Schattenlord 1 - Gestrandet in der Anderswelt
jetzt brannte seine Zunge erst recht.
»Ihr werdet alles bekommen«, versicherte Belorion. »Zunächst einmal bringen wir euch in den Schatten.« Er gab seinen Leuten ein Zeichen. »Führt sie zu den Verletzten, damit wir sie alle beisammenhaben.«
»Sollen wir sie fesseln?«
»Nein, noch nicht. Ihr bewacht sie gut, das muss genügen. Wo sollen sie auch hin?« Belorions Miene wurde hart. »Damit wir uns gleich richtig verstehen«, sagte er mit scharfer Stimme. »Wer zu fliehen versucht, wird getötet. Da mache ich keine Kompromisse. Der Kampf diente dazu, euch einschätzen zu lernen, damit ich eure Vorzüge und Fähigkeiten entsprechend anpreisen kann. Doch damit bin ich fertig, und wir machen deshalb jetzt keine Späße mehr. Das bedeutet auch, wenn einem die Flucht gelingen sollte, wird in jedem Fall ein anderer an seiner Stelle dafür büßen müssen. Also haltet euch gegenseitig bei der Stange, verstanden?«
Keiner von ihnen sagte etwas. Da gab es nichts misszuverstehen. Sie schlurften gehorsam in den Schatten zu den Verletzten und ließen sich dort nieder.
Jovial fuhr Belorion fort: »Bevor ich euch Wasser reichen lasse - wo ist der Rest von euch? Und wie viele sind es?«
Milt wiederholte, was Jack vorhin gesagt hatte. Diesmal lachte niemand.
»Na schön, dann müsst ihr eben noch warten. Wir finden sie auch so.«
Einige Wächter blieben zurück, der Rest schwärmte über das ganze Lager aus, fing an, alle Sachen zu durchwühlen und das Wrack zu durchstöbern.
Laura hatte den Kampflärm und dann den Schuss gehört. Seither war Stille. Sie wusste nicht, was davon zu halten war, und fürchtete sich umso mehr. Einerseits drängte es sie, nachzusehen, andererseits war das genau das Falsche zu diesem Zeitpunkt. Solange Andreas, Jack oder Milt keine Entwarnung gaben, waren sie nicht in Sicherheit.
Das konnte also bedeuten, dass … sie verloren hatten. Alle tot waren.
Nein, das glaube ich nicht, niemals, dachte Laura verbissen.
Sie riskierte es. Schob ganz leicht den Kopf nach oben, bis die Augen über dem Rand waren. Es war inzwischen glühend heiß im Wrack, fast wie in einem Backofen; sie schwitzte und hatte schrecklichen Durst. Der leise Luftzug an ihrer Stirn tat daher gut. Vorsichtig spähte sie in die Umgebung.
Ihr Herzschlag hielt inne, als sie Gestalten herannahen und ausschwärmen sah, in typischer Wüstenkleidung. Beduinen? Fast könnte man meinen, Tuareg, denn viele trugen Blau, die Gesichter waren verhüllt. Wie sind wir denn in die Sahara gekommen? Und seit wann gibt’s da Amethystsand?
Nach der Schrecksekunde fing ihr Herz an zu rasen denn es sah nicht so aus, als würde es sich um eine Hilfstruppe handeln. Sie hielten Waffen in Händen, und die Art, wie sie Trümmer hochhoben und untersuchten, beiseiteschleuderten, ließ nur einen Schluss zu - sie waren Räuber.
Neinneinnein …
Schlimmer konnte es nicht mehr kommen - abgesehen von der Ungewissheit. Was würden die Räuber tun? Alle umbringen, die nicht von Nutzen waren? Sie als Geiseln nehmen und Geld erpressen? Was sollte, was konnte Laura tun?
Hilflos musste sie mit ansehen, wie die ersten Verstecke entdeckt und die Frauen hervorgezerrt wurden. Eine Jugendliche, sicher noch keine achtzehn, aber älter als Sandra, schrie verzweifelt und schlug um sich. Aber der Mann, der sie gefunden hatte, hielt sie mühelos mit einer Hand fest und zerrte sie lachend hinter sich her. Zwei weitere Frauen wehrten sich vergeblich, wurden gepackt und weggebracht.
Die anderen rührten sich nicht, genau wie Laura.
Wobei sie nicht wusste, worauf genau sie hoffte. Selbst wenn sie nicht entdeckt würde - was wollte sie denn unternehmen ohne Vorräte? Wo sollte sie hin?
Aber ich gehe nicht freiwillig wie ein Schaf zur Schlachtbank, so leicht verkaufe ich mich nicht.
Die Räuber waren nun in Fahrt gekommen. Lachend und lärmend durchwühlten sie das Wrack, warfen auf einen Haufen, was für sie interessant erschien, leerten auch Koffer aus, die überall verstreut herumlagen.
Ab und zu fanden sie ein Versteck und brachten die neuen Gefangenen fort.
Schließlich kam ein Berittener, und da wusste Laura, dass sie keineswegs in der Sahara waren. Das waren auch keine Tuareg. Solche Tiere hatte sie noch nie gesehen; sie hatten ein wenig vom Kamel, ein wenig vom Pferd. Also war alles wahr, was sie belauscht hatte, wovor der Mondelf sie gewarnt hatte, und die Bedrohung von dem Unheimlichen ebenso. Keine Einbildung, keine Halluzination durch Schock.
Mit
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