Schattenlord 12 – Lied der sieben Winde
blähten sich leicht.
Die langen dicken Krallen an den Pfoten waren in der Lage, mit einem Schlag tiefe Wunden zu reißen, und dazu musste der Wolf sich nicht einmal sonderlich anstrengen.
Luca achtete darauf, dem Bergwolf nicht direkt in die Augen zu sehen, das hatte er schnell gelernt. Die meisten Tiere werteten das als Aggression. Sein Herz pochte in der Brust. Der Wolf spürte es und schnupperte. Ohne den Blick von seinem Teller zu heben, pickte Luca ein Fleischstück heraus und bot es dem Wolf zwischen den Fingerspitzen haltend an. Wahrscheinlich war gleich seine ganze Hand weggeschnappt.
Doch das Raubtier nahm das Stück ganz behutsam aus seinen Fingern, ohne sie zu berühren, und schluckte es, ohne zu kauen, hinunter. Er stieß ein leise brummendes Geräusch aus, stupste Luca kurz an, wandte sich dann um und trabte weiter.
»Uff«, machte Luca. »Hoffentlich will er keinen Nachschub oder erzählt seinen Kumpels, was es zu futtern gibt.«
»Das hast du gut gemacht«, sagte Jack.
Luca aß weiter, ohne darauf einzugehen.
Jack übernahm das Reden, indem er von der Versammlung berichtete und was sie beschlossen hatten.
Luca hörte zu. Schließlich sagte er: »Und was soll ich jetzt tun, Jack? Ich bin doch zu nichts nütze. Warum ... warum hat es mich nicht ...« Seine Schultern zuckten, und sein Kopf sank nach unten. Doch seine Augen blieben völlig trocken.
»Diese Frage habe ich mir schon oft gestellt, Luca«, antwortete Jack. »Und übrigens mein Vater auch.«
»Was sagst du da?«, flüsterte Luca.
Jack nickte. »Mein Vater war Marine durch und durch und selbst daheim ein Kommissbock. Er hat es nie verwunden, dass ich nicht zum Militär gegangen bin. Da spielte es keine Rolle, dass ich so ziemlich jeden Kampfsport und den Umgang mit Waffen lernte.«
»Hast du das für ihn getan?«
»Anfänglich, ja. Aber dann machte es mir Spaß. Ich war richtig gut darin, und ich wollte Gutes damit tun. Das Militär kam für mich dennoch nie infrage. Es gab jede Menge anderes, was ich erreichen konnte.«
Zwischenspiel
Jack Barnsbys Sünde
Dad hat mich von Anfang an gedrillt, insofern kenne ich eigentlich nichts anderes. Der Drill sagte mir gar nicht zu – aber was man mit seinem Körper alles anstellen kann, da schlug sein Erbe in mir durch. Ich hatte die Statur, ich hatte die Kraft, und so kam ich im Sport in der Highschool gut durch und konnte den einen oder anderen Leistungsmangel damit ausgleichen. Mich zu bewegen, an der frischen Luft zu sein, davon konnte ich nie genug kriegen; nur dieser unbedingte militärische Gehorsam, das war es, was ein ewiger Reibungspunkt zwischen mir und meinem Vater wurde. Ich bin kein tumber Befehlsempfänger, der immer darauf vertraut, dass der Vorgesetzte, nur weil er der Vorgesetzte ist, weiß, was er tut. Dad aber konnte einfach nicht weg davon, war nie entspannt, verlangte von uns allen gleichermaßen unbedingte Disziplin und Gehorsam.
Also bin ich mit achtzehn weg von daheim, sobald ich die Highschool abgeschlossen hatte. Ich hab bei verschiedenen Verwandten gelebt und so ziemlich alles gearbeitet, bis ich als Security in den Stadien angenommen wurde. Danach bin ich zur U-Bahn-Sicherheit gegangen. Da war was los, kann ich dir sagen. Jeden Tag mindestens eine Messerstecherei, aber auch die Kugeln flogen einem um die Ohren.
Ich hab meinem Dad gesagt: »Du willst, dass ich in den Krieg ziehe? Komm nach New York in die Subway! Da hast du Krieg! Und zwar jeden Tag! Hier geht es um alles!«
Er entgegnete, ich solle mehr Respekt vor ihm zeigen und er sei sehr enttäuscht von mir. Anstatt dem Land zu dienen ... blabla ... Hey, ich habe dem Land gedient! Eine Menge anständige Leute dort unten, Menschen, die zur Arbeit gefahren sind, Touristen und Studenten, haben eine sichere Fahrt gehabt, wenn ich in der Nähe war. Ich habe den Alten und Behinderten geholfen, weil dort alles nur für die Fußschnellen ausgebaut ist, und ich habe die Leute beschützt. Habe Belobigungen gekriegt und stand in der Zeitung. Hat das den Alten interessiert? Pah, nicht die Bohne. Nur als Marine bist du ein guter Mann. »Am besten tot!«, schrie ich ihn irgendwann an.
Unnötig zu sagen, dass wir danach nicht mehr sehr oft miteinander geredet haben. Mom ... Nun ja, sie hat sich neutral verhalten. Wollte es sich mit keinem von uns beiden verderben. Sie hat nie darüber gesprochen, wie sie sich fühlt. Welche Träume sie hat. Hat einfach »funktioniert« wie ein Automat.
Als ich ihr erzählte, dass
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