seinem tückischen Coup hielt, sich jenes Stück Land anzueignen … Aber sie konnte es sich nicht leisten, die Beherrschung zu verlieren. Ihr Temperament war schon oft genug mit ihr durchgegangen. Das hatte sie in dem Moment sehr befriedigend gefunden, aber später meistens bereut und einen zu hohen Preis dafür zahlen müssen. „Gegen neun sind wir mit dem Dinner fertig.“ Sie bemühte sich, möglichst ruhig und beiläufig zu sprechen.
    „Gut, ich komme um neun“, lautete die freundliche und auch entnervende Antwort, gefolgt von Worten, die sie noch mehr bestürzten. „Ich freue mich auf unser Wiedersehen, Sage. Man erhält nur selten Gelegenheit zu einem zweiten Wortgefecht mit einem alten Freund. Aber ich warne dich – hoffentlich ist deine Klinge scharf geschliffen. Wie ich mich entsinne, hast du das letzte Mal nicht deinen Verstand benutzt, sondern deine vehementen Gefühle. Kein kluger Entschluss …“
    Sie legte wortlos auf, weil sie ihrer Stimme nicht mehr traute. Wie konnte er sich eine solche Anspielung erlauben und einen Zusammenhang zwischen Vergangenheit und Gegenwart herstellen? Damals war es nur um persönliche Dinge gegangen. Diesmal stand etwas ganz anderes zur Debatte. Und diesmal würde sie den Kampf gewinnen – hoffentlich.

13. KAPITEL
    Daniel legte den Hörer auf die Gabel und starrte vor sich hin. Er saß in einem luxuriösen Büro mit einer Täfelung aus dem siebzehnten Jahrhundert, die er aus einem abbruchreifen Haus gerettet hatte. Der Farbton des dunkelgrünen Teppichs passte haargenau zu den Bezügen der zwei Polstersessel zu beiden Seiten des Kamins. Der Aufsichtsrat war skeptisch gewesen, als Cavanagh es abgelehnt hatte, das Hauptbüro der Baufirma in einem imposanten modernen Gebäude in der City einzurichten. Stattdessen hatte er darauf bestanden, ein dreistöckiges Haus aus dem siebzehnten Jahrhundert zu kaufen, in einem wenig fashionablen Londoner Viertel. Letzten Endes überzeugte er die Aufsichtsratsmitglieder, nicht indem er ihnen seinen Willen aufzwang. Er sprach mit jedem Einzelnen, und schließlich stimmte er alle um. Die Mühe hatte sich gelohnt, nicht nur wegen des ästhetischen Vorteils, in einer so schönen Umgebung zu arbeiten, sondern auch, weil die wenig fashionable Gegend inzwischen sehr gefragt war. Später hatten sie noch die zwei Nachbarhäuser dazugekauft. Hinter den drei historischen Fassaden befand sich nun der gesamte Verwaltungsapparat von Cavanagh Construction.
    Daniel war Bauunternehmer geworden, weil er sich dazu berufen fühlte. Brücken zwischen den Menschen errichtete er mit ebensolcher Begeisterung wie Häuser, in denen sie lebten. Was Sage Danvers betraf, zweifelte er allerdings, ob es ein ausreichend starkes Fundament für eine Brücke gab, die sich über die tiefe Kluft zwischen ihnen spannen könnte.
    Das Letzte, was er im Augenblick wollte, war eine Konfrontation mit ihr. Und genau darauf schien sie es anzulegen. Warum um Himmels willen hatte sie dieses Treffen vorgeschlagen? Gewiss nicht, um über alte Zeiten zu reden.
    Alte Zeiten … Zynisch verzog er die Lippen. Seit dem Schock der unerwarteten Begegnung bei dieser verdammten Versammlung kämpfte er gegen die Erinnerungen. Vielleicht war es an der Zeit, den Kampf aufzugeben, die Erinnerung als Therapie zu betrachten. Er glaubte, immer ziemlich genau zu wissen, was ihn

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