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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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so etwas wie Respekt trat in die Augen der Fürsten. Offenbar hatte es sich herumgesprochen, wer den Wendepunkt der Schlacht herbeigeführt hatte.
    »Weitere Vertreter?«, fragte Cintorix.
    »Ich werde für die Iren sprechen, bis wir einen Nachfolger gewählt haben.« Es war der graubärtige Mann mit dem Stirnband. Baturix kannte ihn nicht mit Namen; anscheinend war er aber den anderen Druiden ein Begriff, denn er stellte sich nicht vor.
    Cintorix ergriff wieder das Wort. »Sabinus’ Vertretung werde vorerst ich übernehmen; die MacNevins sollten möglichst schnell einen Ersatz für Conroy bestimmen. Wir müssen darauf achten, dass unsere Organisation nicht zusammenbricht. Nun denn, zu den Berichten. Gibt es erste Schätzungen zu den Zahlen?«
    Medredydd nickte. Der Häuptling der Waliser war inzwischen sein grünes Wams losgeworden, so dass das Sonnensymbol auf seinem schwarzen Umhang deutlich zu erkennen war. »Ich habe ein paar meiner Männer über das Schlachtfeld geschickt, um die Leichen zu zählen. Es sind ungefähr zehntausend tote Fomorer, wobei ich nicht sagen kann, wie viele davon als Untote gefallen sind und wie viele noch gelebt haben.«
    »Wie viel die Kavallerie erwischt hat«, ergriff Ryan das Wort, »ist schwer zu schätzen bei einer mehrere Stunden langen Verfolgung auf einem mehrere Kilometer langen Gebiet. Ich schätze, dass es beim Tross ungefähr tausend waren, aber zuvor …« Er zuckte mit den Schultern.
    »Wir werden das genauer brauchen«, meinte Cintorix. »Gefangene?«
    »Knapp dreitausend«, antwortete Casey MacRoberts.
    »Und die eigenen Verluste?«
    »Ungefähr neuntausend«, antwortete Medredydd.
    Neuntausend!
Die Zahl ließ Baturix’ Mund nach unten klappen.
Neuntausend tote Kelten!
Bei allen Göttern, das war beinahe die Hälfte ihrer Armee!
    Gemurmel brach aus, das Cintorix mit ein paar barschen Worten zum Schweigen brachte. Er forderte die Versammlung auf, die Gefallenen nach Stämmen aufzuzählen, doch Baturix hörte nicht mehr zu. Hinter den Reihen der Druiden hatte er Allurix gesehen.
    Er wandte sich ab. Ohne seinem Herrn Bescheid zu geben oder um Erlaubnis zu fragen, drängte er sich hastig an den Druiden vorbei nach hinten. Er ignorierte das empörte, teilweise schon aggressive Gemurmel derer, die er dabei stieß oder denen er auf die Füße trat. Als er die Menge endlich hinter sich gelassen hatte, sah er schon Allurix, der außen herum gegangen war.
    Es gelang Baturix nicht, etwas aus der Miene des Gefährten herauszulesen. Allurix blickte verschlossen und ernst wie immer, vielleicht etwas verkrampfter …
Wegen Markus?
schoss ihm durch den Kopf, aber er schob den Gedanken zur Seite; Allurix hatte eigene Söhne, um die er vielleicht trauerte.
    Doch als er ihm gegenüberstand, als Allurix seinem Blick auswich, da wusste Baturix Bescheid. Markus war gefallen. Er hatte es befürchtet, den ganzen Tag lang, seitdem Lucius’ gelbes Ährenbanner im Sturm der Fomorer verschwunden war. Trotzdem fühlte es sich an, als ob ihm der Boden unter den Füßen weggezogen worden wäre.
Sein Sohn …
Seine Sicht verschwamm, als ihm Tränen in die Augen stiegen.
    »Es tut mir leid«, murmelte Allurix. Er zögerte kurz, wandte sich dann ab.
    »Warte!« Baturix versuchte sich zusammenzureißen, wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. Nachdem er geschluckt unddie Nase hochgezogen hatte, schien er sich für den Moment im Griff zu haben. »Was ist mit Tujan und Gustan?«
    Allurix presste die Lippen zusammen, sichtbar um Fassung ringend. Baturix verfluchte sich dafür, überhaupt gefragt zu haben.
    »Beide gefallen«, brachte Allurix schließlich über die Lippen, wandte sich dann ab und humpelte eilig davon.
    Baturix sah ihm nach, während erneut Tränen in seine Augen stiegen. Er schüttelte den Kopf.
    Warum?
fragte er sich.
Warum warum warum?
Warum hatte es Markus sein müssen, warum war er nicht nur verletzt wie so viele andere, warum hatte sich sein Sohn Lucius angeschlossen und keinem anderen Druiden, warum hatten sie überhaupt in diesen verfluchten Krieg ziehen müssen, warum … Baturix raufte sich die Haare. Er
wusste
, dass es nichts brachte, so zu denken; es gab keine Antwort auf diese Frage, es war einfach passiert und konnte nicht mehr rückgängig gemacht werden.
    Und trotzdem …
    Baturix zog die Dagda-Statue an ihrem Lederband unter seinem Wams hervor. Er nahm sie in die Hand, umschloss sie mit der Faust, stemmte sie gegen die Stirn.
    Oh, mein Gott, Dagda, WARUM?!?
    Markus

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