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Schattenjahre (German Edition)

Schattenjahre (German Edition)

Titel: Schattenjahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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Gespür für die Biester. Dieser Weichling liebt sie geradezu und scheint immer zu wissen, wann eins krank wird.“
    Dieses Feingefühl befähigte Vic nun, durch Liz’ abweisende Fassade hindurchzuschauen, ihre Angst zu erkennen, und sie weckte sein Mitleid. Er erkannte auch die innere Kraft dieser Frau und wusste, dass es nur ihr gelingen würde, das Erbe ihres Mannes zu retten.
    Im letzten Winter war sein Großvater gestorben, und seither wohnte Vic allein in der Schäferhütte. Früher war die erstklassige Schafwolle von Cottingdean berühmt gewesen. Inzwischen hatte sich die Herde durch Epidemien erheblich verringert. Trotz seinerverschwenderischen Fürsorge befanden sich die Schafe immer noch in schlechtem Zustand. Abends, wenn er nichts anderes zu tun hatte, las er eifrig und eignete sich umfassende Kenntnisse über die Kunst der Mischrassenzucht an. Er träumte davon, Schafe zu züchten, deren Wolle auf der ganzen Welt Spitzenpreise erzielen würde. Aber dazu brauchte er einen anständigen Schafbock, nicht die gelegentlichen Dienste von Tim Bensons altem Klappergestell, dessen Nachkommen viel zu mager waren. Ihr Fleisch taugte ebenso wenig wie ihre Wolle.
    Gute Schafböcke, so wie sie ihm vorschwebten, kosteten Geld. Die Schafzüchter in Australien und Neuseeland führten gerade Experimente mit britischen Böcken durch. Deren Sprösslinge sollten weniger anfällig für Krankheiten werden und eine andere Art von Wolle hervorbringen, die sich besser für die Maschinerie in den modernen Spinnereibetrieben eignete.
    Sollten andere von der Produktion besseren Fleisches träumen … Vielleicht war er tatsächlich ein Weichling, wie der Großvater behauptet hatte. Aber kein Lamm in seiner Obhut sollte gemästet und geschlachtet werden, wenn es stattdessen weiterleben und seine Mühe und Geduld alljährlich mit großartiger Wolle belohnen konnte.
    Oft malte er sich aus, wie die Kenner eines Tages voller Ehrfurcht von seiner Herde sprechen würden. Ein Blick auf Edward genügte ihm allerdings, um zu begreifen, dass dieser Mann einen solchen Traum niemals teilen konnte. Nicht entsetzt und angewidert, sondern mitleidig betrachtete er den Invaliden und spürte, dass dessen Seele ebenso verwundet worden war wie der Körper. Das Kind, das die junge Frau erwartete, konnte nicht von ihrem Ehemann stammen. Auch das erkannte Vic. Doch es ging nur die beiden etwas an – nicht ihn.
    Beim Anblick des jungen Schäfers empfand auch Edward Abneigung und Aggressionslust, aber aus anderen Gründen als Liz. In Vics Augen las er die Kraft eines Mannes, der dem Leben niemals erlauben würde, ihn zu zerstören. Ein so gesunder, starker Junge hätte während der letzten Jahre dem Vaterland dienen müssen, statt Schafe zu hüten.
    Diesen Gedanken sprach Edward auch aus, und dann wartete er gespannt auf Vics Reaktion. Der Schäfer lächelte. Dieses Thema wurde von Fremden häufig erwähnt, mehr oder weniger angriffslustig. Solche neugierigen Fragen störten ihn nicht, und er verstand auch, was dahintersteckte. Als Kind hatte er an akutem Gelenkrheumatismus gelitten und davon eine gewisse Herzschwäche zurückbehalten. Bei der Musterung war er von einem Army-Arzt für untauglich erklärt worden, und Dr. Holmes hatte ihn sanft darauf hingewiesen, er würde niemals Kriegsdienst leisten können. Im Frühling, wenn die Mutterschafe lammten, wenn er Tag und Nacht bis zur Erschöpfung arbeitete, spürte er manchmal ein schmerzhaftes Ziehen in der Brust und im linken Arm. Wenn er sich dann eine Weile ausruhte, verging der Schmerz, und seine Tätigkeit befriedigte ihn so sehr, dass er nicht über Dinge nachgrübelte, die sich seiner Kontrolle entzogen.
    Nun erklärte er seine kleine Behinderung, ohne sich zu entschuldigen oder Selbstmitleid zu zeigen. Es war unmöglich, an seinen Worten zu zweifeln, an seinem ehrlichen, offenen Gesicht.
    Für Liz wäre es die einfachste Sache von der Welt gewesen, Vic zu bitten, er möge sie über die Ländereien führen und sie in die Geheimnisse der Schafzucht einweihen. Sie hätte ihn auch fragen können, wie man einen so ertragreichen Gemüsegarten anlegte, wie sie ihn während eines kurzen Besuchs bei der Schäferhütte bewundert hatte. Aber sie unterließ es, aus einer angeborenen Zurückhaltung heraus, oder weil sie gewisse Ressentiments gegen den jungen Mann hegte.
    Natürlich war es ein Fehler, solche Emotionen zu empfinden. Man hatte ihr versichert, ohne Vics mühevolle Arbeit würde die Herde gar nicht

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