Schattenlord 1 - Gestrandet in der Anderswelt
nächststehenden Wächter angriff. Dadurch riss er einige seiner Mitgefangenen mit sich.
»Wir sind in der Überzahl!«, schrie er. »Seid keine solchen Memmen!«
Als sie sahen, dass der Wächter zu Boden ging, ließen sich weitere Männer davon anstecken; sie fassten Mut und steigerten sich dann geradezu hinein. Die so lange unterdrückte Wut brach sich freie Bahn. Gemeinsam mit Cedric stürzten sie sich auf die übrigen Räuber.
Weil sich aber nicht alle beteiligen wollten, entstand ein Durcheinander durch das Schubsen und Gedrängel. Laura versuchte zusammen mit den Eltern Müller, Luca und Sandra zu schützen, während Milt sich um Zoe kümmerte.
»Du willst gar nicht weglaufen?«, rief er Laura zu.
»Nein, diesmal nicht«, gab sie zurück. Zu Angela sagte sie: »Kommt, zum Wrack hinüber, wir halten uns da am besten raus.«
Dem Impuls, wegzulaufen, konnte sie fast nicht widerstehen. Doch das wäre dümmer gewesen als beim ersten Mal, sie hatten keinerlei Chance, und am Ende ließ Belorion sie doch umbringen. Und Laura wollte nach wie vor leben. Sie glaubte mit zäher Beharrlichkeit daran, dass es eine Möglichkeit geben würde, der Sklaverei zu entkommen. Galten Menschen nicht als zäh und erfindungsreich? Sie konnten viel erdulden. Zu sterben sollte als Option an letzter Stelle stehen.
Die Wächter kümmerten sich nicht um sie, als sie erkannten, dass Laura und die anderen sich lediglich aus der Schusslinie bringen wollten. Andreas, Milt und Zoe stolperten hinterher, während Jack, der Nordire und viele andere mittendrin waren.
Der Aufstand dauerte nicht lange. Einige der Räuber holten ihre Reittiere, saßen auf und trieben sie mitten unter die Menge, während sie gleichzeitig kraftvoll mit den Breitseiten ihrer Schwerter nach links und rechts hieben.
Zorn und Verzweiflung verpufften schnell. Auch wenn sie Nahrung bekommen hatten, waren die Menschen bei Weitem nicht bei Kräften, vor allem psychisch zermürbt und zu keiner konzentrierten Handlung mehr fähig. Und Kämpfer waren sie mit Ausnahme von Jack und Cedric alle miteinander nicht.
Laura begriff durchaus, was die beiden Männer vorhatten: die Räuber überwältigen, Reittiere und Vorräte übernehmen und sich auf den Weg durch die Wüste auf die Suche nach Rettung machen. Eine gute Idee. Aber einen wirklichen Überraschungseffekt hatten sie nicht, und die gesamte Aktion war zu ungeplant, mit zu wenigen Mitteln durchgeführt. Sie hatten den Augenblick genutzt, aber es fehlte an kompetenter Unterstützung. Der Kampf war erneut von vornherein verloren.
Augenblicklich kehrte Ruhe ein, als Belorion plötzlich eine Armbrust in der Hand hielt, anlegte und zielte - und einen Mann erschoss. Lautlos brach der zusammen. Die Menge wogte entsetzt auseinander. In diesem Moment schlugen die Räuber sofort zu, glücklicherweise nicht mit tödlicher Wirkung. Reihenweise sanken die Menschen halb betäubt zu Boden, Jack und Cedric wurden von nicht weniger als fünf Männern mit den Schwertern bedroht und nacheinander wurden alle gefesselt.
Der Ermordete wurde weggeschleift und war bald nicht mehr zu sehen, abgesehen von der dunklen Blutspur im Sand, die rasch trocknete.
Belorion gab keinen Kommentar zu dieser neuerlichen Störung ab. Er wollte sich offensichtlich nicht mehr länger aufhalten.
Der zuvor gegebene Befehl wurde nun schnell befolgt: Die Sklavenhändler ließen drei Reihen bilden, stellten die Menschen hintereinander auf und verbanden sie mit Fesseln.
Laura befand sich am Anfang ihrer Reihe; hinter ihr folgten unter anderem die Müllers, Andreas, Zoe und Miltt. Das alles erschien sehr willkürlich, und Laura war schleierhaft, wie hier ein Gleichschritt zustande kommen sollte, der die von Belorion gewünschte Geschwindigkeit erreichen konnte. Sie waren unterschiedlich groß und alt, beweglich oder unbeweglich, und mit den gefesselten Händen war es nicht leicht, das Gleichgewicht zu halten.
Die Reihen wurden nebeneinander aufgestellt, während andere Räuber das Lager abbauten und die Reittiere bepackten. Viele waren schon aufgesessen und postierten sich an den Seiten der Gefangenen.
»Mama, was wird jetzt aus uns?«, fragte Sandra mit zitternder Stimme.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Angela brüchig. »Ich habe keine Ahnung, Sandra. Das alles erscheint mir so … unwirklich, nicht real … als wäre ich im Traum eines anderen …«
»Also, ich bin das nicht«, bemerkte Luca. »Ich würde ganz anders träumen.«
Das brachte seine Schwester
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