Schattenkrieger: Roman (German Edition)
Kaynes Beschämung, als er den König angefleht hatte, sich von dem unsterblichen Oberherrn loszusagen, das schreckliche Schauspiel zu beenden und seine Mutter vor dem Scheiterhaufen zu retten.
Magnar hatte sich geweigert und schweigend zugesehen, wie die Flammen seine Mutter verzehrten.
Damals hatte Yllandris ihn für seine Vernunft bewundert. Er hatte getan, was nötig war. Er hatte die Prüfung des Schamanen bestanden. Nach allem, was sie in Frostwehr beobachtet hatte, war sie jedoch nicht mehr sicher, ob Magnar sich wirklich richtig entschieden hatte.
Ein Knirschen riss sie aus den Gedanken. Es waren die Zähne des Schamanen. Der Magierfürst deutete auf einen der Sechs, die beim König standen. Der Krieger hielt eine Fackel bereit. »Verbrenne ihn«, befahl der Herrscher. Der Leibwächter trat vor und entfachte das Holz, auf dem Mehmon stand.
»Ah, willst du mal wieder jemanden verbrennen? Darüber habe ich eine lustige Geschichte von einem Händler aus dem Flachland gehört.« Mehmon sprach schneller, weil die Flammen hochschlugen. »Es heißt, ein mächtiger Zauberer hätte sich einmal in die Tochter eines anderen Magiers verliebt. Er liebte sie mehr als alles andere auf der Welt. Das Zeitalter des Streits hatte nie zwei Sterne gesehen, die so hell zusammen brannten …« Er keuchte, als die Flammen seine Stiefel erreichten.
Yllandris bemerkte, wie die Schwestern verwunderte Blicke wechselten. Was tut er da nur? , hauchte Thurva Shranree ins Ohr. Doch als ihr Blick wieder auf den Schamanen fiel, begriff sie es. Dessen Gesicht hatte sich schrecklich verfinstert, wie eine Gewitterwolke, kurz bevor ein gewaltiger Sturm losbrach.
»Man erzählt sich, die Göttliche Inquisition habe schließlich das Mädchen gefasst. Sie taten ihr Dinge an, die kein Mensch sehen sollte. Aua. « Er keuchte wieder, seine Füße brannten bereits. Der stechende Geruch von brennendem Leder breitete sich in der kalten Luft aus.
Die Schmerzen waren Mehmons Stimme deutlich anzuhören, als er eilig weitersprach. »Der Magier konnte einfach nichts tun, denn die Inquisition blockierte irgendwie seine Magie. Diese Erfahrung konnte er nie vergessen. Er zog sich aus den Bergen zurück, entfernte sich weit von seinen Gefährten und verbrannte alles, was ihn an den Mann erinnerte, der er gewesen war, und an dessen Scheitern … verdammt, verdammt …«
Mehmons Flüche gingen in gequälten Schreien unter. Jetzt stieg Yllandris der Geruch von brennendem Fleisch in die Nase. Beinahe musste sie würgen.
Auf einmal gab es eine rasche Bewegung und ein Geräusch, als würde Stoff zerreißen, und der Schamane stand direkt vor dem Scheiterhaufen und hielt Mehmons abgerissenen Kopf in einer Hand. Die obere Hälfte der Wirbelsäule hing wie eine schimmernde weiße Schlange herab. Blut spritzte aus dem Hals des geköpften Körpers und landete zischend in den Flammen.
Yllandris wandte sich ab. Jetzt war ihr wirklich übel. Sie erbrach ihr Frühstück in den tauenden Schnee. Anderen erging es nicht besser als ihr. Sogar Shranree war erbleicht. Der Schamane hielt Mehmons Kopf dicht vor sein Gesicht und starrte in die leblosen Augen.
Auf einmal hatte sie große Angst.
»Bist du fertig, Mithradates?«
Die Schwestern neben ihr keuchten, und auch die anderen Zuschauer erschraken. Ein alter Mann war vor dem Thron des Königs anscheinend aus dem Nichts aufgetaucht. Er trug rote Gewänder, die für den schmächtigen Körper viel zu weit waren. Mit dem dünnen Bart und dem Schnäuzer sah er aus wie ein Geck. Müde auf seinen dünnen Stock gestützt, bot er ein Bild der Erschöpfung.
Einer der Sechs ging sofort auf den Eindringling los und hob das Langschwert über den Kopf, um den Fremden aus dem Tiefland zu erschlagen.
Der alte Mann zog eine Augenbraue hoch, und das Schwert wurde dem Krieger aus der Hand gerissen. Es flog hinauf in die Luft und drehte sich, bis die Spitze auf den Krieger zielte. Der Leibwächter schnitt eine Grimasse, bewegte sich aber nicht und blieb zwischen dem Schwert und Magnar.
Neben Yllandris regte sich jemand. »Schwestern, zu mir!«, rief Shranree und breitete die Hände aus, um den Neuankömmling mit ihrer Magie anzugreifen. Goldenes Licht entsprang den vorgestreckten Handflächen und raste auf das Ziel zu, doch statt ihn zu treffen, bog sich das Licht um ihn herum und löste sich hinter ihm einfach auf. Der alte Mann krümmte einen Finger, worauf Shranree sich an die Kehle griff. Das rote Gesicht lief purpurn an, während sie
Weitere Kostenlose Bücher