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Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Titel: Schattenkinder - im Zentrum der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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glän zenden Stacheldrahtzaun. Ein Stachel befand sich nur Zentimeter von seinem rechten Auge entfernt. Was wäre geschehen, wenn er ihn nicht gesehen hätte? Wenn er nicht stehen geblieben wäre?
    »Die Arbeiter«, drängte Mark ungeduldig. »Sie haben ihre Arbeit beendet und sind abgezogen. Also . . .« Er ging einen kleinen Schritt auf den Zaun zu.
    Trey erwachte aus seinen Gedanken.
    »Du willst immer noch da durchkriechen?«, zischte er. »Du musst verrückt sein! Das ist zu gefährlich! Zumindest solange die Bevölkerungspolizei dort drinnen ist. Hör mal, Mark, ich weiß, dass du unheimlich mutig bist, aber du kannst Lee nicht retten!«
    »Ich muss es versuchen«, sagte Mark ruhig.
    »Du schaffst es nicht einmal durch den Stacheldraht«, warf Trey verzweifelt ein.
    »Klar schaffe ich das«, meinte Mark. »Weißt du, durch wie viele Stacheldrahtzäune ich in meinem Leben schon geklettert bin? Bin sozusagen der Stacheldraht-Weltmeister. Hab mir nix – ich meine, keinen einzigsten Kratzer mehr geholt, seit ich drei war!«
    Trey machte sich nicht die Mühe, ihm zu sagen, dass seine Grammatik auch ohne das »nix« himmelschreiend war. Mark würde sein Einverständnis ohnehin nicht abwarten. Er ließ Trey stehen und ging zum Zaun.
    »Pass auf«, sagte Mark mit einem tollkühnen Grinsen.
    Er nahm den Rucksack ab und warf ihn beiseite. Dann stellte er den rechten Fuß zwischen die untersten beiden Drähte. Keiner der beiden berührte sein Bein. Trey trat einen Schritt zurück, um besser sehen zu können, während Mark sich zusammenkauerte, um auch den Rest seines Körpers durch den Spalt zu schieben. Mit einer Hand griff er nach dem oberen Draht, um ihn von seinem Kopf fern zu halten.
    Im gleichen Moment schrie er auf. Er ließ den Draht fahren und dieser traf seinen Rücken auf ganzer Länge. Mark zuckte zur Seite, sein Schrei brach einfach ab, doch war er immer noch im Stacheldraht gefangen. Sein Körper sackte über dem untersten Draht zusammen.
    Instinktiv packte Trey einen Stock und drückte damit gegen Marks Körper, so dass dieser vom Stacheldraht herunterfiel. Als der Stock den Draht berührte, spürte Trey ein seltsames Prickeln in den Handgelenken und Knöcheln. Entsetzt ließ er den Stock fallen und sprang zurück. Er musste verrückt gewesen sein einen feuchten Stock vom Boden aufzuheben. Wasser leitet Strom. Und der Stacheldrahtzaun war, das hatte er inzwischen begriffen, mit einer gefährlich hohen Spannung geladen. Er starrte auf Marks leblosen Körper, der auf der anderen Seite des Zauns lag. Trey war sich nicht einmal sicher, ob Mark überhaupt noch lebte.
    Über ihnen, auf der alten Steinmauer, flammte plötzlich ein Scheinwerfer auf und tauchte die ganze Umgebung in gleißendes Licht. In wilder Verzweiflung hastete Trey zurück und suchte nach einer dunklen Stelle, wo er sich verstecken konnte. Sekunden später hörte er Schritte heranmarschieren, die genau auf ihn zukamen. Er warf sich in ein Gebüsch, dassdie Zweige brachen. Zitternd streckte er die Hand aus, um Blätter und Zweige wieder aufzurichten und die Spuren seines verzweifelten Sprungs zu verwischen.
    »Eindringling im zweiten Quadranten entdeckt«, dröhnte ganz in der Nähe eine Männerstimme.
    Vorsichtig wagte Trey durch die Zweige zu spähen. Vier Männer in Uniformen standen neben dem Stacheldrahtzaun und betrachteten Mark.
    »Zaun zur Bergung des Eindringlings deaktivieren«, donnerte die Stimme erneut.
    Ein leises Summen ertönte, dann sah Trey, wie sich einer der Männer bückte und Marks Körper unter dem Zaun hervorzog. Der Stacheldraht verfing sich in seiner Uniform, doch das schien den Mann nicht zu kümmern.
    »Bergung beendet. Strom reaktivieren«, befahl der erste Mann. Trey sah, dass er in eine Art Funkgerät sprach.
    Einer der anderen Männer hob Mark auf und warf ihn sich wie einen Kartoffelsack über die Schulter. Marks Augenlider flatterten – er war am Leben!
    Dann gingen die Lichter aus. Die Männer marschierten ab und Trey blieb wieder einmal allein zurück.

16.   Kapitel
    T rey rührte sich lange nicht. Er konnte sich nicht bewegen, war wie gelähmt. Es war, als glaubte er nur lange genug dastehen zu müssen, damit sich sämtliche Ereignisse vor seinen Augen zurückspulten: Das Licht würde wieder angehen. Die Männer würden rückwärts marschieren und Mark wieder auf den Boden legen. Mark würde rückwärts durch den Stacheldrahtzaun kriechen, gesund und munter, seine Kleidung wie durch Zauberhand repariert

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