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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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kurzen Augenblick hörte Derrien sie wieder, die Ahnenstimmen
.
Er ignorierte sie. »Lord Rushai ist zurückgekehrt.«
    »Lord Rushai? Der vom Schattenwald? Der Schwarze Baum?« Calder war noch zu jung, um selbst dabei gewesen zu sein, doch jeder Waldläufer kannte die Geschichte.
    »Genau der. An der Spitze eines Trupps Reiterei, mit dem er durch Fomorerdörfer am Jostedalsbreen patrouillierte.«
    »Aber … Rushai ist doch tot! Hat man ihn nicht in seinem eigenen Kastell verbrannt?«
    »Evan und seinen Leuten scheint da ein Fehler unterlaufen zu sein.« Derrien knirschte mit den Zähnen. Den Waldläufern konnte er das verzeihen, aber keinem Druiden. Evan war jedoch jenseits aller Missgunst: Vor drei Jahren war er gefallen. Etwas hatte ihn in seinem Hotelzimmer in der Außenwelt besucht und seine Kehle mit einem Schattendolch aufgeschnitten.
    »MacNevins …« Calder klang skeptisch. »Einem MacRoberts wäre so etwas nicht passiert!«
    »Ha! Wenn ihr dieselbe Energie für eure Lagerdienste aufwenden würdet wie für eure Clanstreitigkeiten, hätten wir nie wieder Probleme mit überlaufenden Latrinen und leeren Köchern!« Derrien stand auf und ging geduckt zum Seil. »Komm mit, die Nacht wird kalt werden. Der Wächtergeist wird es uns schon wissen lassen, wenn Gefahr droht.«
    »Jawohl, Herr.«
    Gemeinsam machten sie sich daran, von der Felsnadel herabzuklettern.
    Als er später in seine Decken eingewickelt am Feuer lag, fand er lange keinen Schlaf. Gedanken und Erinnerungen verfolgten ihn.
Lord Rushai …
Als er schließlich doch eingeschlafen war, verfolgte ihn der Schattenlord noch in seinen Träumen weiter.

KEELIN
     
    Inverness, Schottland
    Sonntag, 01. November 1998
    Die Außenwelt
     
     
    Als Keelin aufwachte, war ihr speiübel. Von Würgereiz befallen, taumelte sie schlaftrunken über den Flur zur Toilette, ließ sich vor der Schüssel kraftlos auf die Knie sinken und kotzte, bis nur noch Galle kam. Ihr Magen brannte höllisch; je öfter sie sich übergab, desto höher kletterte der Schmerz ihre Speiseröhre empor. Schließlich, als es in ihrem Körper nichts mehr gab, was sie noch spucken konnte, klappte sie völlig erschöpft den Deckel herunter und legte sich mit dem Oberkörper darauf. So verharrte sie für mehrere Minuten in der absoluten Stille des nächtlichen Hauses.
    Der Traum
.
    Sie konnte sich haargenau daran erinnern, an jede Kleinigkeit, die sie erlebt hatte. Die kristalline Schärfe, mit der sie noch immer die Bilder vor Augen hatte, verwirrte sie über die Maßen. Sie konnte sogar den Nachhall der Schmerzen spüren, die ihr der Knöchel bereitet hatte. War das wirklich nur ein Traum gewesen?
    Andererseits war es völlig bescheuert, jetzt Hals über Kopf die Flucht zu ergreifen. Bei Nacht durch die Straßen zu ziehen war geradezu eine Einladung an die Banden der Stadt.
    Keelin hörte ein Flüstern.
    Sie erstarrte. Um sie herum herrschte Stille. Das Bad war zu klein, als dass sich dort jemand versteckt halten könnte, aber es war nicht von draußen gekommen … Sie war sich absolut sicher, etwas gehört zu haben! Sie stand auf und lauschte angestrengt, doch es blieb still.
    Du siehst Gespenster,
dachte sie schließlich.
Deine Nerven sind völlig überreizt.
    Als sie nach der Türklinke griff, hörte sie das Geräusch erneut. Es klang wie ein leises Summen oder Rauschen, als ob viele Stimmen gleichzeitig sprachen, wie in einem großen Saal. Keelin versuchte, sich darauf zu konzentrieren. Auch wenn sie keine einzelne Stimme heraushören konnte, ließ sich das Geräusch definitiv nicht leugnen. Das Beunruhigendste daran war, dass es tatsächlich nicht von draußen zu kommen schien. Sie hörte es
in
ihrem Kopf, es war ein Ohrgeräusch, so wie wenn man zu lange zu laute Musik gehört hatte.
    Sie schüttelte den Kopf und ging in die Gemeinschaftsküche, um sich einen Kaffee zu machen. An Schlaf war nicht mehr zu denken.
    Die Uhr über der Türe stand auf 03:50. Kein Wunder, dass es so still war. Sie war alleine – um diese Zeit war bestimmt niemand mehr auf. Nachdem sie den Kaffee aufgesetzt und sich eine Zigarette angezündet hatte, schaltete sie den Fernseher wieder an und suchte so lange durch die Kanäle, bis sie einen fand, der um diese Zeit tatsächlich noch ein Programm hatte und nicht nur Gewaltorgien und Pornos. Sie ließ sich berieseln, in der Hoffnung, mit dem Fernseher das merkwürdige Geräusch in ihren Ohren zu übertönen.
    Es gelang ihr nicht. Zweimal stellte sie den Ton lauter,

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