Schattenkrieg
Befehle erteilt. Ich nenne ihn
Rabenfeder.
Er wollte mich für ein Ritual.«
»Wie seid Ihr entkommen?«, fragte Alistair.
»Das habe ich den Göttern zu verdanken.«
»Den Göttern?« Der Ausruf kam von Ronan, doch die Druiden starrten ihn alle drei mit weit aufgerissenen Augen an.
»Sie haben mir eine neue Kraft verliehen. Ich hatte eine Erscheinung.«
»Eine Erscheinung«, murmelte Seog respektvoll. »Wer?«
»Die Morrigan.«
Die Männer zogen erschrocken die Luft ein. Seog war merklich blasser geworden, und auch den anderen beiden stand die Ehrfurcht ins Gesicht geschrieben.
»Die Morrigan«, meinte Alistair. »Alles klar.
Das
sollte reichen.«
Ronan verzog das Gesicht. »Düstere Zeiten stehen uns bevor, wenn sich die Herrin des Krieges selbst in unsere Geschicke einmischen muss!«
Die anderen Druiden nickten betroffen.
Auch Derrien nickte. »Ja. Ihr wisst noch gar nicht,
wie
düster.«
»Was meinst du?«, fragte Ronan.
Derrien trank einen Schluck Bier und war nicht überrascht, das bittere Lagerbier der Brauerei von Bagbeg zu schmecken. Nachdem er sich den Schaum vom Mund gewischt hatte, erklärte er: »Ihr habt mich nicht danach gefragt, für was für ein Ritual sie mich gebraucht hätten.«
»Sagt bloß, Ihr
wisst
das!«, platzte es aus Seog heraus.
»Wissen? Nein. Aber ich habe eine Vermutung.« Er winkte die anderen heran und beugte sich über den Tisch. Die anderen neigten sich nach vorne und sahen ihn verschwörerisch an, Ronan besorgt, Seog hart und entschlossen, Alistair kontrolliert und neutral. »Rabenfeder«, erklärte Derrien schließlich flüsternd, »hat etwas von einem
Dämon
gesagt.« Er wartete einen Augenblick, um die Bedeutung seines Satzes einwirken zu lassen. »Bei dem Ritual ging es um eine
Bindung
. Wie es scheint, haben sie im Moment noch nicht die volle Kontrolle über ihren Dämon.«
Er sah, wie in Ronans Augen die Erkenntnis aufflackerte. »Ganz genau, mein Bruder«, fuhr er fort. »Das
Ding
, gegen das du gestern Nacht gekämpft hast, ist kein gewöhnliches Phantom. Es ist ein Dämon. Du hattest unwahrscheinliches Glück. Du hast auf dem Land gegen ihn gekämpft, abseits seines natürlichen Elements, wahrscheinlich in derselben Nacht, in der es den Wächterling auf Otrøy vernichtet hat und davon noch geschwächt war. Der Wächterling ist verschwunden, stimmt’s?«
Ronan nickte erschüttert. »Ja. Seit letzter Nacht …«
»Ich wusste es. Nun, die Zeit hat schon vorher gedrängt. Jetzt drängt sie noch ein bisschen mehr. Wenn sie den Dämon unter ihre Kontrolle bringen, bevor wir sie angreifen, werden sie uns vernichten, und aus Bergen wird ein neues Inverness. Wir müssen alles tun, um
das
zu vermeiden. Ronan, du solltest so schnell wie möglich zu Häuptling Nerin und ihm diese Neuigkeiten berichten. Murdoch, du marschierst weiter nach Süden. Schlage in Tafjord das Feldlager auf und beginne so bald wie möglich mit der Ausbildung der Männer. Seog, du hältst hier die Stellung. Sei wachsam! Da draußen gibt es schlimmere Dinge als Schatten und Phantome.«
Sie schwiegen für eine Weile. Schließlich fragte Ronan: »Und was wirst
du
tun?«
»Ich werde versuchen, ein Treffen mit den Renegaten aus Bergen zu arrangieren. Wir brauchen ihre Hilfe für diesen Krieg, dringender als je zuvor.«
VERONIKA
Gnjilane, Kosovo
Mittwoch, 10. Februar 1999
Die Außenwelt
Natürlich hatte es Schwierigkeiten gegeben, den Befehl durchzusetzen. Die Männer
hassten
die blauen Helme und hatten alles versucht, um sie nicht aufsetzen zu müssen. Begonnen hatte es mit schlichter Befehlsverweigerung. Veronika hatte auf Fatimas Ratschläge gehört und mit Ausgangsverweigerung und zusätzlichen Wachdiensten reagiert. Als Nächstes hatten die Soldaten begonnen, die Helme zu »vergessen«. Nachdem auch das die ungeliebten Wachdienste nach sich gezogen hatte, hatten ganz findige Männer wie Wassermann und Garnier die Netze der alten Helme auf die Blauhelme gezogen und Äste und Sackleinen daran befestigt, so dass vom Blau nicht mehr viel zu sehen gewesen war. Veronika hatte auch das verboten. Für den Moment sah es tatsächlich so aus, als ob ihrem Zug die Ideen ausgegangen waren.
Seitdem hatte sich die Situation überraschend positiv entwickelt. Marwan, ihr junger Dolmetscher, war zu entfernten Verwandten nach Gnjilane gezogen und somit beinahe ständig verfügbar. Er begleitete sie auf jede Patrouille und hatte begonnen, Veronika beinahe fanatisch zu verehren. Anfangs hatten
Weitere Kostenlose Bücher