Schattenlord 1 - Gestrandet in der Anderswelt
»Dieses alberne Getue bringt uns keinen Schritt weiter.«
»Warum lässt er sein Lager nicht durchsuchen, wenn er nichts zu verbergen hat?« Der mondgesichtige Mann deutete anklagend auf den Hageren.
»Weil nicht einfach jeder daherkommen und alles von mir durchwühlen kann!«, erwiderte der Hagere erbost. »Ich habe ein Anrecht auf Privatsphäre!«
»Schluss jetzt!« Jack schien nahe daran, die Beherrschung zu verlieren. »Habt ihr es immer noch nicht verstanden, worauf es ankommt? Geht es nicht in euren Schädel, dass wir gestrandet sind?«
»Das ist mir nur allzu bewusst«, sagte Rimmzahn. »Und genau deswegen werden diese Diebstähle aufgeklärt und der Schuldige aus der Gemeinschaft ausgestoßen! So jemand hat kein Recht, die Vorräte mit uns zu teilen!«
»So kommen wir nicht weiter«, mischte Andreas Sutter sich ein. »Wir verfolgen hier keine Lynchjustiz und beschuldigen nicht jeden, wie es uns gerade in den Sinn kommt. Hat jemand einen konkreten Verdacht?«
Schweigen, jedoch keine Verlegenheit, sondern eher wütende Entschlossenheit. Einige schienen zu überlegen, ob sie ihren Verdacht aussprechen sollten oder nicht; auffordernd sah einer den anderen an in der Hoffnung, diese Person möge gestehen.
Laura konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass niemand auch nur den Ansatz eines konkreten Verdachtes hatte.
»Ich möchte gern etwas dazu sagen«, erklang eine schwache Stimme aus dem Hintergrund. Sofort wandte sich die Aufmerksamkeit zu dem schwer Verletzten auf der Liege. Flugkapitän Fisher lag unverändert da, seine Haut war nach wie vor wachsbleich und von einem Schweißfilm überzogen. Seine Augen glänzten fiebrig, doch er war nach wie vor bei Verstand.
»Ich schlage vor«, fuhr er fort, »dass mein Kopilot eine Liste über die vermissten Sachen anlegt. Dann werden wir gemeinsam überlegen, wer seine Sachen zuletzt wo gesehen hat. Vielleicht kommen wir damit der Sache näher.«
»So machen wir es, Sir«, sagte Andreas sofort. »Ich bin sicher, wir werden einen Stift und etwas Papier auf treiben.« Er sah dabei den Autor Rimmzahn scharf an, der achselzuckend in die Innenseite seines Sakkos griff. Auch der Controller Karys hatte etwas dabei.
In diesem Moment kam Zoe zurück, aus der Richtung der Trümmerwüste. Sie hielt ein Täschchen und ein Maniküreset in der Hand. »Meine Güte, da sieht es vielleicht aus!«, sagte sie, ohne zu bemerken, dass die ganze Runde sie anstarrte. Als Model auf dem Laufsteg war sie daran gewöhnt und ignorierte es automatisch. Laura hatte dies immer an ihr bewundert. »Fragt mich nicht, warum, aber ich habe den Eindruck, als ob da heute Nacht jemand das ganze Zeug durchwühlt hat. Es sieht jedenfalls schlimmer aus als gestern.« Sie hob die Fundsachen in die Höhe. »Gehört das hier jemandem? Andernfalls würde ich es gern für mich beanspruchen. Sonnenbrille, Nagelfeile … wenigstens ein bisschen was, das einen menschlicher macht…«
Die Frau mit den unheimlichen Augen streckte einen Arm aus. »Sie war es!«, rief sie.
Zoe blieb stehen und blinzelte verwundert. »Was war ich?«, fragte sie verständnislos.
»Sie ist die Diebin!«, fuhr die Frau fort. Ihre Uniform hatte inzwischen einige Risse abbekommen, und Laura überlegte, ob sie diese nicht ein bisschen verlängern sollte.
»He, ich habe doch gerade gefragt, ob das hier jemandem gehört…«
»Ich rede von heute Nacht, Sie Miststück!«
»He, du hässliche alte Schnepfe«, gab Zoe verärgert zurück. »So redet niemand mit mir, klar? Und erst recht keine Saftschubse in billigen Plastikklamotten.«
»Und was haben Sie heute Nacht gemacht?«, fragte die zweite Stewardess herausfordernd.
»Geschlafen, was sonst?«
»Das stimmt nicht!«, rief eine Frau in viel zu engem, strapaziertem senffarbenen Kostüm. »Ich habe Sie herumschleichen sehen und die da auch!« Sie deutete auf Laura, die vor lauter Verblüffung einen Schritt zurückwich.
»Augenblick mal.« Sie hob die Hände. »Das geht jetzt langsam zu weit.«
»Ganz im Gegenteil, wir nähern uns der Sache!«, sagte die andere Stewardess. »Sie haben doch sicher nichts dagegen, wenn wir uns Ihre Sachen mal ansehen?«
»Damit sind Sie gleich fertig, denn ich habe nur das, was ich am Leib trage«, gab Laura ärgerlich zurück. »Erklären Sie mir mal lieber, wieso Sie wach waren! Sie hätten genauso gut umherschleichen können, wenn wir schon dabei sind! Ich habe nämlich heute Nacht auch jemanden gesehen, als ich zwischendurch aufgewacht
Weitere Kostenlose Bücher