Schattenlord 12 – Lied der sieben Winde
marschieren können, müssen die Gog/Magog zuerst an uns vorbei. Wenn, dann müssen wir sie aufreiben. Es klingt abstrus, aber genau das muss unsere Haltung sein.«
»Der Feind meines Feindes ist mein Freund«, brummte Jack. »In diesem Fall trifft das zu.«
»Wie wäre es dann, ein Zweckbündnis mit Leonidas zu schließen?«, schlug jemand vor. Genau die Frage, die Veda erwartet hatte. »Vielleicht ... könnte Veda nach Morgenröte fliegen und mit Leonidas verhandeln? Das wäre in jedem Fall besser, als wenn sie sich die Köpfe einschlagen.«
Oder wir vögeln einfach miteinander, dachte Veda trocken. Das wäre doch mal eine Überraschung für alle. Leonidas' letzte Warnung, bevor er davongeritten war, hallte immer noch in ihr nach. Sie hatte ihre Entscheidung bereits getroffen, als sie Sgiath kontaktierte, aber sie war froh, dass er ihre Meinung teilte. Sie durfte gerade jetzt, mit dieser Verantwortung, keinen Fehler machen. Und Sgiath war immer noch der oberste Anführer – auch ihrer.
»Darüber habe ich bereits nachgedacht«, antwortete die Amazone. »Das Problem dabei ist, dass die Gog/Magog uns nicht einfach zur Verstärkung in Morgenröte einreiten lassen werden. Auch nicht einfliegen. Sie werden es zu verhindern wissen.«
Diese Worte zeigten deutliche Wirkung. Nachdenkliche Stille breitete sich im Zelt aus.
»Wir haben also eine Pattsituation«, sagte Josce schließlich.
Jack stimmte zu. »Und ich gehe jede Wette ein, dass die Gog/Magog ebenso wie Leonidas die gleichen Gedankengänge verfolgen wie wir. Genau aus dem Grund unternimmt derzeit niemand etwas. Sondern wir liegen alle auf der Lauer und warten ... worauf auch immer.«
»Wir sollten Sgiath fragen«, schlug ein Iolair vor.
»Das habe ich«, erklärte Veda und erntete erstaunte Blicke. »Gerade vorhin. Er teilt meine Ansicht, dass wir unsere Haltung nicht ändern werden und dass wir dieses Lager nun nicht mehr zur Belagerung, sondern zur Verteidigung Morgenrötes nutzen werden.«
Die Zentaurin zog eine düstere Miene. »Hoffentlich spielen wir damit nicht Alberich in die Hände.«
»Der Schattenlord ist auch sein Feind«, erwiderte Jack. »So oder so, er wird bald Geschichte sein – entweder durch den Dolch Girne oder durch den Schattenlord. Nicht einmal er kann es mit diesem Wesen aufnehmen.«
»Was macht dich so sicher?«, fragte jemand.
»Weil wir ihn erlebt haben«, antwortete Josce dumpf an Jacks Stelle. »Gesehen und erlebt. Diese Erfahrung sollte keiner von euch machen müssen ...«
»Dann sind wir uns einig«, stellte Veda fest. »Wir halten hier die Stellung, und ...«
»Nein, da ist noch etwas«, unterbrach Jack. »Laura.«
»Laura kümmert sich um den Seelenfänger.«
» Kümmert sich? Sie ist seine Gefangene!«, rief der ehemalige Sky Marshal.
Die Amazone winkte ab. »Nicht für lange. Du kennst Laura länger als ich, du solltest es besser wissen. Sie hat ihn einmal besiegt, sie wird es ein zweites Mal tun und einen Weg finden, ihn zu vernichten.«
»Ich wünschte, ich hätte deine Gemütsruhe!«, schnaubte Jack.
Veda ließ sich tatsächlich nicht aus der Ruhe bringen. »Sie stammt aus seiner Welt, und genau damit wird sie ihn in die Falle locken. Und ich schätze, Arun wird ihr bald zur Seite stehen, sobald er davon erfährt. Und er wird es, seid dessen gewiss.«
»Und wir unternehmen nichts zu ihrer Rettung?«, fragte Jack fassungslos.
»Doch, das werden wir. Im geeigneten Moment.« Josce wies auf sich. »Ich übernehme das.«
»Aber was ist der geeignete Moment, Himmel noch mal? Fokke könnte Milt und Finn bereits getötet haben und Laura quälen!«
»Ich bin dabei«, wiederholte Josce. »Es ist für uns nicht einfach, uns dem Seelenfänger zu nähern, verstehst du das nicht? Seine unglaublich böse Aura setzt uns zu, vor allem dem Titanendactylen und allen sterblichen Menschen darauf. Und mir ebenso sowie den Elfen, wenngleich auf andere Weise. Wir haben wahrscheinlich nur eine einzige Chance loszuschlagen, also muss der Moment stimmen. Ich habe schon nach unserem großen Flugbegleiter gerufen, er wird bald eintreffen. Geduld, Jack!«
Das war nicht so leicht für ihn, das war auch Veda klar. Und ebenso, dass Laura tatsächlich wahrscheinlich die Einzige war, die es überhaupt mit dem untoten Kapitän aufnehmen konnte. Sie hatten früher schon versucht, Angriffe gegen den Seelenfänger zu fliegen, und waren jämmerlich gescheitert. Abstürze, Wahnvorstellungen, sogar einige Selbstmorde waren die Folge gewesen
Weitere Kostenlose Bücher