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Schattenkrieger: Roman (German Edition)

Schattenkrieger: Roman (German Edition)

Titel: Schattenkrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luke Scull
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Gedanken nach. »Meistens liegen die Dinge nicht so einfach, wie es scheint«, sagte er schließlich. »Das wirst du schon noch lernen, wenn du älter wirst.«
    Diese Bemerkung verwirrte Cole. »Aber du arbeitest doch für die Weiße Lady.«
    »Ja«, bestätigte der Nachtmann. »Sie bezahlt mich gut. Die Schatzkammer von Thelassa ist gut gefüllt, und ich brauche eine Menge Gold.«
    »Warum?«
    »Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten.«
    Nun war es an Cole, eine Weile zu schweigen. »Wie viele Männer hast du getötet?«, fragte er, als ihm das Schweigen unangenehm wurde.
    Der Nachtmann sah ihn an. »Die Zahl dürfte der Anzahl der Frauen entsprechen, bei denen du gelegen hast.«
    Cole pfiff leise. »So viele. Das wusste ich nicht.«
    »Wie ich schon sagte, kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten.« Der Meuchelmörder war gereizt. »Genug geredet. Wir haben viel zu tun. Geht es wieder?«
    Cole rappelte sich auf. Sein Bauch fühlte sich immer noch an, als steckte eine Eisenkugel darin. Aber schweigendes Erdulden war das, was einen Helden auszeichnete. »Schon gut«, sagte er. »Ich bin hart im Nehmen.«
    Der Dunkelmann knirschte mit den Zähnen. »Du bist kein harter Mann«, erwiderte er aufgebracht. »Du bist noch nicht einmal ein richtiger Mann. Aber das wird sich jetzt ändern.«

Das reinigende Feuer

    »Shranree wünscht dich zu sehen, Schwester.«
    Yllandris schloss die Augen. Der Augenblick war gekommen. Sie freute sich keineswegs auf die Begegnung. »Ich bin gleich da«, erwiderte sie und wedelte direkt vor Thurvas hässlichem Gesicht herablassend mit einer Hand. Die kleine, mädchenhafte Hexe war, wenn man von ihr selbst absah, das jüngste Mitglied des Zirkels.
    »Shranree sagt, du musst sofort mitkommen«, protestierte Thurva. Es war kaum zu erkennen, ob sie wirklich wütend war, denn das linke Auge interessierte sich ausschließlich für den Nasenflügel. Äußerlich bot sie ein beinahe komisches Bild, aber Yllandris wusste, dass es keinen Grund gab, an Thurvas Klugheit zu zweifeln. Das gerissene und hinterlistige Biest war ständig darauf aus, sich bei Shranree und den anderen älteren Schwestern einzuschmeicheln.
    Yllandris seufzte. »Na gut. Warte einen Moment.«
    Die Rückreise nach Herzstein war erheblich schneller verlaufen als der Aufstieg in die andere Richtung. Sie hatten beinahe hundert Männer verloren, viele davon durch den feindlichen Zirkel, aber insgesamt war die Erstürmung von Frostwehr ein überwältigender Erfolg gewesen. Die stolze Stadt, die sich einst am Rande des Schwarzwassers ausgebreitet hatte, bestand jetzt nur noch aus verbrannten Ruinen, zwischen denen die verkohlten, verstümmelten Überreste der einstigen Bewohner verwesten.
    Drei Nächte waren vergangen, seit das Heer nach Herzstein zurückgekehrt war. Jede Nacht hatte sie im Traum die Bilder des grausamen Massakers gesehen: Die Gesichter der jungen Hexen vom Seezirkel, die zerschmolzen, bis der nackte Schädel zum Vorschein kam; wie die spröden Knochen der alten Agatha unter den Keulenschlägen zerbrachen, nachdem Shranrees schreckliche Magie die Rebellen in die Flucht geschlagen hatte; drei kleine Augenpaare, die sie voller Entsetzen und hilflos anstarrten, während ganz in der Nähe die Mutter starb …
    Yllandris holte tief Luft, als ihr Herz zu rasen begann. Niemand hatte gesehen, dass sie vor dem rücksichtslosen Gemetzel, das nach dem Sieg begonnen hatte, geflohen war. Oder wenigstens hatte keine ihrer Schwestern davon erfahren. Hätten sie es gehört, dann hätte man sie längst bestraft. Sie erinnerte sich, wie sie einen raschen Blick auf das riesige fliegende Wesen erhascht hatte, das hoch über Frostwehr durch den Himmel gezogen war. Die bloße Gegenwart des Geschöpfs hatte ihr das Blut in den Adern stocken lassen. Hätte sie es den Schwestern gegenüber erwähnt, dann hätte sie nur mit unangenehmen Fragen rechnen müssen. Es war besser, gar nicht erst damit anzufangen.
    Die Zerstörung von Frostwehr hatte ein blutiges Zeugnis für den erbarmungslosen Willen des Schamanen abgelegt. Als Strafe für den Bruch des Vertrags war eine ganze Stadt voller verhungernder Hochländer niedergemacht worden.
    Dem Häuptling, der es gewagt hatte, dem König und dem unsterblichen Oberherrn zu trotzen, stand das Schlimmste noch bevor.
    Yllandris ging das kurze Stück bis zum Großen Langhaus hinter Thurva her. Sie hatte keine Lust, mit der Frau zu reden, die nur ein wenig älter war als sie selbst. Es waren noch

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