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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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dessen Oberseite mit grobem Werkzeug flach gehauen war. Auf dem Boden davor war eine große Plane aus braunem Leder ausgebreitet und mit Holzpflöcken an den Ecken abgespannt. An diesen waren auch die Arme und Beine der Leiche festgebunden, die völlig nackt mit dem Rücken auf der Plane lag. Gezielte Schnitte durch die Halsschlagadern – jedoch nicht durch die Kehle – hatten ihn umgebracht. Seine Haut war übersät von dünnen, braunen Linien. Ansonsten war der Tote unversehrt. Im Gegensatz zu dem toten Waldläufer am Baum hatte sich kein Tier an ihm zu schaffen gemacht, nachdem die Fomorer und Schatten abgezogen waren.
    »Sind das germanische Runen?«, fragte Calder.
    Derrien trat vorsichtig auf die Plane und beugte sich über den Toten. Ein Blick reichte aus, um ihm zu sagen, dass es sich bei der Farbe um geronnenes Blut handelte. Es waren tatsächlich Runen, teilweise rund und gewellt geformt, teilweise jedoch auch schroff gezackt und gekreuzt. Zu seiner Überraschung waren sie nur aufgetragen, die Haut darunter war unversehrt. Noch mehr überraschtees ihn jedoch, dass es sich bei den Runen um Klauenzeichen der Rattenmenschen handelte.
    Er schüttelte nachdenklich den Kopf. »Nein, keine germanischen. Das waren Rattenmenschen. Wahrscheinlich haben die Schatten sie von ihnen übernommen …«
    »Und was bedeuten sie?«
    »Nichts Gutes.« So viel stand fest, auch ohne die Runen übersetzen zu können. Niemand konnte das, zumindest niemand, der auf Seiten der Stämme stand. Vielleicht wären Renegaten dazu in der Lage.
    Vom Dorf ertönte ein lautes Krachen und Bersten. Derrien richtete sich wieder auf und ging das kurze Stück zurück zum Waldrand. Von dort sah er, dass die entstellte Eiche gestürzt war. Murdoch und Deweydrydd waren fertig mit ihrer Arbeit. Derrien nickte grimmig.
    Meine Rache hat begonnen …
    Als er wieder an der Ritualstätte war, wusste er, was zu tun war. »Schneidet ihn los!«, ordnete er an. »Und zieht ihm die Haut ab! Vielleicht finden wir jemanden, der das übersetzen kann.« Sie brauchten im Kampf gegen die Schatten jede Information, die sie kriegen konnten.
    Die Schotten starrten ihn entsetzt an. »Wir sollen …?«, fragte schließlich Brian. »Meint Ihr das im Ernst, Herr?«
    »Natürlich meine ich das im Ernst! Ihr wisst alle, wie es bei Tieren gemacht wird, also stellt euch nicht so an!« Er wandte sich um, um zurück zum Dorf zu gehen. »Und beeilt euch!«, rief er ihnen über die Schulter noch zu. »Es wird bald dunkel!«
     
    Eine halbe Stunde später saßen sie in dem größten Gebäude des Dorfes. Die leeren Fensterhöhlen waren mit Leder verhängt, so dass sie es wagen konnten, ein niedriges Feuer im Kamin brennen zu haben. Dennoch war es zugig und kalt, und Derrien fragte sich, ob sein großes Zelt nicht doch angenehmer gewesen wäre.
    Gerade waren die Späher zurückgekehrt, die er beim Erreichendes Dorfes losgeschickt hatte. Die beiden Männer waren so durchgefroren, dass er sie kurzerhand eingeladen hatte, mit ihm und den anderen Druiden zu essen. Es gab zwei fette Hasen, die irgendeiner seiner Männer überrascht hatte, und dunkles Brot aus ihren Vorräten. Um der Kundschafter willen hatte er sogar erlaubt, die Metvorräte anzugehen.
    Die ersten Minuten des Essens verliefen ungewöhnlich schweigsam. Die Späher, zwei Waliser namens Gareth und Dylandrydd, brachten kein Wort über ihre Lippen, sondern aßen, als ob sie seit zwei Wochen nichts mehr gekriegt hätten. Deweydrydd wirkte bedrückt, und nur Murdoch der Wolf war gesprächig. Ihm fuhr er jedoch schnell übers Maul – seitdem Derrien Ryan öffentlich zurechtgestutzt hatte, nutzte der Schotte jede Gelegenheit, über den Erzrivalen zu lästern. Seitdem herrschte eisige Ruhe. Nachdem der ärgste Hunger gestillt war, forderte Derrien deshalb die beiden Kundschafter auf, ihren Bericht zu erstatten.
    Die beiden legten ihre Messer zur Seite und warfen sich finstere Blicke zu. Spätestens jetzt war klar, dass sie keine guten Nachrichten hatten. Schließlich ergriff Gareth, der ältere und erfahrenere der beiden, das Wort.
    »Herr.« Er warf noch einmal einen kurzen Blick zu seinem Gefährten, bevor er fortfuhr: »An dem See, an dem wir heute waren –«
    »Strynsvatnet«, warf Deweydrydd zur Erklärung ein.
    »Das Strynsvatnet – so weit waren wir heute.« Gareth zögerte kurz. »Wir haben dort Weiler gefunden, Herr.«
    Derrien nickte, bedeutete ihm mit einer Geste, weiterzureden. Soviel war ihm bereits klar

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