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Schattenjahre (German Edition)

Schattenjahre (German Edition)

Titel: Schattenjahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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nonchalanten, lässigen Stil der Sachen, die sie oft impulsiv kaufte, von Farben, weichen Stoffen oder besonderen Schnitten fasziniert, um dann daheim festzustellen, dass ihre übrige Garderobe nicht dazu passte. Für sorgfältig geplante Kleidung, die ein bestimmtes Image erzeugte, brachte sie nicht die nötige Geduld auf.
    Aber an diesem Abend brauchte sie den Schutzschild eines Images. Seufzend inspizierte sie den Inhalt des Schranks. Am besten eigneten sich eine cremefarbene Seidenbluse und ein kaffeebrauner Rock aus schönem Wollcrêpe. Vielleicht war er für den Geschmack ihrer Mutter etwas zu eng, aber das würde der Konferenztisch verbergen. Eine elegante Strickjacke im Chanelstil, in derselben Farbe wie die Bluse, wird das Outfit etwas offizieller gestalten, dachte Sage, nahm sie vom Bügel und sah auf ihre Uhr. Sieben. Sie musste aufbrechen. Flüchtig erinnerte sie sich an die Tagebücher, die sie während des ganzen Tages absichtlich aus ihren Gedanken verbannt hatte.
    Einerseits konnte sie es kaum erwarten, die Lektüre fortzusetzen, mehr über diese Fremde zu erfahren, die ihre Mutter war. Und andererseits fürchtete sie sich. Wovor? Vor der Entdeckung,dass die Mutter menschlich und fehlbar war und sie selbst in einem solchen Fall ihren Zorn, ihre Abneigung nicht länger aufrechterhalten konnte? Warum wollte sie sich an diese Gefühle klammern? Vielleicht, weil sie ihre Weigerung rechtfertigten, der Mutter Zutritt zu ihrem Leben zu gewähren, den Entschluss, alle emotionalen Bande zu zerreißen, Liz zu bestrafen. Aber wofür? Weil die Mutter sie nicht so liebte, wie sie David geliebt hatte? Weil sie die Schuld an Sages Trennung von Scott trug?
    Oder bin ich immer noch ein wütendes Kind, das an die Tür der Mutter klopft, um Aufmerksamkeit und ausschließliche Liebe zu fordern? fragte sich Sage.
    Ausschließlich … Sie runzelte die Stirn und betrachtete ihr Spiegelbild. Hatte sie gewünscht, die Mutter möge nur sie allein lieben? Sicher nicht. Dass Liebe geteilt werden musste, hatte sie immer gewusst. Oder nicht? Hatte sie es im tiefsten Innern abgelehnt, die Mutterliebe mit jemandem zu teilen, Liz das Recht aberkannt, andere zu lieben? So wie sie Scott nicht zugestanden hatte, neben ihr auch seinen Vater zu lieben, ihm Loyalität zu schulden, ihm in größerem Maße verpflichtet zu sein als ihr?
    Darüber hatten sie erbittert gestritten. Scott sagte, ehe er sie heiraten könne, müsse er nach Australien zurückkehren und die Situation seinem Vater erklären. Er wollte sie mitnehmen. Aber sie weigerte sich, ihn zu begleiten. Warum sollte sie sich von seinem Vater inspizieren lassen, wo sie doch beide wussten, dass er sie ablehnen würde? Niemand konnte von ihnen verlangen, in Australien zu leben. Sie brauchten weder seinen Vater noch ihre Mutter.
    „Verstehst du denn nicht?“, fragte Scott. „Die beiden brauchen uns.“
    Da verlor sie die Beherrschung. Der Streit wurde immer heftiger. Als Scott das Tempo des Autos drosselte, packte sie den Türgriff. Sicher hatte sie nicht wirklich beabsichtigt, hinauszuspringen. Aber in der Hitze des Gefechts … Ihr unverzeihliches heißes Temperament hatte sie zu weit getrieben.
    Niemals würde sie wissen, was sie getan hätte. Denn Scott hatte seine Hand zur Beifahrertür ausgestreckt und den entgegenkommenden Wagen übersehen.
    Ironischerweise war es sein Arm gewesen, der sie vor schlimmeren Verletzungen bewahrt und ihn daran gehindert hatte, sich selbst vor größerem Schaden zu bewahren. Die ganze Wucht des Zusammenstoßes hatte ihn getroffen und ihn zu einem Schicksal verdammt, das eigentlich ihres gewesen wäre.
    O Gott, sie durfte nicht daran denken. Nicht jetzt. Hatte sie nicht genug gelitten in ihren Gewissensqualen? Im Erdgeschoss schlug die Großvateruhr. Viertel nach sieben. Dankbar verdrängte Sage die schmerzlichen Erinnerungen und eilte hinunter.
    „Wir setzen Sie neben den Mann von der Straßenbaufirma“, erklärte Anne Henderson, nachdem sie Sage begrüßt hatte. „Ich habe vergessen, wie er heißt. Der kleine Sohn unserer Sekretärin musste ins Krankenhaus gebracht werden. Eine Blinddarmoperation … Ausgerechnet jetzt musste das passieren! Zum Glück kenne ich die Namen der beiden Leute vom Ministerium. Mr Stephen Simmonds und Miss Helen Ordman. Hoffentlich verspäten sie sich nicht. Um Viertel vor acht soll die Sitzung eröffnet werden.“
    Der Gemeindesaal, ein Geschenk von Liz Danvers oder eher von der Spinnerei, lag in einem alten

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