Schattenlord 3 - Herrscher de Drachenthrons
richtete sich auf. Er schlug die ausgestreckte Hand des Wachmanns zur Seite und sah ihn an. »Ich gebe die Buchstaben nicht her, und was dein Administrator sagt, ist mir kackegal.«
Der Mann wich zurück. »Sir, wenn der Administrator Sie hört ...«
»Was dann?« Finn nahm die Schuhe vom Tresen. Sie schlossen sich um seine Füße, ohne dass er sie anziehen musste. »Was macht dein Administrator jetzt?«
Der Wachmann - war seine Uniform immer schon zerrissen und verdreckt gewesen? - sah sich um. Er wirkte verwirrt, als wisse er nicht, wie er an diesen Ort gelangt war.
»Ich arbeite nicht für den Administrator«, sagte er. »Ich weiß ja nicht einmal, wer er ist.« Sein Blick richtete sich auf Finn. »Ich arbeite für dich, Finn Mac-Dougal. Zusammen werden wir die Buchstaben beschützen.«
Die Musik verstummte. Stille senkte sich über das Einkaufszentrum. Das Wasser aus den Springbrunnen fiel lautlos in die runden Becken, die sie umgaben, die Rolltreppen blieben stehen. Finn drehte sich zu der jungen Frau hinter dem Tresen um. Sie sah ihn verwirrt und ein wenig ängstlich an.
»Ich will keine Schuhe verkaufen«, sagte sie. »Ich will den Buchstaben helfen.«
»Dann komm doch mit.« Der Wachmann nickte ihr zu. Finn fiel auf einmal sein Name ein. Karys, er hieß Karys. Sie kannten sich, auch wenn er nicht wusste, woher. Und die junge Frau war auch keine Fremde.
»Ja«, sagte er. »Komm mit, Gina. Du gehörst hier nicht hin.«
»Aber ich kann nicht raus. Der Administrator hat es verboten.« Sie sah an sich hinab. »Außerdem bin ich hier angewachsen.«
Finn ging in die Knie und warf einen Blick auf ihre Füße. Sie hatten Wurzeln in der weichen dunklen Erde geschlagen.
Als er wieder aufsah, war das Einkaufszentrum verschwunden und die Nacht zum Tag geworden. Er stand auf einem Acker unter einem blaugrauen Himmel. Es roch nach frischer Erde und Regen. Gina war nirgendwo zu sehen, nur Karys hatte die Reise mitgemacht. Er trug keine zerrissene Uniform mehr, sondern eine blaue Latzhose und ein kariertes Hemd. Ein alter, verbeulter Filzhut saß auf seinem Kopf.
Finn warf einen Blick auf sich selbst. Er trug die gleiche Kleidung. Eine Tasche hing an einem schmalen Lederriemen von seiner Schulter. Er musste nicht hineinsehen, um zu wissen, dass sich die Buchstaben darin befanden.
»Wo ist Gina?«, fragte Karys.
»Sie hat es nicht geschafft, sich zu befreien.« Finn legte schützend seinen Arm über die Tasche. »Ich hoffe, wir kriegen eine zweite Chance. Wenn ihre Zweifel die Oberhand gewinnen, wenn sie nicht mehr daran glaubt, dass wir es schaffen können, scheitern wir vielleicht alle.«
»Und wo sind wir jetzt?« Karys drehte sich einmal um sich selbst. »Ich sehe keine Stadt, keine Straße, keinen Menschen. Was sollen wir hier?«
»Wir sind im Traum eines anderen«, sagte Finn. »Das Einkaufszentrum war unser Traum, deiner, Ginas und meiner.«
»Woher willst du das wissen?«
Finn hob die Schultern. »Ich weiß es einfach.«
Im gleichen Moment hörte er den Schrei.
Rimmzahn drückte sich gegen die unverputzte Mauer des Kellerlochs. Seit Monaten war er auf der Flucht, aber er befürchtete, dass das Ende nahe war. Dies war sein letztes Versteck. Wenn sie ihn hier fanden, war er verloren.
Mit angehaltenem Atem lauschte er den Schritten über seinem Kopf. Staub rieselte zwischen den Bodenbrettern der alten Hütte hindurch in den Keller. Rimmzahn hielt sich den Ärmel seiner Jacke vor Mund und Nase, um nicht niesen zu müssen. Seine freie Hand krampfte sich um die Tasche, wegen der er diese wahnwitzige Flucht über drei Kontinente und unzählige Länder angetreten hatte. Mit seinem Leben würde er sie verteidigen, und das musste er vielleicht auch, denn sie galten als gnadenlos.
»Haben Sie etwas gefunden?«, fragte eine helle Frauenstimme über ihm.
Rimmzahn zuckte zusammen, als er sie erkannte. Sie gehörte der Schwarzen Witwe, so nannten sie alle in seinen Kreisen. Sie war direkt dem Fahnder unterstellt, hatte als Einzige Zugang zu ihm. So hieß es zumindest.
»Nein, aber wir sind auch noch nicht fertig«, antwortete ein Mann. Schwere Schritte verließen die Küche, aber die Schwarze Witwe blieb stehen.
Bin ich ihm wirklich so sehr auf die Füße getreten, dass er sie auf mich losgelassen hat? Rimmzahn biss sich auf die Lippe. Der Stoff seiner Jacke roch nach Schweiß. Wann hatte er sich das letzte Mal gewaschen, wann geschlafen, wann gegessen? Er wusste es nicht mehr.
Er hörte Stimmen draußen
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