Schattenlord 4 - Der Fluch des Seelenfängers
hinterhertrotteten.
»Eine Nacht in einem Bett mit sauberer, duftender Bettwäsche, das wäre purer Luxus«, fing Norbert unterwegs an zu schwärmen. »Ein gutes Essen ...«
»Und ein Bad in warmem Wasser«, setzte Laura fort. »Mit zart schäumenden Ölen ...«
Sie machten einen Wettstreit daraus, sich gegenseitig zu übertrumpfen mit dem Luxus, den sie sich wünschten. Die Vorstellungen wurden immer mehr ausgeschmückt, bis sie beinahe enttäuscht waren, als sie dann vor dem realen Palast standen.
Laura lachte über die Gesichter ihrer Freunde. »Nun habt euch nicht so! Dieses Schloss ist phänomenal!«
Es war eine große weiße Anlage mit Türmchen und Erkerchen, Wehrzinnen und Wachtürmen, umgeben von einer großen Schutzmauer, die durch ein hohes Tor passiert wurde. Dahinter lag eine Zugbrücke, die über einen Graben führte, über die man in den Palasthof gelangte.
Bathú und Cwym standen vor dem Tor und winkten ihnen. »Wir sind willkommen!«, verkündete der lange, dünne Elf. »Die Herrschaften hatten ein offenes Ohr für unser Anliegen und noch mehr, nachdem wir unsere Meinung über Alberich kundtaten.«
»War das klug?«, entfuhr es Jack, während die anderen jubelten. »Wir sollten nicht voreilig unsere Absichten offenbaren.«
»Keine Sorge, es ist alles in Ordnung«, wiegelte Cwym ab. »Wir haben euch versprochen, dass ihr eine Nacht in Sicherheit verbringt, und nun ist es so. Vertrau ruhig unseren Elfenfähigkeiten.«
»Das tu ich ... zum Teil«, erwiderte Jack. »Ihr besitzt Fähigkeiten, die aber hier selten durchschlagen.«
»Ach, sei nicht so nachtragend.« Der haarlose Bathú schlug ihm lachend auf die Schulter. »Wir sind nicht allmächtig. Aber wenn du zu große Sorge wegen einer Falle hast, kannst du selbstverständlich hier draußen nächtigen. Das ist gar kein Problem. Wir lassen dir etwas zu essen hinausbringen ...«
»Schon gut!« Jack winkte ab.
Die beiden Elfen nahmen Laura in die Mitte, sehr zu Milts Missfallen, und er brummelte etwas in seinen Bart. Seit seinem Annäherungsversuch und der folgenden Aussprache schien er sich noch mehr für Laura verantwortlich zu fühlen.
»Es macht einen besseren Eindruck, aus diplomatischen Gründen«, erklärte Cwym ihm.
Sie näherten sich den Wachen, die Furcht einflößend auf Laura wirkten. An die zweieinhalb Meter hoch, in schweren, blank polierten Rüstungen, mit gewaltigen Hellebarden und gehörnten Helmen. Es war aufgrund der Panzerung nicht erkennbar, welchem Volk sie angehörten und ob sie überhaupt menschlich aussahen, abgesehen von ihrer Statur.
Doch die Wächter regten sich nicht, und die Reisenden passierten ungehindert die Brücke. Der Graben unter ihnen war mit Wasser gefüllt, in dem sich Fische tummelten. Ab und zu stieß ein langes, zahnbewehrtes Fischmaul durch den Wasserspiegel.
Der Palasthof war gepflastert und peinlich sauber. Links und rechts der Mauer entlang erstreckten sich Marktstände, an denen lebhafter Handel herrschte. Dahinter befanden sich Stallungen, zwischen denen Pferde hin und her geführt wurden.
Über eine breite Portaltreppe stiegen sie zum Palasteingang hinauf und gelangten, wiederum an zwei riesigen Wächtern vorbei, in eine mächtige Empfangshalle mit einer gläsernen Kuppel und Galerien.
Gesinde, Ritter, Händler bewegten sich überall, die keinerlei Notiz von den Neuankömmlingen nahmen.
»Das sieht doch sehr viel anheimelnder aus als Alberichs Drachenschloss«, bemerkte Norbert.
»Ich bin sicher, Morgenröte war einst auch so hell und freundlich«, versetzte Finn.
»Und noch größer«, murmelte Laura.
Sie blieb stehen, als die Elfen anhielten, und sah einen menschlich aussehenden, etwa vierzig Jahre alten Mann mit kurz geschnittenem Kinnbart auf sie zueilen. Er war in violettes Samt, bestückt mit goldenen Ketten über der Brust, gekleidet, mit einem ebenfalls violetten Barett mit breiter Goldbordüre. Er trug weiße Kniestrümpfe zu Kniebundhosen und Kuhmaulschuhe mit einem mehrere Zentimeter hohen Absatz. Unter seinem Arm hielt er eine Mappe, in einem Schultergürtel steckten Feder und Tintenfass.
Formvollendet verneigte er sich vor den Gästen und fistelte mit erstaunlich hoher Stimme: »Im Namen der Hoheiten, Baron Manibert und seiner Gemahlin Baronin Hulda, darf ich die ehrenwerten Gäste in unserem bescheidenen Haus willkommen heißen! Bitte mir zu folgen, Ihr werdet umgehend empfangen.«
Laura strich unwillkürlich über ihre Weste und kam sich schäbig vor. Sie hätte sich
Weitere Kostenlose Bücher