Schattenlord 1 - Gestrandet in der Anderswelt
lieber herum und machten sich wichtig. Cedric konnte darüber immer nur lachen. Nicht alle nahmen so eine Respektlosigkeit hin, aber auch das machte ihm nichts aus. Dann ging er halt woanders hin. Seine Schweißnähte waren perfekt, er arbeitete sauber, schnell und absolut korrekt. In der Branche kannte man ihn. Gebraucht wurde er überall.
Was die Wüste betraf, so kannte er sich nicht ganz so gut aus, wie er angegeben hatte. Er hatte mal einen Trip durchs Death Valley gemacht, und der war eselhart gewesen. Nur was für echte Kerle. Da hatte er eine Menge gelernt. Und warum hieß es wohl »Tal des Todes«? Weil’s da am härtesten war. Genau.
Also würde es hier kaum anders sein, wahrscheinlich eher ein Spaziergang im Vergleich. Die Sonne war nämlich bei Weitem nicht so heiß, damit kam er zurecht.
Aber wie weit sollte er noch einmal gehen? Wann musste er zurück? Wie weit war er schon vom Lager entfernt?
Was für ein Mist, dass die Uhren nicht mehr gingen, das wäre viel einfacher gewesen. Und ein funktionierender Kompass wäre ebenso wenig zu verachten gewesen. Aber nun ja, da konnte man nichts machen - er musste so zurechtkommen.
Cedric stieg auf eine Düne, um sich zu orientieren. Er prüfte den Sonnenstand, streckte den Arm aus, kontrollierte seinen Schatten und hielt Ausschau nach einem Brunnen oder Ähnlichem.
Dahinten, weiter im Osten, versickerte tatsächlich das Dünenmeer, er war nun ganz sicher. Allerdings war weit und breit keine Oase oder die Behausung eines Einsiedlers an einer Wasserstelle zu sehen. Trotzdem - Cedric war überzeugt, dass die Wüste dort endete. Also musste es auch irgendwo Wasser und Siedlungen geben.
Osten! Dort mussten sie hin, wenn sie in erreichbarer Nähe nichts fanden. Schade, dass er keine Kamera hatte, er würde den Beweis gern mitbringen. Niemand im Lager hatte seine Kamera retten können. Moment - das Handy! Klar. Cedric brauchte es eigentlich gar nicht, aber er hatte so etwas eben. Die Bosse verlangten es, damit man immer und überall erreichbar war.
Er zog das iPhone aus der Brusttasche des Hawaiihemdes - er liebte dieses Hemd und war sehr traurig über die Risse, die es erhalten hatte - und berührte den Touchscreen. Alles dunkel. Ach so, natürlich, abgeschaltet. Wie war doch gleich die PIN?
Nach einigem Gefummel konnte er endlich das Display aktivieren und tippte auf das Kamerasymbol. Er bekam sogar den Zoom hin. Fünf Fotos mussten reichen.
Wasser gab es hier sicher nicht, also brauchte er gar nicht weiterzugehen. Mit leeren Händen kehrte er schließlich nicht zurück. Cedric überprüfte die Richtung, in die er gehen musste, und hoffte, dass er seine Markierungsstäbe wiederfand. Es gab sicher einen kürzeren Weg zum Lager, aber er wollte kein Risiko eingehen. Er musste eben ab und zu auf eine Düne steigen und sich neu orientieren. Es konnte eigentlich nichts schiefgehen, mit dem Erkennen von Strukturen aus der Höhe kannte er sich aus.
Ein letzter Blick nach Osten …
Er stutzte. »O-ha«, machte er.
7
Was in der
Wüste lauert
A lso, äh, ich glaube, das ist eine Frau, dachte Rudolf und eilte die Düne hinab. Fast fühlte er sich wie damals in den Bergen, auf dem Snowboard. Statt Schnee stäubte eben Sand um ihn herum, aber es wäre berauschend gewesen, sich auf dem Brett hinabzuschwingen. Der Hang wäre ideal dafür.
Eine Frau, hier mitten in der Wüste. Sehr interessant.
Rudolf tastete nach seinem Kopf, aber er fühlte sich nicht besonders heiß an, und schwindlig war ihm auch nicht. Dennoch kam er sich vor, als hätte er einen Sonnenstich.
Viel zu sehen war von der Frau nicht, nur ihr Kopf und die blanken Schultern, das war es schon. Der Rest des Körpers lag im Sand verborgen. Oder vergraben, je nachdem.
Sie musste eine große Frau sein, dem imposanten Kopf nach zu urteilen. Ihre Haut war von sehr dunklem Goldbraun, das Gesicht von edler Form, die Augen groß und goldfarben, und ihr Mund … war voll und sinnlich. Bronzefarbenes, wie gekrepptes Haar wallte an ihr herab, fiel bis auf den Sand. So eine schöne - wenn auch vielleicht ein wenig zu große - Frau hatte Rudolf noch nie gesehen, da konnte selbst Zoe nicht mithalten.
Rudolf näherte sich ihr langsam, wusste nicht so recht, was er tun sollte. »Äh … brauchen Sie Hilfe?«, fragte er schließlich ungelenk. »Waren Sie auch im Flugzeug?«
»Danke, ich benötige keine Hilfe«, antwortete die Frau mit weicher Stimme. »Und nein, ich war nicht im … was auch immer du
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