Schattenlord 1 - Gestrandet in der Anderswelt
erledigt.« Finster blickte er dabei Rimmzahn und Karys an, und sein Blick streifte auch kurz Zoe, die mit beleidigter Miene dastand.
»Ich glaube das alles einfach nicht …«, stieß eine Stewardess hervor; sie kämpfte mit den Tränen. Die Frau mit den unheimlichen Augen legte den Arm um ihre Schultern und drückte sie an sich.
»Das tut niemand!«, entfuhr es Laura.
»Und damit sollten wir uns auf die Nacht vorbereiten«, schlug Milt vor. »Es wird kühl in der Wüste, das wird auch bei kristallglitzerndem Sand nicht anders sein.«
Laura und Zoe fanden in den verstreut herumliegenden Überresten ein paar Decken und Jacken, die sie als Kissen benutzen konnten, nachdem niemand Anspruch auf die Stücke erhob. Ihre eigenen Koffer entdeckten sie nicht. Sie suchten sich einen Platz am Rand des Sonnenschutzes, nah bei den Trümmerstücken, um der Kälte der Wüste nicht vollends ausgesetzt zu sein. Die beiden Frauen erhielten ihre Ration an Schokoriegeln, Erdnüssen und je eine Dose Cola von einer Stewardess, die blass und müde aussah.
Zoe kauerte sich auf ihr dürftiges Lager und strich sich durchs lange blonde Haar. »Keine Zahnbürste, kein Spiegel, nichts zum Wechseln …« Sie seufzte.
»Du siehst großartig aus«, sagte Laura.
Zoes Hand strich über die schwarz tätowierten Sonnenstrahlen um ihren Bauchnabel. »Aber nicht mehr lange, wenn ich nicht ganz schnell meine Creme bekomme.« Sie schlüpfte aus den Stöckelschuhen und massierte ihre Füße. »Was gäbe ich für einen Hamburger …«
»Du müsstest es doch gewohnt sein zu hungern«, bemerkte Milt, der sich zu ihnen gesellte. Laura fiel auf, dass er Zoe aufmerksam betrachtete.
»Für meinen Beruf«, sagte Zoe scharf, »und freiwillig. Aber jetzt habe ich einfach nur Hunger.«
»Du kannst gern noch meinen halben Schokoriegel haben.«
»Wirklich? Du bist süß!«
Laura überließ die beiden sich selbst, stand auf und ging langsam durch das Lager. Überall richteten die Menschen sich auf die Nacht ein. Die deutsche Familie - ihr Name war Müller, wie Laura mittlerweile wusste - nickte ihr zu, als sie an ihnen vorüberkam. Angela und Felix, die Eltern, und Sandra und Luca. Angela hatte alles voll im Griff, sie war Geschäftsfrau durch und durch, gewohnt zu organisieren. Ihr Mann wirkte eher verwirrt und staunend, ganz so wie sein Sohn. Und Sandra schmollte, ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen; sie interessierte sich augenscheinlich nur für Zoe, weil sie immer wieder zu ihr hinüberschielte.
Keiner hatte den Schock verarbeitet, doch sie verdrängten ihn. Der Absturz an sich war schon katastrophal genug, aber nun an einem völlig fremden Ort gestrandet zu sein, ohne Hoffnung auf Rettung … Darüber durfte man einfach nicht nachdenken, weil man sich sonst der Tatsache stellen musste, dass es keinen Ausweg mehr gab.
Obwohl … Laura hatte den Eindruck, dass einige von der Besatzung, aber auch Passagiere gar nicht so verwirrt oder verstört waren, wie sie sein sollten. Sie waren sicherlich völlig von dem Absturz überrascht worden, hatten aber kaum einen Blick für die Umgebung übrig. Als würden sie wissen, was der Kristallsand zu bedeuten hatte.
Laura verfiel wieder ins Grübeln; es ging weitaus mehr vor sich als nur eine Flugzeugkatastrophe. Schon seit dem Start passte nichts zusammen. Einige Leute an Bord waren ihr seltsam vorgekommen. Und dann dieser Hauch ganz zu Beginn, der Laura gestreift hatte … Sie konnte ihn nach wie vor nicht vergessen, spürte ihn sogar immer noch wie einen Nachhall auf der Haut, in der Haut. Das war einer der Gründe, warum sie durch das Lager ging - sie wollte herausfinden, ob sich dieses Gefühl wiederholte.
Aber nichts geschah.
Natürlich, dachte sie wütend. Für einen Augenblick bist du davon überzeugt, dass deine künftige Liebe sich an Bord befindet, und jetzt… ist er bestimmt tot.
Die beiden Stewardessen umsorgten die Verletzten. Laura wollte schnell weitergehen, aber ihr Blick wurde wie magisch angezogen. Sie sah alle der Reihe nach an, lächelte, wenn jemand ihren Blick erwiderte, und fühlte sich dabei elend und hilflos. Schuldig, weil sie so munter und aufrecht herumspazieren konnte, während andere sterben mussten oder Schmerzen litten.
Vielleicht …. vielleicht gab es ja doch Aussicht auf Rettung. Sie durfte sich keinesfalls selbst herunterziehen, sondern musste sich jetzt den Gegebenheiten anpassen, das war die oberste Überlebensstrategie. Aufgeben kam nicht infrage!
Unwillkürlich
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