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Schattenjahre (German Edition)

Schattenjahre (German Edition)

Titel: Schattenjahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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hinknien, um die unteren Teile der Wände zu bearbeiten. Jedes Mal, wenn sie die Halle durchquerte, schien ihr der Raum ihren mangelnden Pflichteifer vorzuwerfen.
    An diesem Morgen war die Vikarsgattin zu Besuch gekommen und hatte taktvoll nach den Vorbereitungen auf die Geburt gefragt. In diesen Zeiten, wo alle Waren knapp waren und rationiert wurden, müsse es Liz doch sehr schwerfallen, eine Babyausstattung zu beschaffen, insbesondere, weil sie keine Familie habe, die sie um Hilfe bitten könne.
    Das stimmte. Liz hatte stundenlang die Kleidertruhen auf dem Dachboden durchstöbert und gewünscht, eine Nähmaschine zu besitzen, um etwas aus den vergilbten Leinentüchern und den altmodischen Babysachen machen zu können. Immerhin hatte sie eine Wiege voller Staub und Spinnweben gefunden, aber ohne Hilfe vermochte sie das schwere Ding nicht hinunterzutragen. Davon erzählte sie Louise Ferndean, die prompt versprach, ihren Gärtner herzuschicken. Der würde die Truhe heruntertragen. Liz dürfe auf keinen Fall versuchen, etwas Schweres zu heben.
    Sie erbot sich auch, der werdenden Mutter ihre Nähmaschine zu leihen, und verbarg ihr Mitgefühl. Welch eine blutjunge Frau und ein so schwer verletzter Ehemann, wirklich ein leidgeprüftes Paar – und so tapfer … Da wohnten sie in dieser armseligen Ruine. Das Pfarrhaus war schon schlimm genug, aber zumindest stabil und trocken.
    Liz hielt es für besser, ihrem Mann nichts von der Hilfsbereitschaft der Vikarsgattin zu erzählen. Mittlerweile kannte sie seinen verbissenen Stolz. Sie wusste, wie sehr er es hasste, von anderen abhängig zu sein, wie eifersüchtig er wurde, wenn sie mit irgendwelchen Leuten Freundschaften schloss, die ihn nicht einbezogen. Seine besitzergreifende Art missfiel ihr, aber sie wollte sich nicht den Kopf darüber zerbrechen. Dazu hätte ihr auch die Kraft gefehlt. Und so nahm sie das alles hin. Immerhin würde sich die finanzielle Situation bessern, sobald Sutton die Pacht bezahlte. Doch die Zeiten waren hart für alle Menschen und für einige ganz besonders.
    Im Dorf entstand Unruhe, während die Soldaten allmählich von den Fronten zurückkehrten. Die Frauen klagten, ihre Männer seien verändert, es falle ihnen schwer, sich daheim einzugewöhnen. Und Edward versäumte es immer noch, eine Hilfskraft zu engagieren.
    Als Liz sich vom Haus entfernte und dem schmalen Bergweg folgte, überlegte sie, wie einschneidend sich ihr Leben in den letzten Monaten verändert hatte. Manchmal bedrückte es sie, dass Kit – indirekt für diese Veränderungen verantwortlich – nur noch eine Schattengestalt in ihrer Erinnerung war. Hin und wieder erwachte sie mitten in der Nacht, das Gesicht tränenüberströmt vom angestrengten Versuch, in ihren Träumen ein klares Bild des Toten heraufzubeschwören. Natürlich liebte sie ihn immer noch, nichts würde das jemals ändern. Aber sein Gesicht, das so lange vor ihrem geistigen Auge gestanden hatte, verblasste unaufhaltsam.
    Cottingdean, die Probleme des Zusammenlebens mit Edward und die Alltagssorgen verdrängten allmählich die Gedanken an Kit. Und auch diese Schwierigkeiten traten nun in den Hintergrund, verscheucht von der fordernden Kraft des Kindes, das in ihr wuchs.
    Irgendwann hatte sie aufgehört, in ihrem Baby mit leidenschaftlicher Intensität Kits Sohn zu sehen. Dafür verschmolzen nun das Kind und Cottingdean zu einer Einheit, als wäre die bevorstehende Geburt untrennbar mit dem Entschluss der Mutter verbunden, auch dem heruntergekommenen Haus neues Leben einzuhauchen.

8. KAPITEL
    Der Pfad führte immer steiler bergan, und Liz musste stehen bleiben, um ihr Seitenstechen zu mildern. Niemand im Dorf wusste genau, wann sie Edward geheiratet hatte. Da sie Edward gut kannte, schon seit Monaten, konnte sie die Leute leicht glauben machen, das Eheleben hätte sich längst eingespielt. Falls sich manche wunderten, was ein so junges Mädchen bewogen haben mochte, einen Mann wie Edward zu heiraten, waren sie zu höflich, um Fragen zu stellen. Vielleicht dachten einige sogar, die Hochzeit hätte vor seiner Kriegsverwundung stattgefunden. Und keiner von beiden ließ etwas verlauten, das einen solchen Irrtum korrigiert hätte.
    Sie wusste, wie wichtig es für Edward war, dass ihr Kind als seines galt. Und wenn sie jetzt auch ein entbehrungsreiches Leben führte – es wäre schlimmer gewesen, das Kind allein in Schimpf und Schande großziehen zu müssen. Deshalb war sie ihrem Mann dankbar und berücksichtigte seinen

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