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Schattenjahre (German Edition)

Schattenjahre (German Edition)

Titel: Schattenjahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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überlegte Liz erbost.
    Diese Überzeugung festigte sich, sobald Lady Harriet am nächsten Morgen mit Chivers eintraf. Er war ein kleiner, rundlicher Mann mit babyglatter Haut und kahlem Kopf. Sein Alter ließ sich schwer schätzen. Alles zwischen vierzig und sechzig, dachte Liz, während sie die beiden ziemlich steif begrüßte. Sie war zeitig aufgestanden, um ein Zimmer für den Neuankömmling herzurichten. Nun hoffte sie, ein Blick auf den Haushalt würde ihm genügen, um zu erklären, hier könne er unmöglich bleiben.
    Sie führte ihn in die Halle und sah, wie er die Täfelung musterte, die sie zu reinigen versucht hatte. Das abgeschrubbte Holz musste dringend gepflegt werden. Leinöl wäre ein ideales Mittel gewesen, aber wo sollte man das in diesen Zeiten der Warenknappheit und Rationierung bekommen?
    Sie hatte ihrem Mann klargemacht, er müsse allein entscheiden, ob Chivers eingestellt werden sollte. Also ging sie mit ihrem unwillkommenen Begleiter in die kahle, aber saubere Bibliothek, wo Edward wartete. Sie hatte Feuer im Kamin gemacht, aber für keinen weiteren Komfort gesorgt. Sollte Chivers doch sehen, wie sie hier lebten …
    So unangenehm ihr die aufgezwungene Situation auch war – Tante Vis Erziehung ließ sich nicht abschütteln. Und so ging Liz in die Küche und bereitete ein Teetablett vor, mit einfachen, fast ungesüßten Biskuits, dem einzigen Gebäck, das sie mit ihren mageren Vorräten zustande brachte.
    Sie brauchte nur drei Tage, um ihre Meinung über Chivers zu ändern und sich zu fragen, wie Harriet Fane ohne ihn leben konnte.
    Als die Vikarsgattin erfuhr, was geschehen war, eilte sie ins Haus Cottingdean und rief neidisch: „Oh, Sie haben Chivers bekommen! Sie Glückspilz! Wie um alles in der Welt haben Sie das geschafft?“
    „Das ist nicht mein Verdienst“, entgegnete Liz und erzählte von Lady Harriets Besuch.
    Es blieb Chivers’ Geheimnis, was ihn an diesem Haus so faszinierte. Jedenfalls fand sie ihn bald nach seiner Ankunft in der Halle, wo er vor der Täfelung kniete und sie liebevoll mit etwas einrieb, das verdächtig nach Leinöl roch. Später sprach sie ihn darauf an, und er bestätigte, es sei tatsächlich Leinöl, doch dessen Herkunft könne er ebenso wenig verraten wie die Quelle all der anderen Dinge, die plötzlich auftauchten. Das Loch im Dach des Stalls, mit dem sie sich bereits abgefunden hatte, verschwand wie auf magische Weise, die morschen Teile der Bücherregale in der Bibliothek wurden durch neue ersetzt.
    „Chivers, hier sind Sie fehl am Platz“, meinte Liz bewundernd. „Sie sollten das County regieren.“
    „Für eine solche Position wäre ich Ihnen nicht dankbar, Madam“, antwortete er. So nannte er sie immer. Und trotz ihrer gegenteiligen Befürchtung ließ er sie niemals merken, dass sie einer niedrigeren Gesellschaftsschicht entstammte als ihr Mann. „Als ich erfuhr, wie Sie hier leben, dachte ich, dies wäre eine passende Stellung für mich. Und Ihr Baby gab sozusagen den Ausschlag …“
    Warum, erwähnte er nicht, und Liz hütete sich, danach zu fragen. Man durfte das Schicksal nicht herausfordern. Lady Harriet sah zwar nicht wie eine gütige Fee aus, aber sie hatte den Danvers einen echten Schatz geschenkt, in Chivers’ Gestalt.
    Nun wurde das Leben viel leichter. Liz lachte öfter und sang bei der Gartenarbeit. Manchmal verstrichen mehrere Tage, ohne dass sie an Kit dachte.
    Ihr Geburtstag kam und ging. Chivers hatte zu diesem Anlass eine Torte gebacken und erstaunliche Geschenke hervorgezaubert.
    Und dann, an einem sonnigen Morgen, als sie sich gerade an ihr neues Glück zu gewöhnen begann, erschien ein zweiter unerwarteter Besuch. Liz öffnete die Vordertür und musterte lächelndden matten Glanz des polierten Holzes. Doch das Lächeln erlosch sofort beim Anblick der Frau, die vor ihr stand – groß und elegant, mit kunstvollem dunklem Haarknoten und perfekt geschminktem Gesicht. Falls ein gewisser harter Ausdruck in den Augen lag, gab Liz liebenswürdigerweise vor, es nicht zu bemerken.
    Mit fahrigen, ungeduldigen Gesten sog die Frau an einer Zigarette. Ihre Kleidung war offensichtlich neu und sicher ebenso teuer wie der Verlobungs- und Ehering aus Gold, mit Diamanten besetzt. Sie sah aus, als wäre sie einer der Modezeitschriften entstiegen, die Louise Ferndean manchmal von ihrer verheirateten Tochter bekam – mondän, etwas spröde. Und völlig deplatziert auf der sonnigen Veranda von Haus Cottingdean. Hinter ihr auf der Zufahrt parkte

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