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Schattenkinder

Schattenkinder

Titel: Schattenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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Mutter und Vater auch für ihn einen falschen Pass besorgen würden? Für einen kurzen Moment sah er es fast vor sich - sie könnten ihn unter Jutesäcken im Fahrerhaus des Pritschenwagens verstecken, bis sie in der Stadt waren.
    Aber alle in der Stadt kannten seine Eltern. Und alle wussten, dass sie nur zwei Söhne hatten. Matthew und Mark.
    »Du bist in die Großstadt gefahren«, sagte er.
    »Na klar«, antwortete Jen. »Hier in der Gegend gibt es schließlich keine Einkaufszentren.«
    »Und wie war es?«, fragte Luke fast flüsternd.
    »Langweilig«, meinte Jen. »Wahnsinnig langweilig. Mutter wollte mir ein Kleid kaufen - weiß der Himmel, warum -, also sind wir von Geschäft zu Geschäft gezogen und ich musste tausend Kleider anziehen, die alle irgendwo gekratzt, gezwickt oder gedrückt haben. Und dann musste ich noch einen Haufen Büstenhalter kaufen - oh, Verzeihung«, sagte sie, als Luke puterrot anlief. »Wahrscheinlich redet ihr bei dir zu Hause nicht oft über Büstenhalter.«
    »Matthew und Mark tun es manchmal, wenn sie ... dreckige Witze machen«, sagte Luke.
    »Also, >dreckig< sind Büstenhalter bestimmt nicht«, meinte Jen. »Es sind einfach von Männern, Müttern oder sonst wem erfundene Foltergeräte.«
    »Aha«, sagte Luke und sah zu Boden.
    »Wie dem auch sei«, meinte Jen und katapultierte sich mit Schwung vom Sofa. »Ich habe dich im Computer überprüft und festgestellt, dass du sauber bist, du existierst nicht. Jedenfalls nicht offiziell. Also bist du sicher.
    Und...«
    Luke fühlte sich etwas merkwürdig, als er Jenny so schnoddrig sagen hörte: »Du existierst nicht.«
    »Woher willst du wissen, dass ich sicher bin?«, unterbrach er sie.
    »Fingerabdrücke«, antwortete sie. Und als Luke sie verständnislos ansah, erklärte sie: »Mein Bruder Brawn hatte eine Phase, in der er unbedingt Detektiv werden wollte - nicht, dass er dafür jemals gewitzt genug wäre.
    Aber mir ist eingefallen, dass er immer noch ein Fingerabdruck-Set hat. Also habe ich wie im Fernsehen auf Gegenständen, die du angefasst hast, nach Fingerabdrücken von dir gesucht. Auf dem Türrahmen habe ich ein prima Exemplar gefunden. Den habe ich in den Computer eingescannt, mich dann in die Bundeskartei für Fingerabdrücke eingeklinkt und - voilä - festgestellt, dass sie nicht existieren, und du damit auch nicht. Offiziell jedenfalls.«
    Sie setzte eine gespielt ernste Miene auf, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. Luke hätte am liebsten gefragt: Die Bevölkerungspolizei kann mich doch nicht finden durch das, was du da gemacht hast, oder? Aber er verstand so wenig von ihren Erklärungen, dass er Fragen für zwecklos hielt. Und Jen war bereits beim nächsten Gedanken.
    »Außerdem wirkst du glaubwürdig. Also kann ich dir - jetzt, wo ich weiß, dass du sicher bist - von der Kundgebung erzählen und dir unsere geheimen Chatrooms zeigen und alles...«
    Jen war bereits auf dem Weg aus dem Zimmer, so dass Luke ihr nachgehen musste, um das Ende des Satzes mitzubekommen.
    »Willst du was essen oder trinken?«, fragte sie und blieb im Türrahmen der großen Küche stehen. »Das letzte Mal war ich so überrascht, dass ich keine gute Gastgeberin sein konnte. Was darf's sein? Limo? Kartoffelchips?«
    »Aber das ist doch illegal«, protestierte Luke. Er erinnerte sich daran, dass er in einem der Bücher oben auf dem Dachboden etwas über Junkfood gelesen und seine Mutter danach gefragt hatte. Und sie hatte ihm erklärt, dass die Leute früher kaum etwas anderes gegessen hatten, bis die Regierung die Fabriken schloss, die solches Essen herstellten. Warum, das wollte sie ihm nicht sagen. Aber als besondere Überraschung hatte sie eine Tüte Kartoffelchips hervorgekramt, die sie seit Jahren aufbewahrte, und hatte sie nur mit ihm
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    Margaret Peterson Haddix - Schattenkinder
    zusammen aufgegessen. Die Chips waren salzig, aber zäh. Luke hatte so getan, als schmeckten sie ihm, weil er das Gefühl hatte, dass seine Mutter sich das wünschte.
    »Na ja, wir sind doch auch illegal, also warum sollen wir uns dann nicht amüsieren?«, fragte Jen und drückte ihm eine Schüssel mit Kartoffelchips in die Hand. Aus reiner Höflichkeit nahm Luke einen Chip. Dann noch einen. Und noch einen. Diese Kartoffelchips schmeckten so gut, dass er sich beherrschen musste, um sie sich nicht mit beiden Händen in den Mund zu stopfen. Jen starrte ihn an.
    »Kriegst du manchmal nicht genug zu essen?«, fragte sie leise.
    »Nein«, erwiderte Luke

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