Schattenlord 1 - Gestrandet in der Anderswelt
Cedrics Beschreibung wühlte sie auf, löste ein unangenehmes Flattern in ihrem Magen aus. So ähnlich hatte sie es auch gesehen …
»Das klingt sehr gut«, fand Andreas. »Vielleicht ist dieses Land lebensfreundlicher …«
»… oder einfach nur eine Steinwüste oder, im besten Fall, eine trockene Steppe«, sagte Rimmzahn dazwischen, und niemand war darüber überrascht. Der schweizerische Autor hatte sich inzwischen wieder vollständig von Cedrics Angriff erholt, lediglich sein Kinn wies eine blaurote Schwellung auf. Er ging wohl davon aus, dass der Schnauzbärtige viel zu müde war, um noch einmal über ihn herzufallen.
»Ich habe ein paar Fotos mit meinem Handy gemacht«, ergänzte Cedric. Er kramte eine Weile mit zusehends besorgter Miene in seinen Hosentaschen und förderte schließlich erleichtert das Mobiltelefon zutage. Er probierte ein paar Tasten aus und nickte zufrieden. »Funktioniert noch. Schaut es euch an.«
Andreas nahm das Handy in Empfang und blätterte durch die Aufnahmen. »Sieht gut aus«, stellte er erfreut fest. Laura hatte jedoch den Eindruck, dass er das auch zu völlig schwarzen Aufnahmen gesagt hätte. Er reichte das Handy an Elias, und Laura konnte einen Blick darauf werfen.
»Scheint mir ein Anfang zu sein«, stellte der Pilot fest. »Für den weiteren Weg.«
»Ja, das sehe ich ebenso«, stimmte Cedric zu. »Ob die anderen nun Wasser finden oder nicht, wir können nicht ewig hier herumsitzen.«
»Dazu später«, sagte Jack schnell. »Danke jedenfalls für deinen Einsatz, Cedric. Das war gute Arbeit, Mann.«
»Und zu essen hast du auch nichts gefunden?«, sagte Luca enttäuscht, und sein Magen stimmte ihm zu, denn er knurrte laut.
Unwillkürlich mussten einige lächeln oder sogar lachen. Es war befreiend und löste die nervöse Anspannung.
Cedric schien auf dieses Stichwort gewartet zu haben, denn plötzlich lachte er verschmitzt und zog den Rucksack von seinem Rücken. »Doch, hab ich, stell dir vor!«, sagte er und blickte strahlend in die vielen aufgerissenen Augen rings um ihn.
»Echt?«, sagte Luca. »Und was?«
»Nichts Besonderes, aber ein bisschen Abwechslung ist es schon.«
Cedric öffnete den Rucksack, griff hinein und präsentierte auf der flachen Hand pflaumengroße, gelbe, verführerisch duftende Beeren.
Aufgeregtes Flüstern und Raunen machte die Runde.
»Ich hab den ganzen Rucksack vollgestopft, da bekommt jeder ein bisschen was ab.«
»Ich werde sie unter Aufsicht abzählen«, sagte Karys sofort. Seine Stimme klang beherrscht, doch in seinen Augen lag ein gieriges Glitzern, und er schmatzte.
Cedric ließ die Beeren wieder verschwinden, als er sah, dass die halbe Versammlung dabei war, außer Fassung zu geraten. »Das mag euch wenig erscheinen, aber sie sättigen unglaublich, das müsst ihr mir glauben.«
Andreas runzelte kritisch die Stirn. »Dann hast du schon davon gekostet?«
»Natürlich. Ich habe zuerst zwei gepflückt und gegessen, bevor ich den Rest des Busches in den Rucksack gesteckt habe. Und wie du siehst, lebe ich noch.« Er wies grinsend auf sich.
»Ich will auch probieren!«, rief Luca.
»Du wartest!«, sagte seine Mutter streng zu ihm.
Cedric war ein wenig verdutzt. »Glaubt ihr mir etwa nicht?«
»Wir wissen nicht mehr, was wir glauben können«, antwortete Rimmzahn, und ausnahmsweise stimmten ihm einige der Anwesenden zu.
»Leute, ich bin es wirklich, leibhaftig und greifbar. Und selbstverständlich habe ich von den Beeren gegessen, um den Rückweg zu schaffen.«
Jack baute sich vor ihm auf. »Erzähl uns doch mal, wieso du so ramponiert aussiehst.«
Cedric zuckte zusammen und zog den Kopf leicht ein. »Darüber will ich nicht reden«, murmelte er.
»Hast du eine gefährliche Begegnung gehabt? Oder bist du irgendwo runtergestürzt?«
»Wie man’s nimmt. Ja, es war gefährlich. Aber ich hab’s überwunden. Die Belohnung waren dann diese Beeren. Wenigstens etwas, dachte ich mir. Ich bringe ein bisschen Überleben und einen Ausweg von hier.« Er grinste schief in die Runde. »Keine schlechte Bilanz, oder?«
Laura konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Cedric Angst hatte. Irgendetwas Schlimmes musste ihm dort draußen widerfahren sein, was ihn zutiefst erschreckt hatte. Das passte gar nicht zu seinem sonst so forschen Auftreten.
»Wer ist da draußen?«, hakte nun Andreas nach. »Jemand, den wir fürchten müssen? Uns gegen ihn wappnen?«
»Nee. Ich sag doch, da gibt es nichts. Also nicht das, was ihr erwartet. Und
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