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Schattenlord 3 - Herrscher de Drachenthrons

Titel: Schattenlord 3 - Herrscher de Drachenthrons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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die Schöpferin es gewünscht hätte, aber ihren Fähigkeiten angemessen. Den Verschluss behielt sie in der Hand, als sie rückwärtsgehend das Büro verließ.
    Die Schöpferin strich die einzige Falte ihres senffarbenen Kostüms glatt, nahm den Füllfederhalter und zog das leere Blatt Papier zu sich. In ihrer gedruckt wirkenden Handschrift schrieb sie die Worte Schichtwechsel abgeschlossen - keine besonderen Vorkommnisse. Zweimal am Tag hatte sie sich bei ihrem Vorgesetzten zu melden, nach dem Ende der A-Schicht und dem der B-Schicht. Das war ihre einzige Aufgabe - bisher zumindest, denn sollte etwas geschehen, musste sie die Verantwortung übernehmen und das Problem lösen. Ihre eigentliche Aufgabe bestand also darin, zu warten. Dabei ließ ihr Vorgesetzter ihr freie Hand. Wie sie die Firma und das Land gestaltete, blieb ihr überlassen. Sie schätzte diese Freiheit sehr.
    Die Schöpferin erhob sich, klatschte einmal in die Hände und trat vom Schreibtisch zurück. Eine ältere Frau folgte dem Mädchen ins Büro. Während es den Füllfederhalter verschloss und ein neues Blatt Papier aus dem Schrank nahm, rollte sie das beschriebene Blatt zusammen, steckte es in einen Metallzylinder und schob es in die Rohrpost. Mit einem saugenden Geräusch verschwand der Zylinder in der Wand.
    In all den Jahren, in denen sie die Fabrik leitete, hatte die Schöpferin noch nie eine Rohrpostsendung erhalten. Sie betrachtete das als großen Vertrauensbeweis ihres Vorgesetzten.
    Wortlos verließen die junge und die ältere Frau das Büro. Durch die offen stehende Tür konnte die Schöpferin in den Raum blicken, der dahinter lag. Er wirkte grau und unfertig, als habe sich niemand je die Mühe gegeben zu entscheiden, welchen Zweck er erfüllen sollte. Dann wurde die Tür geschlossen. Stille setzte ein.
    Die Schöpferin rückte das frische leere Blatt und den Füllfederhalter zurecht, bis sie an ihrem Platz lagen. Es war einfach, denn der Rest des Schreibtischs war in den Jahren nachgedunkelt. Ab und zu hatte sie schon einmal erwogen, den Platz von Füllfederhalter und Papier zu tauschen, aber sie hatte nie den Mut dazu aufgebracht. Sie mochte Neues nicht, weder neue Menschen noch neue Situationen. Deshalb war sie vielleicht sogar so gut bei dem, was sie tat.
    Was tue ich hier?
    Die Frage tauchte unerwartet und ungewollt in ihrem Geist auf. Die Schöpferin drückte sie nach unten, wie ihr Vater damals die Katzenbabys in den Teich gedrückt hatte, bis sie sich nicht mehr bewegten. Sie hatte ihre kleinen Körper im Wasser treiben sehen. Es war ihre erste Erinnerung.
    Sie holte tief Luft und strich über ihr Kostüm. Dumm war sie gewesen und sentimental, wie ihr Vater gesagt hatte. Zum Glück hatte er ihre Erziehung nie aufgegeben, sonst wäre sie nie in diese Position aufgestiegen. Er war stolz auf sie, das wusste sie, auch wenn sie nie mit ihm sprach.
    Es zischte. Mit einem dumpfen Scheppern fiel ein Metallzylinder aus der Rohrpost in den dafür vorgesehenen Behälter.
    Die Schöpferin erstarrte. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie die Tür zum unbekannten Raum geöffnet wurde. Die junge und die ältere Frau streckten die Köpfe durch den Spalt. Die ältere öffnete den Mund, als wolle sie etwas sagen, schloss ihn dann aber wieder. Sie wagte es nicht.
    Gut so, dachte die Schöpferin. Niemand sollte jemals etwas ohne Befehl sagen.
    Sie räusperte sich. »Geben Sie mir die Rohrpost.«
    Ihre Stimme klang verstaubt und unmelodisch wie ein altes Klavier, auf dem jahrelang niemand mehr gespielt hatte.
    Beide Frauen fühlten sich angesprochen, aber die ältere hielt die jüngere mit einem Kopfschütteln zurück und betrat allein das Büro. Ihre Hände zitterten, als sie den Metallzylinder aus dem Behälter nahm und ihn vor der Schöpferin auf den Schreibtisch legte.
    »Gehen Sie.«
    Die ältere Frau eilte auf dem ausgetretenen Weg aus dem Büro. Die junge schloss die Tür. Einen Moment lang sammelte sich die Schöpferin, dann schraubte sie den Metallzylinder auf und nahm das Blatt Papier heraus, das zusammengerollt im Inneren lag. Ausgebreitet legte sie es vor sich. Als sie den Satz betrachtete, der darauf stand, begann ihr Herz schneller zu schlagen.
    Sie sind hier.
    Die Handschrift war klar und präzise, wie sie erwartet hatte. Der Abstand zwischen den Wörtern, ihre Position in der Mitte des Blatts, alles war perfekt. Wäre der Inhalt seiner Botschaft ein anderer gewesen, es hätte sie mit Stolz erfüllt, für so einen Vorgesetzten arbeiten zu

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