Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenkrieger: Roman (German Edition)

Schattenkrieger: Roman (German Edition)

Titel: Schattenkrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luke Scull
Vom Netzwerk:
Beide verloren. Falcus wahrscheinlich auch. Was ist überhaupt in der Dünung passiert?
    Die Expedition zum Ruheplatz des Herrn der Tiefe hätte genügend kristallisierte Rohmagie einbringen sollen, um neue Augmentoren zu erschaffen, doch sie hatten immer noch keine Nachrichten bekommen. Im Notfall hätte Falcus in weniger als einem Tag nach Dorminia zurückkehren können. Die Tatsache, dass er es nicht getan hatte, konnte nur bedeuten, dass die ganze Expedition in einer Katastrophe geendet hatte.
    Er schüttelte den Kopf. Sie hatten von vornherein gewusst, dass es ein gefährliches Unterfangen war. Er dachte an Admiral Kramers arme Familie, an die Erleichterung, da sein Todesurteil widerrufen worden war, damit er in die gefährliche Dünung segeln konnte. Die Welt liebt solche gemeinen Wendungen.
    Von der anderen Straßenseite näherte sich ihm jemand. Dem Humpeln nach war es Hauptmann Loric. »Was gibt es Neues am Osttor?«, fragte er.
    »Sie werden in einer Stunde in Reichweite sein«, erwiderte der Offizier.
    »Wie viele Männer haben wir auf dem Wall?«
    Loric wischte sich den Schweiß von der Stirn. Vorn wies sein sonst dunkles Haar bereits einen grauen Streifen auf. Diese Äußerlichkeit und seine Neigung, die Untergebenen zu piesacken, hatte ihm den Spitznamen »Dachs« eingetragen. »Fünfzehnhundert Milizionäre und zweihundert Wächter.«
    Barandas überlegte. »Lasst die Miliz auf den Wällen stehen und befehlt einen Ausfall, um wenn nötig die Belagerungswaffen abzufangen. Wir müssen sie lange genug aufhalten.«
    Der Hauptmann blinzelte verwirrt. »Lange genug aufhalten, und was dann, Kommandant?«
    »Lasst das meine Sorge sein, Hauptmann. Ihr habt Eure Befehle.«
    »Jawohl.« Loric salutierte. Dann zögerte er. »Ihr habt nicht zufällig Leutnant Toram gesehen?«
    Barandas schüttelte den Kopf. Von seinem kurzen Besuch in Malbrec konnte er sich an den Offizier mit dem Schnurrbart erinnern. Es war kein angenehmer Tag gewesen.
    »Egal. Wenn Ihr erlaubt.« Loric salutierte noch einmal und humpelte in östlicher Richtung davon.
    Barandas blickte ihm nach. Zwischen den Vorhängen erschienen die Gesichter der Einwohner und verschwanden sofort wieder. Bis auf die Soldaten und Milizionäre waren die Straßen verlassen. In den Häusern war es still, die Geschäfte waren geschlossen, die Wirtshäuser verrammelt. Wer nicht direkt mit der Verteidigung der Stadt befasst war – also vor allem die Frauen, die Jungen, die Alten und Kranken –, hatte sich hinter verschlossenen Türen in Sicherheit gebracht.
    Er dachte an Lena in ihrer Villa im Edlen Viertel. Krank vor Sorge wartete sie dort mit dem ungeborenen Kind auf ihn. Ich werde Vater. Seit dem Morgen des vergangenen Tages hatte er seine Frau nicht mehr gesehen. Schuldgefühle nagten an ihm. Ich habe Pflichten, sagte er sich selbst. Der Stadt und den Menschen gegenüber. Meinem Herrn gegenüber.
    Er griff in den kleinen Beutel, den er am Gürtel trug, und zog das Seidentuch heraus, das Lena ihm anlässlich ihres vierten Hochzeitstages geschenkt hatte. Es roch nach Jasmin und ihrem Lieblingsparfüm. Er lächelte, als er es sich vor das Gesicht hielt.
    »Herr«, rief Kalen. Es klang nach einer Warnung. Barandas blickte auf und sah Hauptmann Bracka, der sich auf einen anderen Soldaten stützte und sich zu ihm schleppte. Eine Gesichtshälfte des Offiziers war voller Blut. Es rann die Wange hinunter und verlor sich im roten Bart. Den rechten Arm hielt er schützend mit dem linken fest. Aus dem gebrochenen Körperteil ragte der Knochen hervor.
    »Hauptmann, was ist geschehen?«, fragte er.
    Brackas Augen wirkten gehetzt, als hätte er ein Gespenst gesehen. »Ungeheuer«, berichtete er niedergeschlagen. »Als Frauen verkleidete Ungeheuer. Sie sind die Mauern hochgeklettert und haben drei Dutzend Männer getötet, ehe wir überhaupt reagieren konnten …« Er ließ den Satz unvollendet.
    »Sie kamen wie aus dem Nichts«, warf der junge Wächter, der Bracka stützte, mit bebender Stimme ein. »Ohne Vorwarnung.«
    Barandas schnitt eine Grimasse. Die Geistfalken hatten die bleichen Frauen nicht entdeckt. Lord Salazar hatte ihn gewarnt, dass die Dienerinnen der Weißen Lady seltsame Fähigkeiten besaßen – er hatte ihre Macht aus erster Hand erlebt –, doch dass sie gegenüber dem Gedankenschürfen immun waren, hatte nicht einmal der Magierfürst vorhergesehen.
    »Das ist noch nicht alles, Herr. Die dritte Kompanie marschiert jetzt. Binnen einer Stunde werden die Mauern

Weitere Kostenlose Bücher