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Schattenkrieger: Roman (German Edition)

Schattenkrieger: Roman (German Edition)

Titel: Schattenkrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luke Scull
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hässliche Schnittwunde auf der Stirn, schien ansonsten aber weitgehend unverletzt.
    »Geprellte Rippen«, erklärte sie. »Ein Fuß verstaucht und eine ausgekugelte Schulter, die Isaac wieder eingerenkt hat. Ich wusste gar nicht, dass er auch ein Heiler ist.«
    »Und Angler«, erwiderte der alte Barbar. Allmählich verstand er, warum der Halbmagier den Burschen bei sich behielt.
    Sasha wischte Vicards Stirn mit einem feuchten Tuch ab. Der Alchemist stöhnte leise, ergriff ihre Hände und hielt sie fest, als ginge es um sein nacktes Leben. Jerek bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. Sogar Sasha schürzte angewidert die Lippen.
    »Wolf, hol unseren begabten Freund her«, sagte Kayne. Er hielt es für klug, Jerek etwas zu tun zu geben, ehe der Krieger den Alchemisten an Ort und Stelle erwürgte. Sein Freund grunzte und marschierte zum Felsvorsprung.
    Kayne blickte zum Himmel hinauf. Wie viel Zeit war vergangen, seit die Welle sie auf den Kiesstrand geworfen hatte? Höchstens drei Stunden, schätzte er. Die Sonne stand niedrig hinter den vereinzelten Wolken, spendete dem jungen Tag ihr goldenes Licht und spiegelte sich in dem jetzt wieder ruhigen Wasser des Totenkanals. Alles in allem begann ein prächtiger Morgen. Er dachte an einen anderen Morgen vor vielen Monaten. Damals hatte einer seiner finstersten Tage begonnen.
    »Hast du Magierfluch noch bei dir?« Die Frage des Mädchens holte ihn in die Gegenwart zurück. Er tastete nach seinem Gürtel.
    »Ja, hier ist er. Die Welle hat uns ein paar Meilen vom Kurs abgebracht. Ich würde sagen, wir müssen nach Norden und dann nach Osten, bis wir das Grabmal sehen.«
    Vicard wimmerte schon wieder. Sasha betrachtete ihn zweifelnd. »Er kann das Bein nicht belasten. Wir können ihn aber auch nicht hier zurücklassen.«
    Der Alchemist stemmte sich auf dem rechten Ellenbogen hoch und stöhnte dabei aus Leibeskräften. »Mein Beutel«, keuchte er. »Wo ist mein Beutel?«
    Sasha ging zu Vicards Gepäck, das bei den wenigen Habseligkeiten lag, die das Unglück überstanden hatten. »Du hast Glück«, sagte sie. »Ich habe schon nachgesehen. Das meiste ist intakt.« Sie holte die Sachen und stellte sie vor dem Alchemisten ab. Er wühlte mit dem freien Arm, und seine Erregung nahm zu, als er nicht finden konnte, was er suchte. Beutel und Behälter flogen durch die Gegend, während seine Hand immer tiefer forschte. Auf seinem Gesicht bildete sich ein Schweißfilm. Sasha beobachtete ihn beunruhigt.
    Schließlich hatte Vicard doch Erfolg. Mit einem erleichterten Seufzen zog er einen kleinen braunen Lederbeutel ganz unten aus dem Rucksack. Der Alchemist fummelte an der Schnur herum, dann hob er den Beutel vor das Gesicht, steckte die Nase hinein und schnaubte lautstark. Als er den Beutel sinken ließ, war die Nase mit einem weißen Pulver bedeckt. Er seufzte zufrieden und grinste dümmlich.
    Brodar Kayne beobachtete mit tief gefurchter Stirn die Szene. Er hatte gesehen, wie Hochländer hoffnungslos von jhaeld abhängig wurden, von der Feuerwurz, die in den einsamsten Gebieten der Berge zu finden war. Das zu Pulver gemahlene Harz der seltenen Pflanze erzeugte ein Gefühl, als sei das Blut in den Adern in Brand geraten. Die Droge weckte die Leidenschaft und gab einem Mann den Mut, die Feinde zu zerschmettern, als sei er der Sensenmann oder Gevatter Tod persönlich. Wer die Droge nahm, starb jung, weil er sich auf Unternehmungen verlegte, die seine Fähigkeiten überstiegen. Zu großes Selbstvertrauen brachte einem Mann rasch den Tod.
    Das Pulver, das Vicard schnupfte, war weiß und nicht rostrot wie das jhaeld, aber die Euphorie, die seine Miene zeigte, war unverkennbar die Gleiche. Kayne räusperte sich. »Das sollte für den Augenblick reichen. Kannst du aufstehen?«
    Vicard steckte gewissenhaft den Beutel wieder in seinen Rucksack und verschnürte die Riemen. Abermals schmierig lächelnd hielt er Sasha den unverletzten Arm hin. »Zieh mich hoch«, befahl er. Sie warf ihm einen bösen Blick zu, leistete der Bitte aber Folge und zog ihn auf die Beine. Er hüpfte etwas herum, bis er es wagte, den verrenkten Knöchel zu belasten. Anscheinend konnte er einigermaßen laufen.
    »Die Verletzung ist wohl nicht so schwer«, meinte Kayne. »Aber du solltest aufhören zu grinsen. Der Wolf kehrt gleich zurück, und du willst ihn sicher nicht unnötig reizen.«
    Offenbar war Jerek sowieso schon mächtig wütend. Isaac folgte ihm, das nichtssagende Gesicht zu einem leichten Lächeln verzogen.

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