Schattenlord 1 - Gestrandet in der Anderswelt
damit er ein bisschen menschenwürdiger aussieht. Kannst du das übernehmen?«
»Sicher.« Laura schaute über die Unglücksstelle. Von hier oben sah alles viel schlimmer aus. Aber auch schon nach organisiertem Aufbau. Ein provisorisches Lager entstand, jemand hatte ein Sonnendach aus Decken und Tüchern errichtet, und die Verletzten wurden darunter aufgereiht. Unterhalb des Einstiegs waren Jack und einige Männer dabei, eine Art Rampe zu bauen, derweil sich zwei Stewardessen mit dem Konstruieren einer Bahre abmühten. Eine zierliche, kleine Frau mit einem fast hüftlangen braunen Zopf balancierte eine Tasche auf einem langen Stiel nach oben.
Laura beugte sich vor und griff hastig danach. »Vielen Dank!«
»Wenn Sie noch etwas brauchen, rufen Sie, ich bin nicht weit.« Die Frau hob kurz die Hand und ging dann wieder zum Lager.
Laura fand in dem Beutel eine kleine Flasche Wasser, ein Tuch und einige Tabletten. Sie kehrte zu dem Piloten zurück.
»Ich will keine Pillen«, wehrte er ab. »Ich muss bei klarem Verstand bleiben.«
»Nehmen Sie sie, Flugkapitän«, forderte Laura ihn auf. »Sie halten den Transport sonst nicht aus. Und die anderen machen ihre Sache auch ohne Sie ganz gut. Der Sky Marshal …«
»Ja. Jack. Guter Mann. Es ist gut, dass wir ihn haben, denn Andreas ist noch zu grün. Aber Jack hat schon sehr viel erlebt … viel zu viel für sein junges Leben.« Elias nahm die Pillen und trank einige Schlucke Wasser, die ihn allerdings zum Husten reizten. Er stöhnte gequält.
Laura befeuchtete das Tuch und rieb das Blut aus seinem Gesicht. Schüttere graue Haare, untersetzte Figur, zwischen Anfang und Mitte fünfzig. Ein Mann, der Vertrauen erweckte. »Sagen Sie mir bitte, wenn ich Ihnen wehtue …«
Milt unterbrach sie: »Wir sind so weit, die Trage kommt grad rauf. Wirken die Tabletten schon, Sir?«
»Vor lauter Schmerz spüre ich nichts mehr. Ich habe keine Ahnung, Mister …«
»Sagen Sie Milt zu mir, Sir. Mit Mister hat mich noch nie einer angeredet.«
»Nur, wenn Sie aufhören, Sir zu mir zu sagen.«
»Okay, Flugkapitän. Denken Sie, Sie können Ihre Arme um mich legen, damit ich Sie hier rausziehen kann?«
»Schaffen Sie das? Ich bin kein Leichtgewicht und vermutlich so groß wie Sie …«
»Jack ist zwar stärker als ich, aber er passt hier nicht mit Ihnen zusammen rein. Also muss es so gehen.«
Lauras Magen krampfte sich zusammen, als Elias bereits beim Heben der Arme aufschrie. Wahrscheinlich waren seine inneren Verletzungen noch viel schwerwiegender, als sie angenommen hatte. Dennoch verschränkte er die Arme hinter Milts Nacken, der über ihn gebeugt stand. Sein Gesicht drückte Verzweiflung aus: Er wollte nicht so hilflos wirken, wollte seinen Schmerz unter Kontrolle halten.
»Tut mir leid, aber ich …«
»Seien Sie nicht dumm.«
Erneut schrie Elias auf, als Milt ihn um die Taille fasste und ihn langsam hochzog. Laura stützte von hinten, und das verhinderte in einem gefährlich schwankenden Moment, dass sie zurück in den Sitz fielen.
Der Pilot hing wie ein Sack an Milt, der den Verletzten rückwärtsgehend aus der Kanzel zog. Laura beseitigte hastig alles, worüber er stolpern konnte. Jack wartete bereits mit der Trage und half Milt, den Flugkapitän darauf abzulegen. Fisher schrie noch einmal laut auf, dann verlor er das Bewusstsein.
»Na endlich«, sagte Jack fast erleichtert. »Jetzt tun wir uns leichter, ihn nach unten zu bringen. Das Festbinden hätte ihn wahrscheinlich in den Wahnsinn getrieben.« Er sah Laura scharf an. »Gut gemacht, Mädchen. Geh jetzt runter, den Rest machen wir schon.«
Laura brachte keinen Ton heraus. Mit zitternden Knien stieg sie die Rampe hinab, ging zum Lager und setzte sich an den Rand des Schattens, so weit wie möglich von den Verletzten entfernt. Alles in ihr schien abgestorben.
»Trinken Sie was.«
Laura hob den Kopf und erkannte die Stewardess mit den unheimlichen Augen. Sie hielt ihr eine Dose Cola hin.
»Das wird Ihren Magen beruhigen und Ihren Kreislauf stabil halten.«
»Wo haben Sie das denn her …?«
»Wir konnten einiges retten, aber leider wird das nicht lange reichen. Wir hatten natürlich nicht viel an Bord. Doch das braucht uns jetzt nicht zu kümmern. Wichtig ist, dass wir erst mal alle wieder zu Kräften kommen. Zu essen gibt es leider nichts außer Schokoriegeln und Bonbons.« Sie legte Laura einen Schokoriegel in die Hand. »Essen Sie ihn schnell, bevor er vollständig geschmolzen ist.« Zuletzt gab sie ihr noch
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