Schattenlord 1 - Gestrandet in der Anderswelt
haben eine Kommission gebildet«, erklärte er. »Bestehend aus mir, Karys, den Eltern Müller und noch einigen anderen. Wir werden nochmals eine Befragung aller Lagerinsassen durchführen, um wenigstens den Dieb zu finden.«
»Und wer befragt die Kommission?«, fragte Jack misstrauisch.
»Sie und Sutter. Wir werden die Befragungen vor Fisher durchführen.«
»Herr Rimmzahn, ich finde es ja sehr löblich, wie Sie an diese Sache herangehen, aber das ist doch völlig sinnlos«, sagte Andreas. »Jeder wird Ihnen sagen, dass er sich in der Nacht von seinem Lager nicht weggerührt hat.«
»Dann müsste aber auch jeder aussagen, dass er tief geschlafen und nichts bemerkt hat. Denken Sie das ernsthaft? Irgendjemand wird etwas gesehen haben, und dann werden die anderen nach und nach mit ihren Beobachtungen herausrücken. Und je mehr Widersprüche sich aufzeigen, umso näher werden wir der Wahrheit kommen.«
»Es wird nicht funktionieren«, widersprach Andreas. »Sie können die Leute nicht zwingen, überhaupt auszusagen. Außerdem werden persönliche Ressentiments eine Rolle spielen. Wer am unbeliebtesten im Lager ist, wird zum Sündenbock erklärt.«
Rimmzahn sah Laura an, die sich bei dem Piloten aufhielt, aber aufmerksam zugehört hatte.
»Sehen Sie?«, sagte sie sofort. »Sie können mich nicht leiden, also bin ich schuldig. Sie sind selbst befangen. Und deshalb können Sie es auch vergessen, ich werde Ihnen gar nichts erzählen.«
»Doch, ich werde schon was erzählen«, mischte sich Zoe ein und zeigte auf Rimmzahn. »Laura und ich, wir haben während der Wache nicht geschlafen, im Gegensatz zu dem Wichtigtuer da«, ihr Finger schwenkte zu der Frau im senffarbenen Kostüm, »und der da.«
»Woher wollen Sie das denn wissen?«, brauste die Frau sofort auf.
Zoe grinste. »Stimmt’s etwa nicht?«
»Natürlich nicht!«
»Dann erklärt mir doch mal bitte, wieso trotz Lager- und Vorratswachen ein Dieb umgehen kann und keiner merkt was! Während unserer Wache ist jedenfalls nichts weggekommen!«
»Ja, weil ihr die Wache hattet und nicht rumschleichen konntet!«
»Aber gerade da hätten wir jede Gelegenheit gehabt Sie dumme Wachtel.«
Milt trat mit beschwichtigend erhobenen Händen zwischen die beiden streitenden Frauen. »Hören wir auf damit, bitte!« Eindringlich sah er die Frauen an. »Wohin soll das denn führen? Was haben Sie von Beschuldigungen? Und Zoe, du solltest es doch allmählich besser wissen, wieso kannst du nicht einmal nachgeben?«
»Niemals«, sagte Zoe stur. »Ich bin so, wie ich bin, und ich werde mich ganz gewiss nicht in einem fremden Land anpassen, damit andere ihr Seelenheil haben, sondern ich werde ich selbst bleiben. Ich habe genug von Neidern und missgünstigen Schnepfen.«
»Bitte, Zoe«, murmelte Laura. »Das macht es nicht besser, auch wenn du im Recht bist.«
»Also gut, überlegen wir etwas anderes«, bat Andreas. »Sieht jemand von Ihnen einen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden der Menschen und dem Dieb?«
»Wie denn?«, wollte Rimmzahn abfällig wissen, als hielte er das für eine sehr dumme Frage.
»Sehen Sie. Wir haben es hier mit zwei verschiedenen Phänomenen zu tun. Und nach allem, was bisher geschehen ist, neige ich dazu zu glauben, dass es sich in beiden Fällen um eine Fremdeinwirkung handelt. Cedric behauptet, dass etwas dort draußen in der Wüste lauert, und nachdem wir drei Leute verloren haben, glaube ich ihm. Er war zudem übel zugerichtet und hatte deutlich Angst.«
Andreas erhob die Stimme. »Und deswegen werden wir wie geplant mit dem Packen beginnen und uns auf den Aufbruch vorbereiten. Sammelt heute eure Kräfte, wir werden morgen losziehen.«
»Wir sollen uns also fügen?«, murrte Rimmzahn.
»Ja«, bestätigte Jack, und seine Hand glitt wie zufällig zum Holster. »Und wenn Sie nicht spuren, lasse ich Cedric von der Leine.«
»Kommen Sie, Norbert, wir sind Menschen des Verstandes«, sagte Maurice. »Sie schreiben Sachbücher und ich Berichte. Die Argumente lassen sich nicht von der Hand weisen. Wir müssen andere Maßstäbe setzen. Und die Vorräte gehen zu Ende. Wir müssen bald etwas unternehmen, sonst sind wir völlig handlungsunfähig.«
»In Ordnung«, gab der schweizerische Autor nach.
Sie werden langsam zu müde zum Streiten, dachte Laura. Kein Wunder, wir drehen uns im Kreis, und nach jeder Runde ist ein bisschen weniger von uns übrig.
Und es wurde persönlicher, sie kannten sich allmählich besser, fassten vorsichtig Zutrauen …
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