Schattenkrieger: Roman (German Edition)
»Nur einer von uns kann diesen Strand lebend verlassen.«
Ein Krieger, der neben Borun stand, ein junger Kerl mit finsterer Miene, den Kayne nicht kannte, reckte den Speer in die Luft und spie aus. »Wir machen dich fertig, alter Mann. Rechne nicht mit Hilfe. Es sei denn, der Pissfleck da weiß, wie man eine Klinge führt.« Damit grinste er Vicard an, der langsam zurückwich. In der Ferne beobachtete Kayne drei weitere Hochländer, die hinter Felsblöcken und Büschen hervorkamen, um Sasha und Isaac den Weg abzuschneiden.
Borun winkte, und seine Männer traten vor und hoben die Waffen, Blutgier in den Augen. »Oder hast du es auf deine alten Tage verlernt, Kayne?«, stichelte er. Die riesige Streitaxt funkelte böse in der Sonne.
Brodar Kayne antwortete nicht. Er wartete einfach ab und blieb, die Hände auf den Knauf des Großschwerts gestützt, ganz ruhig stehen. »Ich nehme an, du willst lieber weglaufen«, zischelte er Vicard zu, der hinter ihm kauerte. Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, da humpelte der Alchemist bereits davon und stieß bei jedem wackligen Schritt ein schmerzliches Keuchen aus.
Der hässliche Kerl stieß unvermittelt mit dem Speer nach Kaynes Kopf. Kayne wich aus, die Spitze sauste an seinem Ohr vorbei. Dann bedrohte ihn rechts die schartige Schneide eines halb verrosteten Langschwerts. Er fuhr herum, die Klinge zerteilte pfeifend die Luft. Na gut, jetzt wird es ernst.
Er rang sich ein Lächeln ab. »Mehr habt ihr nicht drauf?«, sagte er. »Ich bin vielleicht alt, aber noch lange nicht tot. Gebt euch doch ein bisschen Mühe. Nun kommt schon.«
Der Speerträger gehorchte sofort, sprang vor und zielte auf Kaynes Brust. Blitzschnell wich der alte Hochländer nach rechts aus, um dem Stoß zu entgehen, packte den Schaft mit der linken Hand und zog. Der Angreifer machte ein verblüfftes Gesicht, bis Kaynes Kopfstoß ihm die Nase zertrümmerte.
Immer noch eine Hand an das Großschwert gelegt, packte er den benommenen Gegner am Hals, zog ihn zur Seite und schob ihn zwischen sich und die herabsausende Klinge des anderen Angreifers. Das Blut spritzte hoch, als die rostige Klinge zwischen Hals und Schulter in den menschlichen Schild einschlug und dort stecken blieb.
Kayne dankte stumm seinem Glück, hob das Großschwert und bohrte es dem erschrockenen Gegner ins Brustbein, als dieser noch versuchte, die Klinge aus dem Körper des anderen Mannes zu ziehen. Die Spitze kam im Rücken wieder zum Vorschein. Sofort riss Kayne die Waffe zurück und sah zu, wie die beiden sterbenden Hochländer in einem Gewirr aus Gliedmaßen und Eisen zu Boden gingen.
Borun starrte betroffen das Blutbad an. Seine beiden verbliebenen Männer waren auf einmal erheblich vorsichtiger, und die Kampfeswut wich ebenso schnell aus ihren Mienen wie die Lebenskraft aus ihren gefallenen Kameraden. »Du hast behauptet, das Alter setzt dir zu«, sagte Borun vorwurfsvoll.
Kayne zuckte mit den Achseln. »Ich bin nicht mehr so gut wie früher. Kann nicht mehr geradeaus pissen, wenn überhaupt. Ich habe Schmerzen an Stellen, von denen ich nicht einmal wusste, dass sie wehtun können. Aber wenn es eines gibt, das ich noch ganz gut beherrsche«, fuhr er fort und näherte sich den drei Männern, »dann ist es das Töten. Wenn man das einmal gelernt hat, vergisst man es nie wieder.« Nickend betrachtete er Boruns Streitaxt. »Früher habe ich mir noch Mühe gegeben und markiert, wen ich getötet hatte«, sagte er leise. »Wenn ich auf einer Waffe keinen Platz mehr hatte, habe ich mir eine neue genommen. Das war mir irgendwann zu lästig.«
Er stand jetzt vor den drei Hochländern. Sie schwärmten aus und wollten ihn einkreisen. Er erwiderte nacheinander ihre Blicke und konzentrierte sich auf Borun. »Du weißt, wie ich damals war. Voller Feuer und Donner und wilder Wut. Aber wenn man ein Jahr wie ein Tier im Käfig verbringt, ändert man sich. Wenn man sieht, wie die eigene Frau lebendig verbrannt wird, verändert man sich. Man lernt zu akzeptieren, was nicht geändert werden kann, damit man nicht zerbricht. Man passt sich an. Beispielsweise«, sagte er, als Jerek sie endlich erreichte und mit der Axt dem Hochländer auf der linken Seite den Schädel spaltete, »vergibt man nicht einen Vorteil, wenn sich einer bietet. Welche Ehre hat eigentlich ein Mann, der eine Frau vergewaltigt und sie dann bei lebendigem Leibe verbrennt? Das Gesetz ist keinen Furz wert, wie ich es sehe.«
Borun und sein letzter Hochländer waren herumgefahren,
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