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Schattenjahre (German Edition)

Schattenjahre (German Edition)

Titel: Schattenjahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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fragte Edward.
    Sie frühstückten gerade in einem kleinen sonnigen Zimmer. Mit Chivers’ Hilfe hatte sie es sauber gemacht und Möbel vom Dachboden hineingestellt, der sich als Schatzkammer erwies. Viele Sachen waren stark beschädigt, doch die magischen Finger des Hausangestellten fanden stets Mittel und Wege, um sie zu reparieren. Natürlich waren es lauter alte Stücke. Aber Liz zog deren Patina dem oft schäbigen modernen Mobiliar vor, das ihr vergleichsweise hässlich erschien.
    „Kein Grund zur Aufregung“, beantwortete sie Edwards Frage. „Ein Brief vom Anwalt meiner Tante.“
    Seit Davids Geburt hatte sie Tante Vi regelmäßig geschrieben, ohne eine Antwort zu erhalten. Nun erfuhr sie zu ihrer Bestürzung, dass die Tante tot war und verfügt hatte, die Nichte solle erst nach der Beerdigung informiert werden. Wie sie dem Brief verblüfft entnahm, erbte sie Tante Vis ganzen Besitz, das kleine Haus samt Einrichtung und einen Geldbetrag, der ihr den Atem verschlug.
    „Über tausend Pfund – ein hübsches Sümmchen“, meinte Edward.
    „Ein Vermögen!“, verbesserte sie ihn ärgerlich, aber er lächelte nur und schüttelte den Kopf.
    Er war zufriedener, als er es je erträumt hatte. Die Kriegsverletzungen peinigten ihn immer noch, aber er besaß etwas, das seine kühnsten Hoffnungen überstieg. Er hatte seine Frau und David und Cottingdean, und er liebte alle drei. Mit seinen Gefühlen wollte er Liz nicht belasten. Was hätte das auch für einen Sinn? In körperlicher Hinsicht konnte er niemals ihr Ehemann sein. Trotzdem wachte er eifersüchtig darüber, ob sie sich jemals nach einer intimen Beziehung zu einem anderen sehnen oder sich gar verlieben würde.
    „Was sollen wir mit dem Geld machen?“, fragte sie. Vielleicht sollte sie ein kleines Auto kaufen, um Edward das Leben zu erleichtern.
    Doch als sie diesen Vorschlag machte, widersprach er: „Nein, dieses Erbe gehört dir allein. Kauf was für dich – ein paar schöne Kleider.“
    Sie lachte. Schöne Kleider! Wozu brauchte sie die? Männer wussten gar nichts von der Realität. Vor einiger Zeit hatte sie erwogen, eine Nähmaschine zu kaufen – die von Louise geliehene konnte sie nicht bis in alle Ewigkeit behalten. Und aus den alten Kleidern und Stoffen auf dem Dachboden würde sich einiges machen lassen. Als sie Chivers von ihrer Absicht erzählt hatte, war wenig später wie durch Zauberei eine Nähmaschine aufgetaucht, ohne Liz zu überraschen. Sie zerbrach sich längst nicht mehr den Kopf darüber, wie er dies oder jenes beschaffte, und empfand nur noch schlichte Dankbarkeit.
    Edward hatte sie aufgefordert, etwas für sich selbst zu kaufen. Und während sie später im Garten stand und zu den Bergen blickte, wusste sie plötzlich, wie sie die Hinterlassenschaft ihrer Tante verwenden würde.
    „Ein – Schafbock?“ Vic starrte sie entgeistert an.
    „Wir kaufen nicht irgendeinen, sondern den allerbesten. Und wenn Sie die ganze Welt danach absuchen könnten – wo würden Sie sich umsehen?“
    „In Australien“, antwortete er prompt. „Dort werden fantastische Zuchtexperimente durchgeführt. Neulich habe ich davon gelesen.“ Seufzend zuckte der junge Schäfer die Achseln. „Aber das ist unmöglich.“
    „Keineswegs“, erwiderte Liz.
    Sie brauchte lange, um ihn zu überreden, und noch länger, um Edward zu überzeugen. Doch letzten Endes setzte sie ihren Willen durch. Ein benachbarter Farmer erklärte sich gegen entsprechendes Entgelt bereit, in Vics Abwesenheit die Herde zu hüten. Briefe wurden gewechselt, Arrangements getroffen.
    „Wie Jason, der auszieht, um das Goldene Vlies zu suchen“, neckte Liz den jungen Mann. „Da haben Sie gar nicht so unrecht. Wenn ich einen dieser großartigen australischen Schafböcke herbringe, wird unsere Wolle so wertvoll sein wie Gold. Aber es ist sicher nicht soeinfach, einen zu kaufen.“
    „Das werden Sie schon schaffen, Vic“, entgegnete sie lächelnd.
    Beinahe beneidete sie ihn um das Abenteuer, das vor ihm lag. Doch sie hatte ihre eigene Welt – Cottingdean. Und wenn ihr das Dorf manchmal klein und beengt erschien … Rasch verbannte sie diese Überlegungen und entsann sich, wie dankbar sie sein musste.

10. KAPITEL
    Ein Schatten glitt über das Gesicht des Mondes, und draußen auf der Wiese hielt die Füchsin inne und schnupperte. Ihre Jungen waren jetzt unabhängig, aber sie hatte sich daran gewöhnt, sie zu füttern und zu umsorgen. Der eigene Hunger dieser schlanken pflichteifrigen Mutter

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